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Poltergeist

Titel: Poltergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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und versuchte die seltsame Stimmung, die seine Erzählung heraufbeschworen hatte, zu verscheuchen. »Haben Sie deshalb bei der ersten Sitzung gegen den Tisch geklopft?«
    Er riss den Kopf hoch und starrte mich verblüfft an. »Was?«, fragte er. »Ich soll was?«
    Ich nickte. »Ich habe mir die Aufzeichnung angesehen. Das waren eindeutig Sie.«
    Er lachte und wirkte auf einmal sehr gewöhnlich. Für einen Moment verschwanden die gläsernen Wände um ihn herum, und ich konnte einen dünnen gelben Energiefaden erkennen, der um seinen Kopf gewickelt war.
    »Okay, ich gebe es zu. Das war ich. Es war alles einfach so … so schwachsinnig. Alle schienen diese ganze Sache so wahnsinnig ernst zu nehmen und gleichzeitig zu versuchen, total cool zu wirken, während ich innerlich kaum an mich halten konnte. Also habe ich mit dem Knie gegen den Tisch geschlagen. Daraufhin waren die anderen ganz aus dem Häuschen. Es fiel mir echt schwer, nicht loszuprusten. Mein Gott, das war echt witzig! Gleichzeitig hat es auch das Eis gebrochen, und danach nahm das Ganze seinen Lauf.« Er sprach etwas leiser und wirkte wieder ernster.
Jetzt konnte ich auch im Grau nichts mehr von ihm erkennen.
    »Was halten Sie von Tuckmans Prämisse?«
    »Tuckmans Prämisse.« Er dachte einen Moment nach. »Sie scheint mir einleuchtend zu sein. Wissen Sie, ich glaube nicht an Gespenster. Was soll das Ganze? Aber doch habe ich einmal eine Art Geist oder etwas Ähnliches getroffen. Da war irgendetwas. Damals war ich dreizehn und hatte gerade mit dem Rauchen angefangen. Ich stand also draußen und rauchte eine Zigarette, als plötzlich ein Schatten auftauchte, wo keiner hätte sein sollen. Doof wie ich war, bin ich hingegangen und habe mich hineingestellt. Es war sehr kalt da drinnen, obwohl es mitten im Sommer war. Nach einer Weile verschwand der Schatten. Ich will endlich wissen, was das war. Dieses Projekt hat mir zwar noch keine Antwort gegeben, aber es bringt mich zum Nachdenken, und das ist doch schon mal etwas. Eine Herausforderung.«
    Er lachte plötzlich. »Das meiste, was ich an der Uni oder bei der Arbeit mache, ist langweilig. Ich schiebe immer alles bis zur letzten Minute auf, und dann ziehe ich am Abend vorher noch rasch etwas aus dem Ärmel. Die anderen sind meistens total begeistert, während ich weiß, dass es nur improvisierter Mist ist. Aber mit diesem Projekt ist es etwas anderes. Da kann ich nicht so tun als ob. Und es geht nicht nur mir so. Es ist irgendwie cool, so etwas zu schaffen. Und Spaß macht es auch.«
    »Noch immer den gleichen Spaß?«
    »Den gleichen Spaß? Was meinen Sie damit?«
    Mir fiel auf, dass er die Angewohnheit hatte, Wörter und halbe Sätze zu wiederholen, um dadurch Zeit zu gewinnen. Er wog offensichtlich genau ab, was er sagte.

    »Ich meine, ob Sie seitdem noch einmal irgendwelche Klopfgeräusche oder Ähnliches vorgetäuscht haben.«
    Ken lachte. »Das musste ich gar nicht mehr. Das passiert einfach so und ist wesentlich lustiger als alles, was ich vortäuschen könnte. Am Mittwoch ist zum Beispiel der Tisch wie ein Pferd durchs Zimmer galoppiert. Das war echt zum Brüllen, kann ich Ihnen sagen.«
    »Glauben Sie, dass jemand anderer diese Phänomene vortäuschen könnte?«
    »Ich nehme schon an, dass so etwas vorgetäuscht werden könnte. Aber ich glaube nicht, dass jemand das tut. Darum geht es doch gar nicht.«
    »Und worum geht es dann?«
    Seine geschickten Ausweichmanöver und sein abweisender Schild im Grau irritierten mich. Ich musste an einen früheren Freund denken, mit dem ich als junges Mädchen gemeinsam abgehauen war und der sich als ausgesprochen brutal herausgestellt hatte. Er konnte sehr charmant und anziehend sein, wenn er wollte. Wenn man versuchte, ihn festzunageln, wich er geschickt aus, nur um dann später Rache zu nehmen. Was ich machte, schien ihn nie im Geringsten zu interessieren. Ich versuchte, nicht mehr daran zu denken, aber als ich nun Ken beobachtete, stieg die Erinnerung an den Kerl wieder in mir hoch.
    Ken spielte mit seinem Kaffeebecher und formulierte dann langsam seine Antwort. »Worum es geht? Ich würde sagen, es geht um die Gruppe. Um die Macht des menschlichen Geistes. Und um Selbstkontrolle. Wir arbeiten zusammen und sind trotzdem jeder für sich und eigenständig. So gelingt es uns, dieses Ding zu kontrollieren, das wir geschaffen haben.«
    Er hielt inne und nahm einen Schluck aus dem Becher,
ehe er fortfuhr. Erneut senkte er den Blick und sah zur Seite, wodurch sein Schild

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