Polt.
als Frau eines Polizisten ein wenig außerhalb der Dorfgemeinschaft und als Weinbäuerin mittendrin. Hab ich ihm halt erzählt.«
»Und der Weinwurm Rudi war kein Thema?«
»Doch.«
»Du, Birgit, ich hab ein ungutes Gefühl im Magen. Könnten wir darüber reden, ernsthaft, mein ich?«
Sie trat an Polt heran, nahm seinen Kopf zwischen beide Hände und drückte ihn an sich. »Ja, können wir. Aber nicht im Haus. Der Norbert schaut immer wieder einmal vorbei, wenn er grad in der Nähe ist. Gehen wir spazieren?«
»Komm, Simon! Hier geht’s in einen verlassenen Teil der Brunndorfer Kellergasse. Da ist kein Mensch.«
»Kenn ich.« Sie folgten einem Hohlweg, halbverfallene Presshäuser an beiden Seiten, Mauern und Dächer überwuchert.
Birgit blieb stehen. »Was hat dir der Weinwurm Rudi erzählt?«
»Sein verpfuschtes Leben erst einmal. Und… das wirst du noch nicht wissenich bin fast sicher, dass er im Wirtshaus durchgedreht hat, weil ihm der Mann auf dem Foto bekannt vorgekommen ist. Ich hab ihn später darauf angesprochen und er hat mit irgendwelchen dunklen Andeutungen geantwortet. Seit vorgestern weiß ich, wer dieser Mann ist und was mit ihm los war. Hast du ihn gekannt?«
»Ja. Und ich bin wahrscheinlich die Einzige, die ihn lebend gesehen hat, als er wiedergekommen ist.«
»Birgit!«
»Erschrick nicht, Simon, es ist halb so dramatisch. Damals, vor vielen Jahren, war fast was gewesen zwischen mir und ihm, aber nur fast. Als er dann auf einmal wieder in der Tür gestanden ist, war noch weniger. Ich hab ihm halt schonend beigebracht, dass nichts werden kann aus uns.«
»Hast du dem Norbert je davon erzählt?«
»Ja und nein. Wir versuchen nicht zu lügen, alle zwei. Das erste Mal war er misstrauisch und eifersüchtig, hat mich aber nicht weiter gefragt. Für so was ist er zu stolz. Und neulich, noch bevor ihr zwei im Weingarten du weißt schon, Simonhab ich einmal beiläufig erwähnt, dass der Geiger offenbar wieder im Wiesbachtal ist. Es hat gegärt im Norbert, die ganze Zeit über, das hab ich gespürt. Wenn mein Mann erfahren hätte, dass der Geiger mich besucht hat, es wär was passiert, das kannst du mir glauben. Versteh doch: Wir haben dir nichts sagen können, weil du die Sache mit dem Toten im Weingarten dann ganz anders gesehen hättest. Anders und grundverkehrt. Aber seit du und der Primi auf den Rudi gestoßen seid, ist das auch egal. Der Mensch wird sich und alle anderen um Kopf und Kragen reden. Ist doch so!«
»Wirst recht haben.«
»Und jetzt noch was, Simon, wenn ich schon beim Reden bin. Du hast die Wohnung vom Rudi gesehen, und von der sauberen Unterwasch wird er dir erzählt haben, erzählt er ja jedem irgendwann. Ich halt die Wohnung sauber, ich wasch die Wäsche.«
»Dein Mann wird wohl davon wissen …«
»Ja. Und er weiß noch mehr. Ich hab was mit dem Rudi. Frag mich bitte, bitte nicht, warum.«
Etwas Fremdes, Wütendes war jetzt in ihrem Gesicht, Polt konnte nichts damit anfangen. Sie hob die Hand, als wollte sie ihn berühren, wandte sich heftig ab und rannte davon.
Mannsbilder
Polt machte keinen Versuch, Birgit Sailer aufzuhalten, blieb stehen und überlegte, wie es weitergehen konnte. Sie hatte ihm, wenn auch spät, viel Vertrauen geschenkt. Doch gar so viel eigentlich nicht. Sie musste damit rechnen, dass der Rudi weiter schwätzen würde. Es war wohl besser, sie jetzt einmal in Ruhe zu lassen und so bald wie möglich mit dem Norbert zu reden und mit diesem unglückseligen Menschen von Weinwurm. Polt seufzte unwillig. Also zurück zur Frau Habesam, bevor sie wegen seiner langen Abwesenheit allzu neugierig wurde und womöglich Birgit Sailer anrief.
»Na, Simon? Bist g’scheiter als vorher?«
»Ich wär’s lieber nicht. Die Birgit steckt bis zum Hals im Schlamassel.«
»Also doch.«
»Dann muss ich ja nicht viel erzählen?«
»Deine Karin und die Grete Hahn sind ja Freundinnen von der Birgit. Sie wären keine, wenn sie nichts gespürt und geahnt hätten. Was denn jetzt genau?«
»Das behalt ich lieber für mich, bis ich weiß, was es bedeuten könnte. Nicht beleidigt sein deshalb, Frau Aloisia!«
»Aber geh!«
»So diskret kenn ich Sie gar nicht!«
»Mein Seelenleben, lieber Simon, ist mindestens so gut sortiert wie mein Warenlager. Und das will was heißen. Magst heimgehen oder arbeiten?«
»Arbeiten. Tut gut und lenkt ab.«
»Sehr klug, erstaunlich klug für einen Mann. Dann steigst du jetzt in den Dachboden hinauf. Dort wird ich ja mein Lebtag
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