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Polt muss weinen

Polt muss weinen

Titel: Polt muss weinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Komarek
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abliegen lassen, nicht im Kühlschrank, versteht sich. Dann wurde der edle Leichnam schön in Alufolie verpackt, damit er nicht zu sehr riecht, und als Paket in Breitenfeld zur Post gegeben - adressiert an Herrn Albert Hahn, Brunndorf 13.«
    »Ich weiß«, schmunzelte der Gendarm. »Er ist dann wutschnaubend bei uns auf der Dienststelle erschienen, um Anzeige gegen Unbekannt zu erstatten. Euer motorisierter Begleitschutz hat wohl auch immer viel Spaß gemacht, wie?«
    »Allerdings.« Mike war ein wenig ernster geworden. »Wir haben ihm ja nichts getan. Aber wenn er mit dem Auto unterwegs war, waren wir mit den Motorrädern dabei: vor ihm, neben ihm, hinter ihm, alles ziemlich knapp. War unbehaglich für den Herrn Hahn. - Aber ich wollte Ihnen etwas ganz anderes erzählen. Den Bruno Bartl kennen Sie ja?« Polt nickte stumm. »Ein starker Typ, richtig schräg, irgendwie mögen wir ihn.«
    Der Gendarm hob andeutungsweise die Schultern. »Mich stimmt er eher melancholisch.«
    »So kann man es auch ausdrücken«, sagte Mike unerwartet friedlich. »Jedenfalls ist uns etwas Komisches aufgefallen. Der Hahn hat ja ab und zu Gäste gehabt, über Nacht.«
    »Und?«
    »Der Swoboda war dabei, dann dieser Architekt oder was immer der ist, und - jetzt kommt es - spät in der Nacht ist dann einer von denen mit dem Auto zur Weingartenhütte vom Bruno gefahren und hat ihn abgeholt. Sie haben ihn auch zurückgebracht, noch vor Morgengrauen, und meist war er so betrunken, daß sie ihn getragen haben, obwohl sie selbst kaum noch gehen konnten.«
    »Eigenartig.« Polt warf einen Apfelstengel in die Wiese. »Aber reden wir noch einmal vom Albert Hahn. Daß er kein liebenswerter Mensch war, wissen wir alle. Aber gerade euch hat er doch nichts getan, oder?«
    Mike sagte eine Weile nichts, dann riß er sich merklich zusammen. »Sie sind soweit in Ordnung, Inspektor. Also reden wir Klartext. Kennen Sie meinen jüngeren Bruder?«
    »Den Richie?« Polt runzelte die Stirn. »Der ist doch nach Wien gezogen, schon vor ein paar Jahren.«
    »Stimmt.« Mike schaute zu Boden. »Er war klüger als wir alle und künstlerisch begabt auch noch. Er hat Bilder gemalt. Keine Sonnenuntergänge oder Kellergassen, mehr so abstraktes Zeug, aber echt stark. Ein ziemlich extremer Typ, der in keine Schablone hier im Dorf gepaßt hat. Getrunken hat er auch ganz schön, aber nicht zum Vergnügen, mehr damit er aus dieser hoffnungslosen Einbahnstraße herauskommt, irgendwie wenigstens. Später hat er sich mehr und mehr eingeredet, daß in Wien die große Freiheit auf ihn wartet. Ausprobiert hat er dort jedenfalls so ziemlich alles, auch irgendwelche Drogen. Gefixt hat er nie, glaube ich, aber er war drauf und dran, sich ganz wegzuschmeißen. Einmal, nachts, hat er dann in einem obskuren Lokal den Albert Hahn getroffen. Weiß der Teufel, was der dort wollte. Machen wir’s kurz: Der Richie, eingeraucht, überdrüber und aggressiv, geht den Hahn an und sagt ihm vor allen Leuten ins Gesicht, was sich hier heraußen nie jemand zu sagen getraut hat: daß er ein Scheißkerl ist, der letzte Dreck. Und dann ist er auch noch deutlicher geworden und hat dem Hahn ein paar ziemlich unangenehme Tatsachen unter die Nase gerieben. Der ist ganz ruhig dagesessen. Und plötzlich ist er mit lautem Gepolter vom Sessel gefallen und hat um Hilfe gerufen - genau in dem Moment übrigens, als die Bullen zur Tür hereingekommen sind. Sein Freund Swoboda, den Richie in seiner Wut gar nicht bemerkt hatte, war still und heimlich zum Telefon gegangen, um die Polizei zu rufen. Der Hahn gab an, Richie hätte ihn erst unflätig beschimpft und wüst verleumdet, mit dem Umbringen bedroht und ihn dann auch noch tätlich angegriffen. Swoboda hat das alles ganz eifrig bezeugt, und keiner der feinen Gäste widersprach. Die wollten einfach ihre Ruhe haben. Damit war Richie dran:
    Rauschgift, unerlaubter Waffenbesitz - so ein Schmetterlingsmesser - und auch noch Körperverletzung. Der Hahn war nämlich zum Amtsarzt gegangen, hatte ihm blaue Flecken gezeigt und eine kleine, offene Wunde, die sich dieses raffinierte Aas selbst zugefügt hat. Drei Monate hat mein Bruder noch abzusitzen, und dabei lernt er ganz bestimmt den Rest, den er braucht, um sich endgültig kaputtzumachen. Nach der Gerichtsverhandlung habe ich mir geschworen, dafür zu sorgen, daß dieser Hahn nicht mehr allzuviel Freude an seinem miesen Leben hat. Es war erst der Anfang. Wir wollten ihn abfangen, irgendwo im Dunkeln, und dann, mein

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