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Pompeji

Pompeji

Titel: Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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dazu?«
    »Das weiß ich noch nicht genau.« Attilius zögerte. Das Auftauchen von Ampliatus hatte ihn ein wenig aus der Fassung gebracht. »Ätzkalk. Puteolanum. Ziegelsteine. Holz. Fackeln. Männer.«
    »Wie viel von jedem?«
    »Zuerst einmal sechs Amphoren Kalk. Ein Dutzend Körbe Puteolanum. Fünfzig Längen Holz und fünfhundert Ziegelsteine. So viele Fackeln, wie du entbehren kannst. Zehn Paar kräftige Hände. Vielleicht brauche ich weniger, vielleicht auch mehr. Das hängt davon ab, wie groß der Schaden an der Augusta ist.«
    »Wann wirst du das wissen?«
    »Einer meiner Männer wird mir am Nachmittag Bericht erstatten.«
    Ampliatus nickte. »Ich finde, meine Herren, wir sollten alles tun, was in unserer Macht steht, um ihm zu helfen. Niemand soll sagen können, dass die alte Kolonie Pompeji sich geweigert hätte, eine Bitte des Kaisers zu erfüllen. Außerdem habe ich eine Fischfarm in Misenum, die Wasser trinkt wie unser Brittius hier Wein. Ich möchte, dass dieser Aquädukt so schnell wie möglich wieder funktioniert. Was meint ihr dazu?«
    Die Magistrate tauschten unbehagliche Blicke. Schließlich sagte Popidius: »Vielleicht waren wir zu voreilig.«
    Nur Cuspius wagte einen Einspruch. »Ich finde immer noch, dass es Sache von Nola wäre …«
    Ampliatus unterbrach ihn. »Das wäre also erledigt. Du sollst von mir alles bekommen, was du brauchst, Marcus Attilius. Aber sei so gut, draußen zu warten.« Er rief über die Schulter dem Hausverwalter zu: »Scutarius! Gib dem Aquarius seine Schuhe!«
    Keiner der anderen richtete ein Wort an Attilius oder schaute ihn an. Sie glichen ungezogenen Schuljungen, die von ihrem Lehrer bei einer Prügelei ertappt worden waren.
    Attilius nahm seine Schuhe entgegen, verließ das Tepidarium und trat hinaus in den düsteren Gang. Hinter ihm wurde der Vorhang rasch zugezogen. Er lehnte sich an die Wand, um seine Schuhe wieder anzuziehen, und versuchte zu hören, was gesprochen wurde, konnte aber nichts verstehen. Aus der Richtung des Atriums hörte er ein Platschen, als jemand in das Schwimmbecken sprang. Dieser Hinweis darauf, dass im Haus Feiertagstrubel herrschte, gab den Ausschlag. Er durfte es nicht riskieren, beim Lauschen ertappt zu werden. Er öffnete den zweiten Vorhang und kehrte in das gleißende Sonnenlicht zurück. Auf der anderen Seite des Atriums, hinter dem Tablinum, hatte der Sprung ins Wasser die Oberfläche des Beckens zum Schaukeln gebracht. Die Frauen der Honoratioren plauderten nach wie vor am anderen Ende; zu ihnen hatte sich eine unansehnliche Frau in mittleren Jahren gesellt, die ein Stück von ihnen entfernt dasaß, die Hände im Schoß gefaltet. Hinter ihnen gingen zwei Sklaven vorbei, die mit Speisen beladene Tabletts trugen. Von irgendwo kamen Kochgerüche. Offensichtlich wurde ein großes Festmahl vorbereitet.
    Sein Blick fiel auf etwas Dunkles in dem glitzernden Wasser, und eine Sekunde später durchbrach die Schwimmerin die Oberfläche.
    »Corelia Ampliata!«
    Unwillkürlich sprach er ihren Namen laut aus. Corelia hörte ihn nicht. Sie schüttelte den Kopf, strich das schwarze Haar von den geschlossenen Augen zurück und raffte es mit beiden Händen im Nacken zusammen. Ihre Ellbogen waren weit gespreizt und ihr blasses Gesicht der Sonne zugewandt; sie ahnte nicht, dass er sie beobachtete.
    »Corelia!« Jetzt flüsterte er, weil er nicht die Aufmerksamkeit der anderen Frauen erregen wollte, und diesmal drehte sie sich um. Es dauerte einen Moment, bis sie ihn vor der Helle des Atriums ausgemacht hatte, aber als sie ihn sah, begann sie, auf ihn zuzuwaten. Sie trug ein Hemd aus dünnem Stoff, das ihr bis fast zu den Knien reichte, und als sie aus dem Wasser stieg, legte sie wie eine den Wellen entsteigende sittsame Venus einen tropfenden Arm über die Brust und bedeckte mit der anderen Hand ihre Scham. Er trat in das Tablinum und ging auf das Schwimmbecken zu, vorbei an den Totenmasken der Popidii. Rote Bänder verbanden die Abbilder der Toten, zeigten, wer mit wem verwandt gewesen war – ein sich überkreuzendes Muster der Macht, die Generationen weit zurückreichte.
    »Aquarius!«, zischte sie. »Du musst sofort von hier verschwinden!« Sie stand auf den halbrunden Stufen, die aus dem Becken herausführten. »Geh! Schnell! Mein Vater ist hier, und wenn er dich sieht …«
    »Dazu ist es zu spät. Wir sind uns bereits begegnet.« Aber er wich ein Stückchen zurück, sodass ihn die anderen Frauen am Becken nicht mehr sehen konnten. Ich sollte

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