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Pommes rot-weiß

Pommes rot-weiß

Titel: Pommes rot-weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Güsken
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Mühe, unbeteiligt auszusehen, »und noch zehn dazu. Der Mann ist sauber.«
    Lämmerhirt begann zu schwitzen. Er war Geschäftsmann bis ins Mark und hatte es geschafft, selbst seinen Verdauungsapparat dazu zu bringen, nichts zu verschenken, damit jedes Geschäft, das er machte, den Namen auch wirklich verdiente. Sämtliche Energiesparkonzepte der Umweltschützer wirkten gegen Lämmerhirt üppig und verschwendungssüchtig. Er war stolz darauf, Papiertaschentücher mehrmals zu benutzen, und vielleicht der einzige Mensch auf der Welt, der sparen konnte, indem er konsumierte. Darin war er ein Ass. Aber Poker war nicht seine Stärke.
    »Na schön«, stieß er hervor. »Sie wollen es ja nicht anders.«
    Es ging mir nicht um die paar Kröten. Aber Lämmerhirt wollte mir meine Unfähigkeit vor Augen führen, und das sollte er bereuen. Außerdem war ich mir sicher, dass die paar Kröten für ihn alles bedeuteten.
    Noch hatte mich Tilo nicht bemerkt, aber das war nur eine Frage der Sekunden. Damit er mir nicht alles verdarb, musste ich ihm zuvorkommen.
    Als Lämmerhirt ein Telefongespräch entgegennahm, nutzte ich die Gelegenheit, mich hinter einem Regal an Tilo heranzuschleichen.
    »Suchen Sie mich?«
    Er fuhr herum und starrte mich an. Tilo sah bleich aus, als sei er der leibhaftige Tod, der neuerdings nicht mehr mit der Sense, sondern mit einem Buch-Mitbringsel bei den Menschen aufkreuzt.
    »Kittel! Ich fand Ihren Zettel an der Tür…«
    »Was wollen Sie von mir?«
    »Sie müssen mir helfen. Dringend!«
    »Geht aber nicht. Nicht jetzt. Kommen Sie heute Nachmittag in mein Büro.«
    »Nein, jetzt. Bitte! Bei mir zu Hause liegt ein Toter.«
    »Nicht schon wieder!«, winkte ich entschieden ab. Auf seine Spielchen hatte ich jetzt keine Lust.
    »Diesmal ist wirklich einer da!«, beharrte Tilo.
    »Benachrichtigen Sie Kommissar Mattau. Wenn der einen Toten findet, rufen Sie mich an und ich komme.«
    »Ich will aber Sie!«
    Drüben an der Kasse legte Lämmerhirt gerade den Hörer auf. Ich musste zurück, meine Wette gewinnen.
    »Das ist mein letztes Angebot«, zischte ich Tilo zu. »Und es gilt nur, wenn Sie mich jetzt in Ruhe lassen. Und klauen Sie bloß nichts!«
    Ich ließ ihn stehen.
    »Hat er Sie angesprochen?«, wollte Lämmerhirt wissen.
    »Er hat sich nach den teueren Kunstbänden erkundigt.«
    »Na, was habe ich gesagt?«, triumphierte er. »Sieht der etwa so aus, als könne er sich die leisten?«
    Mit unverhohlener Vorfreude starrte er Tilo Martens hinterher und verfolgte jede seiner Bewegungen in der Hoffnung, dass er zuschlug. Und ich starrte Lämmerhirt an und freute mich an seiner vergeblichen Vorfreude.
    Bevor Tilo das Geschäft verließ, machte er einen kurzen Abstecher zur Kasse.
    »Auf Wiedersehen«, sagte er freundlich und wandte sich dann an mich. »Übrigens habe ich etwas geklaut. Sie wollten mich ja nicht anhören, also mache ich Sie auf diese Art auf mich aufmerksam.«
    Ich verzog das Gesicht zu einem dämlichen Grinsen.
    Lämmerhirt legte den Kopf schief und grinste blöd. »Was hat der Mann da gerade gesagt?«, erkundigte er sich leise.
    Ich lachte auf. »Er hat gesagt, er hätte etwas eingesteckt. Aber nur, damit ich…«
    »Worauf warten Sie dann noch, Kittel?«
    »Er hat das nur so gesagt. Weil er meine Aufmerksamkeit erzwingen will. Genauso wie er in seiner Wohnung ständig über Leichen stolpert. Aber das kann er sich abschminken.«
    »Absolut nicht, Kittel!« Lämmerhirts Stimme war nahe daran, sich zu überschlagen, obwohl er gar nicht laut geworden war. »Der schminkt sich überhaupt nichts ab. Los, schnappen Sie ihn, bevor er mit dem Buch abhaut!«
    Ich zögerte und der Chef rannte selbst los. Zwei Minuten später kehrte er keuchend in den Laden zurück. Über seinem Kopf schwenkte er ein in Leinen gebundenes Exemplar Kalte Hand im blauen Wasser von H. Hendrix.
    Er hielt es mir unter die Nase. Aber noch näher kam er mit seinem Gesicht und sein abgestandener Atem leckte wie eine Zunge über meine Nase.
    »Er hat das nur so gesagt, was?«
    »Also gut, Sie haben gewonnen«, lenkte ich zerknirscht ein. »Die fünfundzwanzig Mark gehören Ihnen.«
    »Fünfundzwanzig Mark?« Lämmerhirt schüttelte den Kopf. Er hätte aufgelacht, wenn die Sache nicht so ernst gewesen wäre. »Oh nein, Kittel, so leicht kommen Sie mir nicht davon. Jetzt nicht mehr. Hier geht es nicht um lausiges Kleingeld. Hier geht es darum, dass ein Dieb unbehelligt aus dem Laden spaziert, während der Ladendetektiv grinsend zuschaut.

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