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Poltergeist

Titel: Poltergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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betrachten und unabhängig beurteilen. Das läuft natürlich alles unbewusst ab. Solange die Teilnehmer ihre eigenen Wünsche nicht als Motive für das Verhalten des Poltergeistes erkennen, fühlen sie sich von jeder Verantwortung befreit. Falls einer von ihnen das durchschaut, sollte – zumindest theoretisch – der Poltergeist verschwinden. Denn er funktioniert nur, solange man sich nicht über diese Mechanismen im Klaren ist.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass alles so wacklig ist. Du behauptest also, dass der Zweifel einer einzigen Person dazu führen könnte, das ganze Experiment zum Einsturz zu bringen?«
    »Nein, so meine ich das nicht. Erst wenn die ganze Gruppe nicht mehr an ihre kollektive Kraft glaubt, einen Poltergeist zu erschaffen, bricht alles zusammen. Wenn keiner mehr daran glaubt, verschwindet der Geist. Oder wenn sie nicht mehr davon ausgehen, dass es sich um eine kollektive Gruppenarbeit handelt, sondern nur noch ein Einzelner den Geist zu kontrollieren scheint.«
    »Müssen sie das alle verstehen? Oder reicht auch schon einer?«
    »Das weiß ich nicht so genau. Jedenfalls geht es darum, dass sich das Kollektiv auf irgendeine Weise auflöst. Das ist der Schlüssel.«
    »Und wenn der Poltergeist dennoch nicht verschwindet?«
    »Theoretisch ist das unmöglich. Aber du kennst dich doch mit dem Unmöglichen besser aus als ich. Was meinst du denn?«
    »Ich weiß es auch nicht. Ich bin keine Psychologin, also
weiß ich nicht, wie solche Dinge ablaufen. Ich kann allerdings nicht begreifen, dass Tuckman meint, damit durchzukommen.«
    »Wahrscheinlich interessieren ihn nur seine Betrügereien. Bald werden die Stiftungsgelder neu verteilt, weshalb er wahrscheinlich versucht, alles so koscher wie möglich aussehen zu lassen. Er hat die PNU nie geschätzt. Damals hat es mich wirklich überrascht, dass er dort anfing. Er verachtet sie wahrscheinlich derart, dass er glaubt, das Komitee einfach durch ein besonders aufsehenerregendes Experiment um den Finger wickeln zu können. Tuckman ist kein Mann, der das Richtige tut, bloß weil es das Richtige ist. Er handelt nur dann richtig, wenn es sonst keine andere Möglichkeit für seine Betrügereien gibt. Schon seit einiger Zeit schlittert er knapp am Rande des Legalen entlang. Wenn es ihn diesmal erwischt, würde er bestimmt in hohem Bogen rausfliegen.«
    »Interessant …« Tuckman wurde mir von Minute zu Minute unsympathischer.
    »Harper?«
    »Was?«
    »Alles in Ordnung?«
    »Ja, danke, Ben. Ich muss jetzt leider los.«
    »Ah … Okay. Es war übrigens wirklich schön, dass du mal wieder zum Essen da warst.«
    »Ja, fand ich auch.«
    »Bis auf den fliegenden Pudding am Ende natürlich.«
    Ich lachte. »Na ja, Brian ist ja noch klein.«
    »Ich glaube eher, dass es mit der Gesellschaft zu tun hat, in der er sich befindet. Von uns lernt er so etwas auf jeden Fall nicht. Hoffentlich haben dich Albert und Brian nicht für immer verjagt.«

    »Keine Sorge. Ich komme sicher bald mal wieder vorbei. Aber jetzt muss ich mich wirklich sputen. Vielen Dank für die Hilfe, Ben.« Ich legte auf.
    Dieser verdammte Tuckman! Jetzt verstand ich auch, warum er Ben gebeten hatte, einen besonders unvoreingenommenen Privatdetektiv zu finden. In Wirklichkeit hatte er jemanden gesucht, mit dem er sein Spielchen treiben konnte. Bereits bei unserem ersten Treffen war mir das im Grunde klar gewesen. Aber ich hatte dummerweise mal wieder nicht auf mein Bauchgefühl gehört!
    Offenbar benutzte er mich und Quinton dazu, seine schmutzigen Geschäfte zu decken. So etwas ließ ich mir nicht bieten! Er hatte mein Vertrauen missbraucht, dem Komitee etwas vorgeschwindelt und wahrscheinlich die PNU um die Differenz zwischen der ersten und der zweiten Ausrüstung betrogen. Außerdem veranstaltete er ein Experiment, bei dem jemand ums Leben gekommen war. Und das war wesentlich wichtiger als mein verletzter Stolz.
    So verlockend ich den Gedanken auch fand, den arroganten Mistkerl auf der Stelle auffliegen zu lassen, so wusste ich doch, dass dies nicht bei der Aufklärung des Mordes oder bei dem Problem Celia weiterhelfen würde. Vielleicht konnte ich ja meinen Zorn kanalisieren und sinnvoll nutzen … Falls er das Projekt abbrechen musste, würde sich Celia möglicherweise auflösen, bevor noch mehr passierte, auch wenn ich das eigentlich nicht annahm. Dieser Poltergeist hatte bereits die meisten Theorien aus dem Philip-Experiment über den Haufen geworfen. Ich war mir also nicht sicher, wie er

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