Pompeji
Hiroshima.«
Dynamics of Volcanism
Wann immer die Überlebenden hinterher ihre Erlebnisse verglichen, staunten sie darüber, wie verschieden sich dieser Moment angehört hatte. In Rom, hundertzwanzig Meilen entfernt, klang es wie ein dumpfer Aufprall, als wäre eine schwere Statue oder ein Baum umgestürzt. Diejenigen, die aus Pompeji entkamen, das fünf Meilen entfernt in Windrichtung lag, schworen immer, sie hätten zwei laute Donnerschläge gehört, während im rund zwanzig Meilen entfernten Capua das Geräusch von Anfang an als ununterbrochenes, lautes Donnergrollen wahrgenommen wurde. Aber in Misenum, näher gelegen als Capua, gab es überhaupt kein Geräusch, sondern es war nur eine schmale Säule aus braunem Geröll zu sehen, die lautlos in den wolkenlosen Himmel aufstieg.
Für Attilius glich der Moment des Ausbruchs einer großen, trockenen Welle, die über seinen Kopf hinwegfegte. Er befand sich ungefähr zwei Meilen vom Gipfel entfernt auf einem alten Jagdpfad, der durch den Wald führte, und ritt rasch die Westflanke des Berges hinunter. Die Auswirkungen der Vergiftung hatten sich auf eine kleine Faust reduziert, die schmerzhaft hinter seinen Augen hämmerte, und er war nicht mehr benommen, im Gegenteil: Seine Sinne kamen ihm unnatürlich scharf und gesteigert vor. Er hatte keinerlei Zweifel daran, was bevorstand. Sein Plan war, die Küstenstraße bei Herculaneum zu erreichen und dann direkt nach Misenum zu reiten, um den Befehlshaber zu warnen. Er schätzte, dass er am späten Nachmittag dort eintreffen würde. Der Golf funkelte im Sonnenschein zwischen den Bäumen hindurch; die See war nahe genug, dass er einzelne Brandungslinien erkennen konnte. Er nahm das glitzernde Muster der Spinnennetze wahr, die lose zwischen den Blättern hingen, und einen Schwarm kleiner Mücken, die unter einem Ast direkt vor ihm herumtanzten und dann plötzlich verschwanden.
Die Schockwelle der Explosion traf ihn von hinten und stieß ihn vorwärts. Heiße Luft, als hätte man die Tür eines Feuerofens geöffnet. Dann schien in seinen Ohren etwas zu knacken, und die Welt wurde zu einem lautlosen Ort aus sich beugenden Bäumen und wirbelnden Blättern. Sein Pferd stolperte und wäre fast gestürzt, und er klammerte sich an seinem Hals fest, während sie den Pfad hinunterjagten, beide auf dem Kamm der glutheißen Welle reitend, und dann war sie plötzlich verschwunden. Die Bäume richteten sich auf, der Staub legte sich, die Luft wurde wieder atembar. Er versuchte, auf sein Pferd einzureden, aber er hatte keine Stimme, und als er zum Gipfel des Berges zurückschaute, sah er, dass er verschwunden war und an seiner Stelle eine brodelnde Fontäne aus Erde und Gestein himmelwärts schoss.
In Pompeji hatte es den Anschein, als hätte ein kraftvoller brauner Arm den Gipfel durchstoßen, um ein Loch ins Dach des Himmels zu rammen – rumms, rumms, dieser doppelte Donnerschlag –, und dann rollte ein intensives Dröhnen, keinem anderen Geräusch in der Natur vergleichbar, über die Ebene. Ampliatus lief zusammen mit den Magistraten aus dem Haus. Aus der Bäckerei nebenan und allen anderen Häusern der Straße kamen Leute und starrten, ihre Augen abschirmend, auf den Vesuv, wandten ihre Gesichter dieser neuen dunklen Sonne zu, die im Norden auf ihrem donnernden Felssockel aufging. Es gab ein paar Schreie, aber keine allgemeine Panik. Dazu war es noch zu früh, die Sache war zu beeindruckend – zu eigenartig, zu weit weg –, um als unmittelbar bevorstehende Bedrohung wahrgenommen zu werden.
Es hört gleich wieder auf, dachte Ampliatus. Er wollte, dass es so war. Lass es jetzt aufhören, dann ist die Lage noch unter Kontrolle zu bringen. Er hatte die Nerven, die Charakterstärke; alles war eine Frage der Handhabung. Er würde sogar diese Situation meistern: »Die Götter haben uns ein Zeichen gegeben, Bürger! Lasst uns ihre Anweisungen befolgen! Lasst uns einen großen Gedenkstein errichten, der diese himmlische Inspiration wiedergibt! Wir leben an einem bevorzugten Ort!« Aber es hörte nicht auf. Die Säule wurde immer höher. Tausend Köpfe wurden gleichzeitig in den Nacken gelegt, um ihre Bahn zu verfolgen, und allmählich wurden immer mehr Schreie laut. Die Säule, schmal an der Basis, breitete sich im Aufsteigen aus, und ihr oberes Ende flachte sich ab und dehnte sich über den Himmel aus.
Irgendjemand rief, dass der Wind sie in ihre Richtung wehte.
Das war der Augenblick, in dem er wusste, dass er die Menge
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