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Pompeji

Pompeji

Titel: Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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erhoben, aber die meisten Fachleute – und Plinius war derselben Meinung wie die Mehrheit – gingen von hundertelf Meilen aus. Doch wie auch immer, das Ding – die Säule, »die Manifestation«, wie es zu nennen er beschlossen hatte, war riesig.
    Um so genaue Beobachtungen wie möglich zu machen, hatte er angeordnet, dass seine Wasseruhr zum Hafen hinuntergebracht und auf dem Achterdeck der Liburne aufgestellt wurde. Während dies geschah und das Schiff zum Auslaufen bereitgemacht wurde, suchte er in seiner Bibliothek nach Hinweisen auf den Vesuv. Bisher hatte er dem Berg nie viel Aufmerksamkeit geschenkt. Er war so riesig, so unübersehbar, so unausweichlich vorhanden, dass Plinius es vorgezogen hatte, sich mit den esoterischeren Aspekten der Natur zu beschäftigen. Aber gleich im ersten Werk, in dem er nachschlug, Strabons Geographika, wurde er fündig. »Diese Gegend scheint in der Vergangenheit in Flammen gestanden zu haben, mit Kratern voller Feuer …« Warum war ihm das früher nie aufgefallen? Er rief Gaius herbei.
    »Siehst du? Er vergleicht den Berg mit dem Ätna. Doch wie kann das sein? Der Ätna hat einen Krater von zwei Meilen Durchmesser. Ich habe mit meinen eigenen Augen gesehen, wie er in der Nacht glühte. Und diese feuerspeienden Inseln – Strongyle, regiert von Aeolus, dem Gott der Winde, Lipara und Hiera Thermessa, die Heilige Insel, von der es heißt, dass Vulkan auf ihr lebt – man kann sie alle brennen sehen. Niemand hat je über Glut auf dem Vesuv berichtet.«
    »Er sagt, dass die flammenden Krater ›aus Mangel an Nahrung allmählich erloschen sind‹«, erklärte sein Neffe. »Das könnte bedeuten, dass der Berg jetzt irgendeine frische Nahrungsquelle angezapft hat und dadurch wieder zum Leben erwacht ist.« Gaius schaute aufgeregt auf. »Könnte das den Schwefel im Wasser des Aquädukts erklären?«
    Plinius betrachtete ihn mit neuem Respekt. Ja. Der Junge hatte Recht. Schwefel war die Nahrung, die all diesen Phänomenen gemeinsam war – dem Flammenknäuel an der Spitze des Berges Kophantus in Baktrien, dem brennenden Feld von der Größe eines Fischteichs auf der babylonischen Ebene, dem Sternenfeld auf dem Berg Hesperius in Äthiopien. Aber die Schlussfolgerungen waren beängstigend: Lipara und die Heilige Insel hatten einst mitten in der See tagelang gebrannt, bis eine Abordnung des Senats zu ihnen gesegelt war und eine Versöhnungs-Zeremonie veranstaltet hatte. Ein ähnlich explosives Feuer auf dem italienischen Festland, wo unzählige Menschen lebten, konnte eine Katastrophe bedeuten.
    Er stemmte sich auf die Füße. »Ich muss hinunter zu meinem Schiff. Alexion!« Er rief nach seinem Sklaven. »Gaius, willst du nicht mitkommen? Vergiss deine Übersetzung.« Er streckte die Hand aus und lächelte. »Ich erlasse dir deine Lektion.«
    »Wirklich, Onkel?« Gaius starrte über den Golf und kaute auf seiner Unterlippe. Ganz offensichtlich war auch ihm bewusst geworden, was ein zweiter Ätna am Golf bedeutete. »Das ist nett von dir, aber um ehrlich zu sein – ich bin gerade an einer schwierigen Passage angekommen. Natürlich, wenn du darauf bestehst …«
    Plinius konnte sehen, dass er Angst hatte. Er verspürte selbst einen Anflug von Furcht, und dabei war er ein alter Soldat. Der Gedanke schoss ihm durch den Kopf, dass er dem Jungen befehlen könnte, ihn zu begleiten – kein Römer sollte je der Angst nachgeben: Was war aus den strengen Wertmaßstäben seiner Jugend geworden? –, aber dann dachte er an Julia. War es fair, ihren einzigen Sohn unnötig der Gefahr auszusetzen? »Nein, nein«, sagte er, »ich bestehe nicht darauf. Die See sieht rau aus. Dir würde nur schlecht werden. Du bleibst hier und kümmerst dich um deine Mutter.«
    Er kniff seinen Neffen in die pickelige Wange und fuhr ihm durch das fettige Haar. »Aus dir wird ein guter Anwalt werden, Gaius Plinius. Vielleicht sogar ein großer. Ich kann dich eines Tages sogar im Senat sitzen sehen. Du bist mein Erbe. Meine Bücher werden deine sein. Der Name Plinius wird in dir weiterleben …« Er brach ab. Das hörte sich zu sehr nach einem Abschied an. Grob fügte er hinzu: »Mach dich wieder an deine Studien. Und sag deiner Mutter, dass ich am Abend zurück sein werde.«
    Auf den Arm seines Sekretärs gestützt und ohne einen Blick zurück, schlurfte der Befehlshaber aus seiner Bibliothek.
     
    Attilius war an der Piscina mirabilis vorbeigeritten, über den Damm in den Hafen und war gerade im Begriff, die steile Straße

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