Pompeji
Linken, sah sie Popidius die Stufen in seinem Teil des Hauses heraufkommen; er schob seine ältliche Mutter Taedia Secunda vor sich her. Ihnen folgten zwei mit Säcken beladene Sklaven. Corelia rief hinunter: »Popidius!« Als er seinen Namen hörte, blieb er stehen und sah sich um. Sie winkte ihm zu. »Hilf mir! Er hat mich eingesperrt!«
Er schüttelte verzweifelt den Kopf. »Er versucht, uns alle einzusperren! Er hat den Verstand verloren!«
»Bitte – komm herauf und schließ die Tür auf!«
Er zögerte. Er wollte ihr helfen. Und er hätte es auch getan. Aber noch bevor er einen halben Schritt getan hatte, landete etwas auf dem Ziegeldach hinter ihm, prallte ab und fiel in den Garten. Ein leichter Stein, ungefähr so groß wie eine Kinderfaust. Popidius sah, wie er landete. Ein weiterer traf die Pergola. Und plötzlich war es dunkel und die Luft war voller Geschosse. Mehrfach wurde er auf Kopf und Schultern getroffen. Die Stücke sahen schaumig aus, wie weißliche, versteinerte Schwämme. Sie waren nicht schwer, aber sie schmerzten trotzdem. Es war, als wäre man in einen plötzlichen Hagelschauer geraten – einen warmen dunklen Hagelschauer, wenn man sich so etwas vorstellen konnte. Um Schutz zu suchen, lief Popidius, seine Mutter vor sich herschiebend, ins Atrium, ohne sich um Corelias Rufe zu kümmern. Die Tür vor ihm – der Eingang zu Ampliatus' altem Haus – stand offen, und er stolperte auf die Straße hinaus.
Corelia sah nicht, wie er fortlief. Um dem Steinhagel zu entgehen, zog sie sich in ihr Zimmer zurück. Sie hatte noch einen letzten Eindruck von der Welt draußen, schattenhaft im Staub, und dann gab es nichts mehr als pechschwarze Dunkelheit, nicht einmal einen Schrei, nur noch das dröhnende Prasseln von Gestein.
In Herculaneum war das Leben seltsam normal. Die Sonne schien, Himmel und See waren strahlend blau. Als Attilius die Küstenstraße erreicht hatte, konnte er sogar Fischer draußen in ihren Booten erkennen, die ihre Netze auswarfen. Es war wie ein Trick des Sommerwetters, der die eine Hälfte der Bucht mit einem heftigen Gewitter dem Blick entzog, während die andere Hälfte ihr Glück segnete und fortfuhr, den Tag zu genießen. Sogar das vom Berg kommende Geräusch hatte nichts Bedrohliches an sich – ein Hintergrundgrollen, das mit einem Schuttschleier auf die Halbinsel Surrentum zudriftete.
Vor den Stadttoren von Herculaneum hatte sich eine kleine Menge versammelt, um die Vorgänge zu beobachten, ein paar geschäftstüchtige Händler hatten Stände aufgebaut und verkauften Gebäck und Wein. Schon jetzt schleppten sich staubbedeckte Reisende die Straße entlang, die meisten zu Fuß und mit Gepäck beladen, andere mit Karren, auf die sie ihre Habe getürmt hatten. Kinder rannten hinter ihnen her und genossen das Abenteuer, aber die Gesichter ihrer Eltern waren starr vor Angst. Attilius kam sich vor wie in einem Traum. Ein dicker Mann saß mit einem Mund voller Kuchen auf einem Meilenstein und erkundigte sich fröhlich, wie es denn dahinten aussähe.
»So schwarz wie Mitternacht in Oplontum«, antwortete jemand. »Und in Pompeji muss es noch schlimmer sein.«
»Pompeji?«, fragte Attilius scharf. Plötzlich war er hellwach. »Was ist in Pompeji passiert?«
Der Reisende schüttelte den Kopf und fuhr sich mit dem Finger über die Kehle, und Attilius erschrak und dachte an Corelia. Als er sie gezwungen hatte, den Aquädukt zu verlassen, hatte er geglaubt, er schickte sie aus dem Gefahrenbereich fort. Aber jetzt, wo sein Auge dem Verlauf der Straße nach Pompeji folgte, bis dahin, wo sie in der Düsternis verschwand, wurde ihm klar, dass er genau das Gegenteil getan hatte. Der Ausstoß des Vesuv wurde vom Wind direkt auf die Stadt zugetragen.
»Geh nicht in diese Richtung, Bürger«, warnte der Mann. »Da ist kein Durchkommen.«
Aber Attilius wendete sein Pferd bereits dem Strom der Flüchtlinge entgegen.
Je weiter er kam, desto stärker war die Straße verstopft, und umso jämmerlicher war der Zustand der Flüchtenden. Die meisten waren mit einer dicken grauen Staubschicht bedeckt; ihre Gesichter glichen blutbespritzten Totenmasken. Einige hielten noch immer brennende Fackeln in den Händen: ein geschlagenes Heer von weißhaarigen alten Männern, von Gespenstern, die, selbst zum Sprechen zu erschöpft, nach einer verheerenden Niederlage dahintrotteten. Ihre Haustiere – Ochsen, Esel, Pferde, Hunde und Katzen – glichen Alabasterfiguren, die knarrend zum Leben
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