Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Polt - die Klassiker in einem Band

Polt - die Klassiker in einem Band

Titel: Polt - die Klassiker in einem Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
Vom Netzwerk:
eine Zigarre aus einem schönen Holzkästchen und kappte die Spitze mit einer Schneidevorrichtung, die wie eine winzige Guillotine aussah.
    Polt schaute ihm interessiert zu. „Einer der beiden, ich glaube Anatol, hat am Ostermontag einen Weinbauern tätlich angegriffen.“
    „Und Sie, Herr Gendarm, haben ihn fertiggemacht und dann meine Söhne wie das liebe Vieh abtransportieren lassen.“
    „Der Transport war ihrem Zustand angemessen. Außerdem müßte ich eigentlich Anzeige erstatten.“
    „Und warum tun Sie es nicht?“
    „Mein Gott, Herr Frieb, weil wir immer erst einmal versuchen, mit den Leuten hier friedlich auszukommen.“ Polts Gegenüber lehnte sich zurück, zündete seine Zigarre an und rauchte genußvoll. „Sie meinen, daß mir das Wohlwollen subalterner Beamter etwas bedeutet?“
    „Ihre Sache. Leider gibt es auch in zwei anderen Fällen einen schlimmen Verdacht, der Ihre Söhne betrifft.“
    „Verdächtigen Sie, wen Sie wollen. Sobald Sie Beweise haben, kommen Sie wieder.“
    „Ist es Ihnen eigentlich egal, was Ihre Söhne so treiben, Herr Frieb?“
    „Das geht Sie nichts an, Herr Gendarm. Aber ich will Ihnen etwas sagen. Die beiden sind schon lange volljährig und für sich selbst verantwortlich.“
    „Auch verantwortlich dafür, daß sie so geworden sind?“
    Paul Frieb machte eine zornige Handbewegung, fand seine Beherrschung wieder, schwieg und schaute Polt aus kieselgrauen Augen an. Die Zigarre hatte er weggelegt. Dann stand er auf, öffnete die Tür und rief: „Anatol, René, zu mir ins Büro!“
    Zu seinem Erstaunen hörte Polt schon kurz darauf Schritte. Die Brüder kamen und verzogen die Mundwinkel, als sie den Gendarmen erblickten. „Setzt euch dort auf die Bank“, sagte ihr Vater und fügte dann, zu Polt gewandt, hinzu: „Erledigen Sie Ihre Arbeit!“
    „Ihr habt so allerhand auf dem Gewissen, dafür gibt es Zeugen. Sachbeschädigung, Prügeleien, öffentliches Ärgernis und eine versuchte Körperverletzung, wenn nicht mehr. Aber bis jetzt haben wir beide Augen zugedrückt.“
    „Arschkind“, sagte René, und Anatol grinste.
    Polt nickte. „Klar, daß ich nicht euer Freund bin. Aber ich habe eben einen Beruf. Wie war das eigentlich mit meinem Fahrrad? Euer Werk?“
    Beide schwiegen, beide grinsten.
    „Und die Sache mit dem Fahrrad der Lehrerin? Ihr Sturz hätte tödlich ausgehen können, verdammt noch einmal.“
    „Cool down, man“, sagte Anatol.
    „Noch etwas: Habt ihr eigentlich den Willi gekannt? Ich meine, den Behinderten, der vor einiger Zeit ums Leben gekommen ist?“
    „Den abgewichsten Schizo?“ René schaute Anatol an. „Zeit, daß er ausgeschissen hat. Ist uns aber ziemlich egal.“
    Noch während er sprach, war sein Vater aufgestanden, trat mit raschen Schritten an seinen Sohn heran und gab ihm eine schallende Ohrfeige.
    „Aufpassen, Alter“, sagte René.
    Paul Frieb achtete nicht darauf. „Wie ihr mit Erwachsenen umgeht, die über sich bestimmen können, ist in eurer Verantwortung. Aber ich dulde nicht, daß so über einen Behinderten geredet wird. Verstanden? Und jetzt geht mir aus den Augen, alle. Darf ich auch Sie bitten, Herr Inspektor?“
    Anatol und René gingen wortlos. Simon Polt war schon im Vorgarten, als ihn Klara Frieb, die Mutter der beiden, anredete. „Bitte verstehen Sie meinen Mann nicht falsch, Inspektor. Ich war fünfundvierzig und er fünfzig, als René und Anatol gekommen sind, Zwillinge. Wir haben wohl alles verkehrt gemacht. Mein Mann ist verbittert und zu alt, um Fehler einzugestehen. Wie geht es weiter?“
    „Ich weiß es nicht, Frau Frieb.“ Polt hatte schon die Gartentür in der Hand. „Aber rufen Sie mich an, wenn Sie glauben, daß ich etwas für Sie tun könnte.“
    Auf der Dienststelle wurde der Gendarm von Aloisia Habesam erwartet.
    „Gut, daß ich Sie noch erwische, Inspektor. Sie sind ja irgendwie zuständig für Fahrräder im Revier, nicht wahr?“
    „Ist denn Ihres schon wieder weg, Frau Habesam?“
    „Nein, das steht draußen, vor dem Wachzimmer. Hätten Sie eigentlich sehen können, mit Augen im Kopf.“
    „Ja, aber dann …“
    „Denken Sie nicht unnötig nach, Inspektor, kommt wenig genug dabei heraus. Die Binder Gertrud aus der Brunndorfer Hintausgasse schläft schlecht, ihr Mann ist immer besoffen und kommt nicht nach Hause. So hat sie gestern nacht zufällig beobachtet, wie die Frieb-Brüder am Fahrrad der Lehrerin herumgetan haben. Steht ja immer vor ihrem Haus.“
    „Und warum ist die Frau Binder

Weitere Kostenlose Bücher