Pompeji
würde er nicht viel erreichen können; deshalb zwang er sich, still stehen zu bleiben und darauf zu warten, dass einer von ihnen sprach. Zeit, dachte er, ich verliere so viel Zeit.
»Also«, sagte Popidius nach einer Weile, »was mich betrifft, so habe ich lange genug geschmort.« Er seufzte und stand auf, im Dampf eine geisterhafte Gestalt, und streckte die Hand nach einem Handtuch aus. Der Sklave schob die Fackel wieder in ihre Halterung, kniete vor seinem Herrn nieder und schlang ihm ein Handtuch um die Hüfte. »So, und wo ist nun dieser Brief?« Er nahm ihn und tappte in den angrenzenden Raum. Attilius folgte ihm.
Brittius lag jetzt auf dem Rücken, und der junge Sklave hatte ihm offenbar mehr gegeben als nur eine Massage, denn sein Penis war rot und angeschwollen und zeigte auf die fette Rundung seines Bauches. Der alte Mann schlug die Hände des Sklaven beiseite und griff nach einem Handtuch. Sein Gesicht war scharlachrot. »Und wer ist das, Popi?«
»Der neue Aquarius der Augusta. Exomnius' Nachfolger. Er kommt aus Misenum.« Popidius brach das Siegel auf und entrollte den Brief. Er war Anfang vierzig und sah recht gut aus. Das dunkle, über seine kleinen Ohren zurückgestrichene Haar betonte sein habichtartiges Profil, als er sich zum Lesen vorbeugte; die Haut an seinem Körper war weiß, glatt und haarlos. Er hat sich die Haare auszupfen lassen, dachte Attilius angewidert.
Jetzt kamen auch die anderen aus dem Caldarium, begierig zu erfahren, was da vor sich ging. Wasser tropfte auf den schwarzweißen Fußboden. Um die Wände zog sich das Fresko eines Gartens, der von einem Holzzaun umschlossen war. In einem Alkoven stand auf einem Sockel in Form einer Wassernymphe ein rundes Marmorbecken.
Brittius stützte sich auf einen Ellbogen. »Lies vor, Popi. Was steht darin?«
Ein Runzeln furchte Popidius' glatte Haut. »Er ist von Plinius. ›Im Namen der Kaisers Titus Caesar Vespasianus Augustus und gemäß der Macht, die mir vom Senat und dem Volk Roms verliehen wurde …‹«
»Überspring das Geschwätz«, sagte Brittius. »Komm zur Sache.« Er rieb in einer Geste des Geldzählens Daumen und Mittelfinger aneinander. »Was will er?«
»Offensichtlich ist der Aquädukt irgendwo in der Nähe des Vesuv versiegt. Alle Städte westlich von Nola sind trocken. Er sagt, er will von uns – er ›befiehlt‹ uns –, dass wir ›sofort genügend Männer und Material aus der Kolonie Pompeji zur Verfügung stellen, damit die Aqua Augusta repariert werden kann, und zwar unter der Leitung von Marcus Attilius Primus, Aquarius im Dienst der Behörde des Curator Aquarum in Rom.‹«
»Ach, wirklich? Und wer kommt für die Kosten auf?«
»Das sagt er nicht.«
Attilius warf ein: »Geld ist kein Thema. Ich kann den Honoratioren versichern, dass der Curator Aquarum alle Auslagen ersetzen wird.«
»Wirklich? Bist du überhaupt befugt, ein solches Versprechen abzugeben?«
Attilius zögerte. »Ihr habt mein Wort.«
»Dein Wort? Dein Wort bringt kein Gold in unseren Stadtsäckel zurück, nachdem es einmal ausgegeben worden ist.«
»Und seht euch das an«, sagte einer der anderen Männer. Er war Mitte zwanzig, gut bemuskelt, aber mit einem kleinen Kopf; Attilius vermutete, dass das der Ädil Cuspius war. Er drehte den Hahn über dem runden Becken auf, und Wasser schoss heraus. »Seht ihr – hier herrscht keine Trockenheit. Also frage ich: Was geht uns das an? Du willst Männer und Material? Dann begib dich in eine der Städte, die kein Wasser haben. Geh nach Nola. Wir schwimmen darin! Schau her!« Und um seine Worte zu unterstreichen, öffnete er den Hahn weiter und ließ das Wasser laufen.
»Außerdem«, sagte Brittius listig, »ist es gut fürs Geschäft. Jeder am Golf, der baden oder auch nur trinken möchte, muss nach Pompeji kommen. Und noch dazu an einem Feiertag. Was meinst du dazu, Holconius?«
Der ältere Magistrat rückte das Handtuch um seine Taille zurecht wie eine Toga. »Es missfällt den Priestern, wenn Männer an einem heiligen Tag arbeiten«, verkündete er salbungsvoll. »Die Leute sollten tun, was wir auch tun – sie sollten sich zur Befolgung der heiligen Riten mit ihren Freunden und Familien treffen. Ich bin dafür, dass wir diesem jungen Mann, mit allem schuldigen Respekt vor Befehlshaber Plinius, sagen, er soll sich zum Teufel scheren.«
Brittius brüllte vor Lachen und hieb zustimmend auf die Tischkante. Popidius lächelte und rollte den Papyrus zusammen. »Ich denke, damit hast du deine
Weitere Kostenlose Bücher