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Poltergeist

Titel: Poltergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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starrte mich an. »Künstlich hervorgerufen? Nein, niemals! Ich meine, das wäre doch … Warum sollte das jemand tun? Wir schaffen gemeinsam so fantastische Dinge, ohne dass uns jemand dabei behilflich sein muss. Außerdem würde uns das doch auffallen. Man kann nichts verstecken, das dazu in der Lage ist, einen Tisch durch das ganze Zimmer tanzen zu lassen. Ich arbeite schon lange in diesem alten Theater und habe hier auf dem Speicher einen ganzen Haufen alter Requisiten entdeckt, mit denen man alle möglichen Tricks machen kann. Aber die
Apparate sind viel zu groß. Man würde sie in unserem Zimmer sofort bemerken.«
    Ich machte mir nicht die Mühe, ihm zu erklären, dass die modernen Ausrüstungen inzwischen wesentlich besser und ausgefeilter waren als ihre Vorgänger.
    Selbst bei meinen früheren Tanzaufführungen war ich an einem kaum sichtbaren Draht über die Bühne geflogen oder durch lautlose Falltüren verschwunden. Aber auch ich musste zugeben, dass ich nicht wusste, wie ein Apparat konstruiert sein müsste, der einen Tisch durch ein Zimmer voller Leute fliegen lassen könnte, ohne dass jemand etwas bemerkte.
    »Noch eine Frage, und dann verschwinde ich wieder. Was würden Sie sagen, wenn ich behauptete, dass einer aus Ihrer Gruppe einige der Phänomene erzeugt?«
    »Dann würde ich sagen, dass Sie sich irren müssen«, gab er prompt zurück.
    »Aber wenn es wahr wäre – wen würden Sie dann am ehesten im Verdacht haben?«
    Ian runzelte die Stirn. »Ich beschuldige nur ungern jemanden … Aber wenn ich raten müsste, dann würde ich Ken verdächtigen. Er hat einen etwas hinterhältigen Sinn für Humor, wissen Sie?«
    Und ein Auge auf deine Freundin geworfen, dachte ich und fragte mich, ob Ian davon wusste. Es schien ihn jedenfalls nicht weiter zu stören, was die anderen von Ana hielten. Auch sein Stolz wäre wohl nicht angekratzt gewesen, wenn ein anderer Mann an seiner Freundin interessiert wäre. Er kam mir wie ein recht typischer, egozentrischer junger Mann vor, der großartiger wirken wollte, als er war. Mich beeindruckte er allerdings nicht.
    Ich stand auf. »Ach, ja. Noch etwas. Ist Ihnen irgendetwas
Seltsames aufgefallen, seitdem Sie bei der Gruppe sind? Ich meine, außerhalb der Séancen?«
    »Nein, eigentlich nicht«, antwortete er. »Viele behaupten, dass dieses Kino voller Geister sei. Sogar das Gespenst von Seattles früherer Bürgermeisterin, Bertha Knight Landes, soll sich hier herumtreiben. Aber mir ist bisher nichts aufgefallen. Keine Erscheinungen, keine Dinge, die sich auf geheimnisvolle Weise bewegen. Unser Poltergeist ist durch die Gruppe entstanden. Es gibt ihn also gar nicht außerhalb unseres kleinen Zimmers.« Ian zwinkerte mir zu.
    »Verstehe. Ich glaube, das wäre alles. Vielen Dank, dass Sie sich für mich Zeit genommen haben.«
    Er stand auf und streckte mir die Hand entgegen. »Mit dem größten Vergnügen«, erwiderte er, und wir schüttelten uns die Hände. Für einen Moment legte er seine zweite Hand auf meine. Er wirkte trotz dieser Geste kalt, während mir sein Lächeln etwas zu intim vorkam. »Falls Ihnen doch noch etwas einfallen sollte«, fügte er hinzu, »können Sie mich gerne jederzeit anrufen.«
    »Vielen Dank«, antwortete ich. Auf einmal lief mir ein kalter Schauer über den Rücken, der dem ähnelte, den ich beim Anblick des Poltergeistes auf dem Spielplatz gespürt hatte. Dieses Wesen schien die Mitglieder des Séance-Zirkels miteinander zu verknüpfen und war sogar präsent, wenn es im Grau nicht zu sehen war. Mir graute schon jetzt vor dem nächsten Händeschütteln.
    Trotz Ians Charme-Offensive war ich froh, mich von ihm verabschieden zu können. Ich begab mich also auf den Weg zum nächsten Treffen.
     
    Ich sah zu der Frau hinauf, die an der Kletterwand vor mir hing. Das Sonnenlicht, das plötzlich durch die Wolkendecke
drang, stach mir in die Augen. Ich fragte mich, warum Mrs. Stahlqvist im Freien kletterte, obwohl es in der Halle genügend andere Möglichkeiten gegeben hätte und das regnerische Wetter eigentlich nicht dazu einlud, draußen zu sein.
    »Mrs. Stahlqvist!«, rief ich zu ihr hoch. »Ich bin Harper Blaine. Wir haben telefoniert. Ich möchte mit Ihnen über Professor Tuckman und sein Projekt sprechen.«
    »Gut. Dann schießen Sie los.« Ohne mir auch nur einen Blick zu gönnen, sah sie nach oben und suchte nach der nächsten Möglichkeit, sich weiter hochzuhangeln.
    Der Kies, auf dem ich stand, war vom Nieselregen ganz feucht. Er hatte

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