Pommes rot-weiß
Nordrhein-Stahl- Affäre. Es hat mich damals nicht interessiert. Ehrlich gesagt, ich hatte genug mit dem Suff zu tun.«
»Womit?«
»Der Suff ist grün wie der Morgen rot«, belehrte er mich. »Mein zweites Buch. Das war eine Menge Arbeit.«
»Dabei hat es doch Ihren Freund erwischt.«
»Meinen Freund?«
»Herrn Mölling, den Journalisten.«
»Sie meinen Marius! Tja, Freund wäre eigentlich zu viel gesagt. Er war ein Kollege, wir haben das eine oder andere Mal zusammengearbeitet. Eine tragische Sache…«
»Könnte es sein, dass dieser Schrader das Material, das er Ihnen überlassen wollte, von Mölling hatte?«
Hendrix beugte sich vor, duftete nach herbem Eau de Toilette und fuchtelte mit seinen feingliedrigen Händen. »Hören Sie, Kittel, wie schon gesagt: Das ist schon ein paar Tage her. Und ich weiß bis heute nicht, ob an der Story was dran war. Ich tue es ungern, aber ich muss diesem Menschen Recht geben. Das geht heute kein Schwein mehr etwas an.«
17
Galilei hatte sich geirrt. Die Welt war keine Kugel, sondern eine Scheibe mit zwei Seiten und es war relativ einfach, die richtige herauszufinden. Wenn man auf der falschen stand, hing man mit dem Kopf nach unten und das war auf die Dauer ziemlich anstrengend.
Ich wollte das vielleicht nicht wahrhaben, aber Melanie Storck hatte sich längst damit abgefunden. Sie brauchte keine Beweise. Martens war einer von denen mit dem Kopf nach unten und das bedeutete für sie, dass er Dreck am Stecken hatte. So einfach war das.
Und sie hatte Recht.
Mattaus Anruf erwischte mich, gerade bevor ich gehen wollte, um Henk im La Mancha zu treffen.
»Ich habe vergessen, Sie was zu fragen, Kittel.«
»Was ist mit dem Beweisstück?«, wollte ich wissen.
»Fehlanzeige. Ein künstlicher Nagel. Nichts Außergewöhnliches. Gehört mit ziemlicher Sicherheit Kim Martens. Sie hat noch mehr davon.«
»Auch schwarze?«
»Ein paar. Die meisten sind brombeerfarben.«
»Was wollten Sie von mir wissen?«
»Es geht um Martens. Mich würde interessieren, ob Sie was über ihn rausgekriegt haben oder nicht.«
»Eigentlich ist er ein netter Kerl.«
»Ich meine seinen Vater«, widersprach Mattau. »Er ist doch Ihr Klient.«
»War. Die Sache ist so weit erledigt. Ich werde mein Mandat niederlegen.«
»Sind Sie neuerdings unter die Anwälte gegangen?«
»Morgen hole ich mir den Rest meines Honorars und mache daraus eine großzügige Spende für die Aktionsgruppe Mölling.«
»Also dann, Kittel, bis morgen.«
»Wieso denn das?«
Das La Mancha gehörte zu den Restaurants, die völlig unabhängig von Wetter und Jahreszeit über eine sommerliche Atmosphäre verfügten. Es gab künstliche, grüne Girlanden mit Plastikweintrauben an der Decke und ein überladenes Wandgemälde, das einen Sonnenuntergang auf der Ägäis zeigte, eine Bucht mit weißen Bimssteinhäuschen und schnuckeligen Fischerbooten, die Kostas hießen und Alexis. Jiorgos, der Wirt, hatte die Heizung voll aufgedreht. Man brauchte also nur die Augen zu schließen und für ein paar Minuten den endlosen Bouzouki aus der Box hinter dem Plastikgebüsch einwirken zu lassen. Dann öffnete man die Augen vorsichtig wieder und konzentrierte sich bei einem oder zwei Ouzo auf den kitschigen Fischerhafen mit den Netze flickenden, grinsenden Fischern und den üppigen Fischerfrauen. Wenn das klappte, konnte man den Herbst vergessen.
Henk hatte sich nicht auf eine Zeit festgelegt, also war ich schon gegen halb sechs da.
»Heute schon so früh«, wunderte sich Jiorgos. »Da muss ich mir wohl Sorgen machen, oder?«
»Was ich dich schon immer fragen wollte«, sagte ich. »Sind die bei euch zu Hause eigentlich wirklich so?«
»Was meinst du?«
»Ich meine, tragen sie alle diese merkwürdigen weiten Hosen und flicken Netze, tanzen und lachen? Das ist doch langweilig auf die Dauer.«
Jiorgos zuckte mit den Schultern und seufzte. »Den Touristen gefällt’s.«
»Und deshalb macht ihr, was sie wollen?«
»Nicht immer. Ein paar Jahre noch, bis das Geld reicht.« Jiorgos zog eine furchtbare Grimasse. »Eines Tages nehmen wir ihnen ihre Handys ab und ihre Visacards. Und dann schmeißen wir sie mitsamt ihren bunten Luftmatratzen ins Meer.«
Ich wartete noch eine Stunde und legte noch eine drauf. Inzwischen war das La Mancha voll besetzt. Ich hatte gegessen, getrunken und Henk tauchte nicht auf.
Es kamen immer noch mehr Gäste, Pärchen und kleine Gruppen. Sie sahen sich nach einem freien Tisch um, manche warteten
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