Pommes rot-weiß
kam. Ansonsten enthielt sie keinerlei Hinweise auf seinen Aufenthaltsort.
Vermutlich hatte er die Karte nicht ausgewählt, weil er für jenen Hollywood-Schinken schwärmte, der zurzeit weltweit Millionen von Teenagern dahinschmelzen ließ, als sei der Film ein ökologisches Großprojekt, das mit der Tränenproduktion im großen Stil einen Beitrag zur Lösung des globalen Trinkwasserproblems leisten wollte. Henk gab mir damit zu verstehen, dass er in echten Schwierigkeiten steckte, aber noch lange nicht abgesoffen war.
Natürlich war mir klar, dass dieses Lebenszeichen kein Beweis dafür war, dass Henk noch am Leben war. Es besagte nicht mehr und nicht weniger, als dass er vor ein paar Tagen noch gelebt hatte.
Höchste Zeit, den Fall Martens so schnell wie möglich abzuschließen. Dann hatte ich die Hände frei für Henk und Geld genug, um sein Büro zu restaurieren und ihm neue Fische zu kaufen. Falls alle Stricke reißen sollten, konnte ich ihm immer noch eine Beerdigung spendieren, die es in sich hatte.
Leider hatte mir Melanie Storck außer ihrer Geringschätzung weder Adresse noch Telefonnummer verraten. Wie sollte ich sie also auftreiben? Von ihr besaß ich nicht einmal eine Ansichtskarte.
Aber es gab eine schwarz gekleidete Person, die mich – falls meine Berechnungen zutrafen – zu ihr bringen konnte. Ich kannte zwar nicht die Identität dieser Person, geschweige denn ihren Wohnort, dafür aber ihren Arbeitsplatz. Ein in übertriebener Weise gepflegter, aber dennoch langweiliger Vorgarten in einer Gegend, die nicht einmal Desperados angelockt hätte, wenn man hier Gold gefunden hätte.
Das Wetter war für die Spukgestalt die ideale Kulisse. Nässe ließ die Straßen glänzen, die Büsche tropften unaufhörlich und eine Andeutung von Nebel hatte sich bis in den Nachmittag in den Vorgärten und bei den Bushaltestellen herumgedrückt als Hintergrund für eine schwarze Silhouette, die der finstere Bösewicht einer Edgar-Wallace-Verfilmung sein konnte.
Ganz umsonst gab ich mir Mühe, mich an das Grundstück heranzuschleichen. Der Hausherr selbst hatte den Geist, falls er heute überhaupt hatte erscheinen wollen, längst verjagt. Mit einem eleganten farbenfrohen Freizeitanzug, der zu dem unfreundlichen Herbstwetter passte wie Mickey Mouse auf einen Grabstein, hielt er sich im Garten auf und hantierte mit einer Fernbedienung, drückte sie ungeduldig gegen sein Haus ab wie ein TV-Süchtiger im letzten Stadium, der den Schein für die Wirklichkeit und die Wirklichkeit für jederzeit umschaltbar hielt.
»Der automatische Torheber für die Garage funktioniert nicht«, beschwerte er sich, als er mich bemerkte. »Wahrscheinlich ist die verdammte Feuchtigkeit schuld. Ich werde deswegen jemanden kommen lassen müssen.«
»Geht das denn nicht auch von Hand auf?«
»Fehlanzeige. Das Dumme ist, der Wagen steht drin und ich komme nicht ran, dabei habe ich in dreißig Minuten eine Verabredung zum Sport.« Er musterte mich erwartungsvoll. »Bringen Sie mir Neuigkeiten?«
Wir gingen ins Haus, und während ich ihm von Tilos neuem Abenteuer berichtete, drückte Martens mir ein Glas Orangensaft in die Hand und führte mich vor sein breites Aussichtsfenster.
»Genau so habe ich mir das gedacht.« Er setzte ein verächtliches Grinsen auf und schüttelte ein paar Mal den Kopf. Dann formte er das, was von dem Grinsen noch übrig war, zu einem entschuldigenden Lächeln und schenkte es mir. »Tja, tut mir Leid, Kittel, dass Sie heiße Luft schöpfen mussten. Aber ich wollte auf Nummer Sicher gehen.«
»Ich bin nicht ganz sicher, ob es nur Luft ist.«
»Also gibt es etwas, das auch nur andeutungsweise auf einen wirklichen Mord hindeutet?«
»Das nicht.«
»Na, sehen Sie.«
»Aber Tilo verwickelt sich in Widersprüche, die er vermeiden könnte, wenn er alles nur erfunden hätte. Beispielsweise, dass er ausgerechnet Kims Freund tot gesehen haben will…«
»Nun, die interessieren mich weniger. Widersprüche an ihm bin ich gewohnt. Alles, was ich wissen wollte, war, ob hinter diesen – Anschlägen mehr als kranke Phantasie steckt.«
»Und ob sie dieselbe ist, die hinter dem schwarzen Mann steckt.«
»Genau.« Er kratzte sich am Kopf. »Sind Sie in dieser Sache weitergekommen?«
»Wie kamen Sie eigentlich darauf«, fragte ich, »dass er wegen Tilo da unten steht?«
Guido Martens lachte kurz auf und tauchte seine Oberlippe in den Saft. »Ich sagte es bereits«, in seiner Stimme, die sich nicht gerne wiederholte, schwang
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