Pompeji
Wasser. Zivilisation.
Attilius musste die Vision des Mannes bewundern. Ampliatus legte so viel Stolz an den Tag, während er ihm alles zeigte, dass es fast den Anschein hatte, als wollte er einen Geldgeber gewinnen. Und wenn der Wasserbaumeister Geld gehabt hätte – wenn er nicht den größten Teil seines Gehalts bereits nach Hause zu seiner Mutter und seiner Schwester geschickt hätte –, dann wäre es durchaus möglich gewesen, dass er ihm auch die letzte Münze gegeben hätte, denn ihm war noch nie ein überzeugenderer Verkäufer begegnet.
»Wann soll das Ganze fertig sein?«
»Wahrscheinlich in einem Monat. Mir fehlen noch die Tischler. Ich will ein paar Regale, ein paar Schränke. Ich habe daran gedacht, in den Umkleideräumen Holzfußböden verlegen zu lassen. Ich dachte an Pinienholz.«
»Nein«, sagte Attilius. »Nimm Erle.«
»Erle? Warum?«
»Erle verrottet nicht, wenn sie mit Wasser in Berührung kommt. Für die Läden würde ich Pinie – oder vielleicht eine Zypresse – verwenden. Aber es muss etwas aus dem Tiefland sein, wo die Sonne scheint. Lass die Hände von Pinien aus den Bergen. Jedenfalls bei einem Bau dieser Qualität.«
»Noch weitere Ratschläge?«
»Benutze immer Holz, das im Herbst geschlagen wurde, nicht im Frühjahr. Im Frühjahr sind die Bäume schwanger, und das Holz ist schwächer. Für die Klammern nimm angesengtes Olivenholz – das hält hundert Jahre. Aber das alles weißt du vermutlich.«
»Keineswegs. Ich habe eine Menge gebaut, das stimmt, aber von Holz und Stein habe ich nie viel verstanden. Wovon ich etwas verstehe, ist Geld. Und das Großartige an Geld ist, dass es keine Rolle spielt, wann man es erntet. Es ist das ganze Jahr über verfügbar.« Ampliatus lachte über seinen eigenen Witz, dann drehte er sich um und schaute den Wasserbaumeister an. Es lag etwas Verstörendes in der Intensität seines Blicks, der nicht stetig war, sondern wanderte, als schätzte er ununterbrochen verschiedene Aspekte desjenigen ab, mit dem er sprach, und Attilius dachte, nein, es ist nicht Geld, von dem du etwas verstehst, es sind Menschen – ihre Stärken und Schwächen; wann du schmeicheln musst und wann einschüchtern.
»Und du, Aquarius«, sagte er leise. »Wovon verstehst du etwas?«
»Von Wasser.«
»Davon etwas zu verstehen, ist wichtig. Wasser ist mindestens so wertvoll wie Geld.«
»Tatsächlich? Weshalb bin ich dann kein reicher Mann?«
»Vielleicht könntest du einer sein.« Ampliatus machte die Bemerkung leichthin, ließ sie einen Augenblick unter der hohen Kuppel schweben und fuhr dann fort: »Hast du je darüber nachgedacht, Aquarius, wie seltsam es in der Welt zugeht? Wenn dieser Bau in Betrieb ist, werde ich ein weiteres Vermögen machen. Und dann werde ich dieses Vermögen dazu benutzen, noch eins zu machen und dann noch eins. Aber ohne deinen Aquädukt könnte ich meine Bäder nicht bauen. Das ist doch einen Gedanken wert, oder? Ohne Attilius kein Ampliatus.«
»Nur, dass es nicht mein Aquädukt ist. Ich habe ihn nicht gebaut – das hat der Kaiser getan.«
»Stimmt. Und zum Preis von zwei Millionen pro Meile! ›Der allseits betrauerte Augustus‹ – hat es je einen Mann gegeben, der mit mehr Recht zum Gott erhoben wurde? Ich jedenfalls ziehe den Göttlichen Augustus dem Jupiter vor und bete jeden Tag zu ihm.« Er schnupperte. »Von dieser frischen Farbe bekomme ich Kopfschmerzen. Lass mich dir meine Pläne für das Gelände zeigen.«
Er führte Attilius den Weg zurück, auf dem sie hereingekommen waren. Jetzt fiel die Sonne voll durch die großen Fenster. Die Götter an der gegenüberliegenden Wand schienen zu farbigem Leben erwacht zu sein. Dennoch hatten die leeren Räume etwas Gespenstisches an sich – die schläfrige Stille, der in den Lichtbahnen schwebende Staub, das Gurren der Tauben draußen auf dem Bauplatz. Offenbar hatte sich ein Vogel ins Laconium verirrt. Das plötzliche Flügelschlagen unter der Kuppel ließ Attilius zusammenfahren.
Draußen fühlte sich die flirrende Luft vor Hitze beinahe fest an, wie geschmolzenes Glas, aber Ampliatus schien es nichts auszumachen. Er stieg mühelos die offene Treppe hinauf und trat auf das schmale Sonnendeck. Von hier aus hatte er einen umfassenden Blick über sein kleines Königreich. Das hier würde der Sportplatz werden, sagte er. Um ihn herum würde er Schatten spendende Platanen anpflanzen. Er experimentiere mit einer Methode, das Wasser im Außenbecken zu beheizen. Begeistert schlug er auf die
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