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Poltergeist

Titel: Poltergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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Rahmen des Spiegels zu berühren, während sie etwas vor sich hinmurmelte. Mit dem Finger zeichnete sie eine Form auf die Oberfläche, die für einen Moment blau und golden funkelte, ehe sie in den Spiegel eindrang und verschwand. »Hier, bitte schön. Es ist nur ein dummer kleiner Trick, aber so kann man seine eigene Rückseite sehen.« Sie sah sich selbst darin an. »Hm. Ich müsste mal wieder meine Haare kämmen. Hier – sieh mal nach, ob du den Faden entdecken kannst.«
    Sie reichte mir den Spiegel. Ich nahm ihn, sah aber nur glatte braune Haare. »Du musst ihn etwas hin und her bewegen, um dich besser sehen zu können. Halt ihn auch weiter weg«, riet mir Mara.
    Ich streckte den Arm aus und bewegte den Spiegel langsam in einem Halbkreis um mich herum. Es war seltsam, meinen Rücken von diesem Blickwinkel aus zu sehen. Das Spiegelbild bewegte sich genauso wie bei einem normalen Spiegel. Der seltsame Ausschnitt verursachte ein leichtes Schwindelgefühl, aber nach einer Weile konnte ich den dünnen gelben Faden erkennen. Er umgab meinen Kopf und meinen Hals und verschwand am anderen Ende in der Tiefe des Grau, so wie ich das bei den Séance-Mitgliedern beobachtet hatte.
    Nachdem ich nun wusste, wonach ich suchen musste, konnte ich ihn aus dem Augenwinkel auch problemlos ohne Spiegel erkennen.
    »Das wird aber ziemlich schwierig, dem zu folgen«, sagte ich.
    »Warum willst du ihm denn folgen?«, fragte Ben.
    »Um den Poltergeist und die Person am anderen Ende zu finden – diejenige, die das Wesen kontrolliert. Ich weiß allerdings
nicht, wie ich einem Ding folgen soll, das sich hinter mir befindet.«
    »Ziehe es einfach nach vorn«, schlug Mara vor.
    Ich sah sie wieder fragend an.
    »Hier, ich probiere es mal«, sagte sie. Sie hielt ihre Hände neben meine Schläfen und summte ein wenig, während sie versuchte, den Faden zu packen. »Der ist härter, als ich dachte«, murmelte sie. »Da ist etwas verdammt Starkes am anderen Ende, aber dem Faden scheint es egal zu sein, ob er hinter dir oder vor dir ist. Also …« Sie ächzte, während sie sich stark konzentrierte. Plötzlich machte sie eine ruckartige Bewegung mit den Händen. »Hier«, sagte sie schließlich.
    Ich hielt die Luft an, als etwas über meine Augen gezogen wurde. Ein seltsames Gefühl durchfuhr mich, als ob mir ein Haarbüschel aus dem Hinterkopf gerissen worden wäre. Für einen Moment tat etwas weh, was jedoch sofort wieder verschwand. »Aua!«
    »Oh. Tut mir leid. Das hätte eigentlich nicht wehtun sollen.«
    »Hat es aber. Nicht schlimm, aber trotzdem …« Ich rieb mir den Hinterkopf, konnte jedoch nichts Ungewöhnliches ertasten. Ein weiterer Blick in den verzauberten Spiegel zeigte mir, dass mein Kopf wie immer aussah. Der gelbe Faden zeigte nun jedoch mit seinem Ende vorne ins Grau, wobei die Schlinge um meinen Kopf genauso aussah wie zuvor. Ich schaute an mir herab und entdeckte neben meinem linken Arm ein schwaches gelbes Glühen.
    »Es scheint nach links zu führen«, bemerkte ich.
    »Ich könnte noch einmal daran reißen«, schlug Mara mir vor.
    »Nein, danke. Lieb von dir, aber so geht es schon. Wie
soll ich dem Ding eigentlich folgen? Als ich heute versuchte, den Faden genauer unter die Lupe zu nehmen, schien er in einem Gebäude zu verschwinden. Oder zumindest glaube ich, dass es sich um ein Gebäude gehandelt hat.«
    »Wahrscheinlich hast du recht. Na ja, du bist ja auch keine Superheldin. Du kannst schließlich nicht durch Wände sehen.«
    »Kannst du das nicht?«, fragte Ben.
    Ich sah ihn verblüfft an. »Nein.« Dann merkte ich, dass er verschmitzt grinste. Offenbar hatte die unerwartete Ruhe vor ihrem Sprössling eine belustigende Wirkung auf die Danzigers.
    Bisher hatte ich noch nie mit ihnen über die tiefen Schichten des Grau gesprochen, wo die lodernde Energie die Formen der Welt erhellte wie ein intelligentes Feuer in einer schwarzen Kälte. Ich hatte ihnen immer nur erklärt, dass es ganz anders wäre, als wir uns das vorstellten. Auch heute wollte ich nicht darüber sprechen, obwohl ich inzwischen dazu in der Lage gewesen wäre.
    Ich starrte die beiden an. Ben blickte etwas schuldbewusst, aber Mara schnitt eine Grimasse.
    »Ich glaube, dass die Dinge im Grau für dich genauso undurchdringlich und fest bleiben wie hier draußen auch«, sagte sie. »Um sie zu überwinden, muss man ein Loch finden, durch das man hindurch kann. Sobald dir klar ist, welchen Weg du nehmen musst, kannst du dem Faden folgen – oder ihn zumindest

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