Pompeji
Antwort, Aquarius. Warum kommst du nicht morgen wieder? Dann werden wir sehen, was wir tun können.«
Er versuchte, Attilius den Brief zurückzugeben, aber Attilius langte an ihm vorbei und drehte den Hahn fest zu. Was für ein Bild sie boten, die drei, von Wasser tropfend – seinem Wasser – und Brittius mit seinem erbärmlichen Ständer, der jetzt in den schlaffen Falten seines Bauchs verschwunden war. Die widerlich aromatisierte Hitze war unerträglich. Er wischte sich das Gesicht mit dem Ärmel seiner Tunika ab.
»Lasst euch eines gesagt sein, Honoratioren. Von Mitternacht an wird auch Pompeji sein Wasser verlieren. Es wird nach Beneventum abgeleitet, damit wir den Tunnel des Aquädukts betreten und ihn reparieren können. Ich habe meine Leute bereits zum Schließen der Schleusen in die Berge geschickt.« Seine Worte ernteten zorniges Gemurmel. Er hob die Hand. »Schließlich geht es um die Interessen aller Bürger am Golf.« Er sah Cuspius an. »Gewiss, ich könnte Nola um Hilfe bitten. Aber das würde mindestens einen Tag kosten. Und das bedeutet für sie ebenso wie für euch einen zusätzlichen Tag ohne Wasser.«
»Ja, aber mit einem Unterschied«, sagte Cuspius. »Wir sind vorgewarnt. Was hältst du davon, Popidius? Wir könnten eine Proklamation veröffentlichen, mit der wir unsere Bürger auffordern, sämtliche Behälter zu füllen, die sie besitzen. Damit wäre unsere Stadt die einzige am Golf, die noch genügend Wasser hat.«
»Wir könnten es sogar verkaufen«, sagte Brittius. »Und je länger die Trockenheit andauert, desto höher ist der Preis, den wir dafür erzielen können.«
»Ihr habt kein Recht, es zu verkaufen!« Attilius versuchte, nicht die Beherrschung zu verlieren. »Wenn ihr euch weigert, mir zu helfen, werde ich, sobald der Hauptstrang repariert ist, dafür sorgen, dass die Abzweigung nach Pompeji geschlossen wird.« Er verfügte nicht über die Autorität für eine solche Drohung, aber er fuhr trotzdem fort und stieß Cuspius mit einem Finger gegen die Brust. »Und ich werde aus Rom einen Beamten kommen lassen, damit er den Missbrauch des kaiserlichen Aquädukts untersucht. Ihr werdet für jeden Becher Wasser bezahlen müssen, den ihr über den euch zustehenden Anteil hinaus entnommen habt!«
»So eine Unverschämtheit!«, rief Brittius.
»Er hat mich berührt!«, sagte Cuspius empört. »Habt ihr das gesehen? Dieses Stückchen Abschaum hat mich mit seiner schmutzigen Hand berührt!« Er schob das Kinn vor und trat dicht an Attilius heran, zu einem Kampf bereit. Der Wasserbaumeister hätte vielleicht zurückgeschlagen, was katastrophal gewesen wäre – für ihn, für seine Mission –, wenn sich nicht der Vorhang geöffnet hätte und ein anderer Mann zum Vorschein gekommen wäre, der offensichtlich auf dem Korridor gestanden und das Gespräch mitgehört hatte.
Attilius war ihm bisher nur einmal begegnet, aber er hatte ihn trotzdem nicht rasch wieder vergessen: Numerius Popidius Ampliatus.
Was Attilius am meisten verblüffte, nachdem er sich von dem Schock der Wiederbegegnung erholt hatte, war die Tatsache, wie unterwürfig sie sich alle gaben. Sogar Brittius schwang seine fetten Beine über die Tischkante, als gehörte es sich nicht, in Gegenwart dieses einstigen Sklaven zu liegen. Ampliatus legte Cuspius beschwichtigend die Hand auf die Schulter, flüsterte ihm ein paar Worte ins Ohr, zwinkerte und fuhr ihm durchs Haar, ohne dabei die Augen von Attilius abzuwenden.
Der Wasserbaumeister erinnerte sich an die verstümmelten Überreste des Sklaven beim Muränenbecken, an den zerfetzten Rücken der Mutter.
»Also, was soll das Ganze, meine Herren?« Ampliatus lächelte plötzlich und zeigte auf Attilius. »Streit im Bad? An einem religiösen Feiertag? Das gehört sich nicht. Hat man euch das nicht beigebracht?«
Popidius sagte: »Das ist der neue Aquarius des Aquädukts.«
»Ich kenne Marcus Attilius. Wir sind uns bereits begegnet, nicht wahr, Aquarius? Darf ich das sehen?« Er nahm Popidius Plinius' Brief aus der Hand, überflog ihn rasch und warf dann einen Blick auf Attilius. Ampliatus trug eine goldgesäumte Tunika, sein Haar glänzte, und er verströmte den Duft desselben teuren Parfüms, das Attilius bereits am Vortag aufgefallen war.
»Wie sieht dein Plan aus?«
»Der Leitung von Pompeji aus bis zu der Stelle folgen, wo sie von der Augusta abzweigt, und dann den Hauptstrang in Richtung Nola untersuchen, bis das Leck gefunden ist.«
»Und was brauchst du
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