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Pompeji

Pompeji

Titel: Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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versehen.«
    »Meine kleine Venus …«
    »Es sieht so aus, als hätten wir ein Problem …«
    Die Stimme eines Mannes – rau, keine, die sie kannte – erwiderte: »Ja, das stimmt – wir haben tatsächlich ein Problem.«
    Worauf Ampliatus entgegnete: »Und sein Name ist Marcus Attilius …«
    Sie lehnte sich wieder vor, um sich kein Wort entgehen zu lassen.
     
    Africanus wollte keinen Ärger. Africanus war ein ehrlicher Mann. Attilius schob ihn die Treppe hinunter, hörte seinem Protestgeschwätz nur mit halbem Ohr zu und warf alle paar Schritte einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass ihnen niemand folgte. »Ich bin ein Beamter im Dienste des Kaisers. Ich muss sehen, wo Exomnius gelebt hat. Und zwar schnell.« Bei der Erwähnung des Kaisers brach aus Africanus eine neue Flut von Beteuerungen heraus. Attilius schüttelte ihn. »Ich habe keine Zeit, mir das alles anzuhören. Führ mich zu seinem Zimmer.«
    »Es ist verschlossen.«
    »Wo ist der Schlüssel?«
    »Unten.«
    »Hol ihn.«
    Als sie die Straße erreicht hatten, stieß er den Bordellbesitzer in die düstere Diele und ließ ihn nicht aus den Augen, während er seinen Geldkasten aus seinem Versteck holte. Die Hure in dem kurzen grünen Kleid hatte sich wieder auf ihrem Schemel niedergelassen; Smyrina nannte Africanus sie – »Smyrina, welches ist der Schlüssel zu Exomnius' Zimmer?« –, wobei seine Hände so stark zitterten, dass er, als es ihm endlich gelungen war, den Geldkasten zu öffnen und die Schlüssel herauszuholen, den Bund fallen ließ und sie sich bücken musste, um es aufzuheben. Sie suchte einen Schlüssel aus dem Bund heraus und hielt ihn hoch.
    »Wovor hast du so viel Angst?«, fragte Attilius. »Warum versuchst du, bei der bloßen Erwähnung eines Namens davonzurennen?«

»Ich will keinen Ärger«, wiederholte Africanus. Er nahm den Schlüssel und führte Attilius in die Schenke nebenan. Es war ein billiges Lokal, kaum mehr als ein roher Steintresen mit hineingeschlagenen Löchern für die Weinkrüge. Sitzplätze gab es nicht. Die meisten Trinker standen, an die Mauer gelehnt, draußen auf dem Gehsteig. Attilius vermutete, dass dies der Ort war, an dem die Kunden des Lupanars warteten, bis sie an die Reihe kamen, und wo sie sich hinterher erfrischten und sich ihrer Männlichkeit rühmten. Hier herrschte derselbe widerliche Geruch wie in dem Bordell, und er dachte, dass Exomnius zweifelsohne tief gefallen war, um an einem solchen Ort zu landen – die Korruption musste weit in seine Seele eingedrungen sein.
    Africanus war klein und behände, und seine Arme und Beine waren behaart wie die eines Affen. Vielleicht hatte er daher seinen Namen – von den afrikanischen Affen auf dem Forum, die am Ende ihrer Ketten Kunststücke zeigten, um ein paar Münzen für ihre Besitzer zu verdienen. Er huschte durch die Schenke und die wackelige Holztreppe hinauf. Auf dem Absatz hielt er mit dem Schlüssel in der Hand inne, legte den Kopf schief und musterte Attilius. »Wer bist du?«, fragte er.
    »Schließ auf.«
    »Es ist nichts angerührt worden. Ich gebe dir mein Wort darauf.«
    »Worauf ich mich bestimmt verlassen kann. Und nun schließ auf.«
    Der Bordellbesitzer wandte sich mit ausgestrecktem Schlüssel der Tür zu und gab dann einen verblüfften Ton von sich. Er deutete auf das Schloss, und als Attilius neben ihn trat, sah er, dass es aufgebrochen war. Das Zimmer war dunkel, die Luft stickig von eingefangenen Gerüchen – Bettzeug, Leder, schales Essen. Ein dünnes Gitter aus hellem Licht an der gegenüberliegenden Wand zeigte an, wo sich die geschlossenen Läden befanden. Africanus trat als Erster ein, stolperte in der Dunkelheit über etwas und öffnete die Läden. Die Nachmittagssonne flutete über ein Chaos aus verstreuten Kleidungsstücken und umgestürzten Möbeln. Africanus schaute sich bestürzt um. »Damit habe ich nichts zu tun – ich schwöre es.«
    Attilius nahm die ganze Szenerie mit einem Blick auf. Es hatte sich nicht viel in dem Zimmer befunden – ein Bett mit einer dünnen Matratze, einem Kissen und einer groben braunen Decke, ein Waschkrug, ein Nachttopf, eine Truhe, ein Schemel –, aber nichts war unberührt geblieben. Sogar die Matratze war aufgeschlitzt worden; ihre Rosshaar-Füllung quoll in Büscheln heraus.
    »Ich schwöre es«, wiederholte Africanus.
    »Schon gut«, sagte Attilius. »Ich glaube dir.« Und das tat er. Da Africanus einen Schlüssel besaß, hätte er kaum das Schloss aufgebrochen

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