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Pompeji

Pompeji

Titel: Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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überblicken. Kunstvolle Bronzestatuen schmückten die Stufen an dem ihm zugewandten Ende – ein Wildschwein, ein Löwe, eine sich emporreckende Schlange und ein auf der Kithara spielender Apoll. Am entgegengesetzten Ende lagen vier Frauen auf Ruhebänken und fächelten sich Luft zu, und hinter jeder stand eine Sklavin. Als sie Attilius' Blick bemerkten, drang von hinter ihren Fächern leises Lachen zu ihm. Er spürte, wie er vor Verlegenheit rot wurde, und kehrte ihnen schnell den Rücken zu, genau in dem Augenblick, in dem sich der Vorhang teilte und der Hausverwalter zurückkehrte und ihm bedeutete, er möge ihm folgen.
    Die Feuchtigkeit und der Duft von Salböl verrieten Attilius sofort, dass er in die privaten Bäder des Hauses geführt wurde. Und natürlich, dachte er, war zu erwarten gewesen, dass man hier zum Baden seine eigene Anlage hatte, denn weshalb sollte sich jemand, der so viel Geld hatte, unter das gewöhnliche Volk mengen? Der Hausverwalter führte ihn in den Umkleideraum und forderte ihn auf, die Schuhe auszuziehen, dann kehrten sie in den Gang zurück und betraten das Tepidarium, in dem ein ungeheuer fetter alter Mann nackt und mit dem Gesicht nach unten auf einem Tisch lag und von einem jungen Masseur behandelt wurde. Seine weißen Hinterbacken vibrierten, während der Masseur mit hackenden Bewegungen sein Rückgrat bearbeitete. Er wandte leicht den Kopf, als Attilius an ihm vorüberging, und musterte ihn mit einem blutunterlaufenen grauen Auge, das er gleich wieder schloss.
    Der Hausverwalter schob eine Tür auf, ließ einen Schwall wohlriechenden Dampf entweichen und trat dann beiseite, um den Wasserbaumeister durchzulassen.
    Anfangs war es schwer, im Caldarium überhaupt etwas zu sehen. Das einzige Licht kam von zwei an der Wand befestigten Fackeln und von den glühenden Kohlen einer Pfanne, der Quelle des Dampfes, der den Raum erfüllte. Allmählich konnte Attilius ein großes, in den Boden eingelassenes Becken erkennen, in dem drei Köpfe mit dunklen Haaren scheinbar körperlos in der Düsternis trieben. Das Wasser kräuselte sich, als einer der Köpfe sich bewegte, und spritzte auf, als eine Hand erhoben und leicht geschwenkt wurde.
    »Hierher, Aquarius«, sagte eine träge Stimme. »Ich habe gehört, du hast eine Botschaft für mich, vom Kaiser? Ich kenne diese Flavier nicht. Soweit ich weiß, stammen sie von einem Steuereinnehmer ab. Aber Nero war ein enger Freund von mir.«
    Ein weiterer Kopf bewegte sich. »Hol uns eine Fackel!«, befahl er. »Wir wollen wenigstens sehen können, wer uns an einem Feiertag stört.«
    Ein Sklave, den Attilius bisher noch nicht bemerkt hatte, trat aus einer Ecke des Raums, holte eine der Fackeln von der Wand, hielt sie dicht vor das Gesicht des Wasserbaumeisters und gab ihn so der Musterung preis. Jetzt hatten sich ihm alle drei Köpfe zugewandt. Attilius spürte, wie sich die Poren seiner Haut öffneten und der Schweiß über seinen Körper rann. Der Mosaikfußboden unter seinen bloßen Füßen war kochend heiß – vermutlich ein Hypocaustum. Im Haus der Popidii traf man auf einen Luxus nach dem anderen. Er fragte sich, ob Ampliatus, als er hier als Sklave gelebt hatte, jemals in der Hitze des Sommers über dem Heizofen hatte schwitzen müssen.
    Die Wärme der Fackel neben seiner Wange war unerträglich. »Dies ist nicht der rechte Ort für die Geschäfte des Kaisers«, sagte er steif und schob den Arm des Sklaven beiseite. »Mit wem spreche ich?«
    »Er ist offensichtlich ein ungehobelter Klotz«, verkündete die dritte Stimme.
    »Ich bin Lucius Popidius«, sagte die träge Stimme, »und diese Herren sind Gaius Cuspius und Marcus Holconius. Und unser teurer Freund im Tepidarium ist Quintus Brittius. Weißt du jetzt, wer wir sind?«
    »Ihr seid die vier gewählten Magistrate von Pompeji.«
    »Richtig«, sagte Popidius. »Und das ist unsere Stadt, Aquarius, also hüte deine Zunge.«
    Attilius wusste, wie das System funktionierte. Als Ädile erteilten Popidius und Cuspius die Konzessionen für sämtliche Geschäfte, von den Bordellen bis zu den Bädern; sie waren dafür verantwortlich, dass die Straßen sauber waren, das Wasser floss und die Tempel offen standen. Holconius und Brittius waren die Duumviri – die beiden Männer, die in der Basilica zu Gericht saßen und das Recht des Kaisers sprachen; eine Auspeitschung hier, eine Kreuzigung dort, und zweifellos, wann immer es möglich war, eine Geldstrafe zum Füllen der Schatztruhen der Stadt. Ohne sie

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