Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Polt muss weinen

Polt muss weinen

Titel: Polt muss weinen
Autoren: Alfred Komarek
Vom Netzwerk:
Kollegen diesen Brief findet, sollte mir etwas zustoßen - und das kann Leuten meines Schlages immer passieren. Darum habe ich das Loch für diese Kassette unter Begleitumständen ausheben lassen, die sogar einem Simon Polt auffallen mußten, und ich habe sie nicht versperrt, um neben dem Intellekt nicht auch noch das handwerkliche Geschick der Ordnungshüter zu überfordern. Aber im Lesen waren Sie doch immer gut in der Volksschule, Herr Gendarm, nehme ich wenigstens an, und Fremdwörter werde ich eben vermeiden. Doch zum eigentlichen Gegenstand meines wohlmeinenden Schreibens: Ich glaube nicht wirklich, daß ich eines natürlichen Todes sterben werde, weil es einfach zu viele Idioten gibt, die es nicht mögen, daß einer schlauer ist als sie. Weil es ja anzunehmen ist, daß Sie, allerliebster Herr Dorfgendarm, jetzt ziemlich tolpatschig einen Täter oder eine Täterin suchen, will ich Sie nicht enttäuschen: Natürlich hat mich der Kurzbacher um die Ecke gebracht, weil er es nicht verwinden konnte, sich bei einem Geldgeschäft derart naiv verhalten zu haben. Ich nenne so etwas schwachsinnige Rechtschaffenheit. Aber es könnte auch dieser Schachinger gewesen sein. Da war die Sache mit seinem diebischen Buben, und ich gebe zu, daß es mir einiges Vergnügen bereitet hat, ihm zu zeigen, wie man einen Diebstahl unter geschlechtsreifen Männern regelt. Selbstverständlich dürfen Sie auch den jungen Hackl als Mörder in Betracht ziehen. Sein Bruder denkt derzeit nicht sehr freiwillig darüber nach, wie peinlich es sein kann, die Wahrheit zu sagen. Vergessen Sie bitte auch nicht, meine über alles geliebte Frau in den Kreis der Verdächtigen einzuschließen. Sie hat gute Gründe, mich mit zärtlicher Inbrunst zu hassen, und ich war stets darum bemüht, sie darin nach Kräften zu bestärken. Denken Sie bitte aber auch daran, meine Freunde in Ihre bescheidenen Schlußfolgerungen mit einzubeziehen: Florian Swoboda liebt mich mit ziemlich verzweifelter Inbrunst, und Werner Pahlen, dieser leibhaftige Diplomingenieur, ist ohnedies der Gelehrteste von uns allen: Warum sollte er seine hohe Denkerstirn nicht gegen einen richten, der herzlich wenig von Zeugnissen hält? Hören Sie sich auch unter tschechischen Arbeitern um, die hier von den Bauern schamlos ausgenutzt werden. Mir war es nämlich vorbehalten, diese schöne Kunst zu perfektionieren. Auch unser verehrter Dorftrottel, Herr Bartl, ist eine Überlegung wert: Ich habe ihm gelegentlich den Himmel gezeigt. Gut möglich, daß er mich dafür zur Hölle wünscht.
    Vielleicht sollten aber auch Sie, lieber Herr Polt, der Sie irgendwann Gruppeninspektor werden mußten, weil sich so manche Vorrückung auch durch außerordentliche Trägheit und notorische Dummheit nicht verhindern läßt, darüber nachdenken, ob Sie nicht längst alles wissen und aus weindunstvernebelter Keller-Kameraderie glauben, nichts wissen zu dürfen?
    Wie auch immer: Es war mir eine Ehre, den Dienern der Gerechtigkeit posthum behilflich sein zu dürfen, auch wenn es nichts nützen wird: Lehre einer den Ackergaul das Fliegen.
    Schöne Stunden noch, Herr Gendarm, und prost.
    Ihr Albert Hahn.
    post scriptum (jetzt ist mir doch noch ein Fremdwort passiert. Sehr schwierig, Herr Inspektor?): Es kann natürlich auch sein, daß ich Sie und Ihre Kollegen mit diesem Brief nur auf ein paar falsche Fährten locken wollte. Ist mir doch zuzutrauen, oder?
    Kratky schnippte mit dem Zeigefinger gegen das Papier. »Donnerwetter. Den Herrn hätte ich gerne lebend kennengelernt.«
    »Wünschen Sie sich das nicht«, sagte Simon Polt.
     
    Gegen Abend hatten die Kriminalbeamten aus Wien, Simon Polt und Dienststellenleiter Harald Mank eine Besprechung in dessen Büro. Kratky rückte mit unruhigen Fingern ein paar Papiere zurecht. »Ziemlich spät sind wir dran, alles in allem, nicht wahr?«
    »Wem sagen Sie das.«, Mank nickte bedächtig. »Aber außer diesem Zettel an der Tür vom Kollegen Polt hatten wir nicht einen konkreten Hinweis darauf, daß irgend etwas nicht stimmt.«
    »Aber jede Menge Verdächtige, wie?«
    »Allerdings«, sagte Polt unglücklich.
    Kratky lockerte unbewußt seine Krawatte. »Mit dem Amtsarzt habe ich gesprochen. Offensichtlich steht Gärgas als Todesursache eindeutig fest. Eine Obduktion brächte uns kein Stück weiter. Bleibt also die Frage, ob das Gärgas zufällig in den Keller gesickert ist oder ob jemand nachgeholfen hat. Das Dumme daran: Er oder sie kann es irgendwann am Todestag getan haben, oder
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher