Pompeji
zu kümmern. Oder um sonst jemanden.«
Sie bewegte den Handrücken ein paar Mal unter der Nase hin und her, und er begriff, dass sie weinte. »Er tot?«
»Vielleicht nicht.« Attilius gab seiner Stimme einen sanfteren Ton. »Niemand weiß etwas Genaues.«
»Mich von Africanus kaufen, er gesagt. Nicht mehr Hure für jeden. Nur für ihn. Verstehen?« Sie berührte ihre Brust und zeigte auf Attilius, dann berührte sie sich abermals.
»Ja, ich verstehe.«
Er betrachtete Smyrina mit neuem Interesse. Was Exomnius geplant hatte, war nicht ungewöhnlich, zumal in diesem Teil Italiens. Wenn die ausländischen Seeleute nach fünfundzwanzig Dienstjahren die Flotte verließen und die römische Staatsbürgerschaft erhielten, war das Erste, was sie mit ihrem Entlassungsgeld taten, dass sie den nächstgelegenen Sklavenmarkt aufsuchten und sich eine Frau kauften. Die Prostituierte hatte sich hingehockt, hob die verstreuten Kleidungsstücke auf, faltete sie zusammen und legte sie in die Truhe. Und vielleicht war das ein Punkt zu Exomnius' Gunsten, dachte er, dass er sich für sie entschieden hatte und nicht für eine Jüngere und Hübschere. Möglicherweise hatte er jedoch auch gelogen und nie die Absicht gehabt, ihretwegen zurückzukommen. Wie auch immer: Die gemeinsame Zukunft mit ihrem Hauptkunden hatte sich mehr oder weniger in Luft aufgelöst.
»Er hatte das Geld, nicht wahr? Genug Geld, um dich zu kaufen? Nur, wenn man dieses Zimmer sieht, kann man es kaum glauben.«
»Nicht hier.« Sie setzte sich auf die Hacken und schaute verächtlich zu ihm auf. »Hier Geld nicht sicher. Geld versteckt. Viel Geld. Irgendwo. Niemand es finden, er gesagt. Niemand.«
»Jedenfalls sieht es so aus, als hätte jemand es gesucht.«
»Geld nicht hier.«
Sie war sich ihrer Sache sicher, und er dachte: Ja, ich wette, du hast das Zimmer oft genug selbst durchsucht, wenn er nicht in der Nähe war. »Er hat dir wohl nicht gesagt, wo er es versteckt hat?«
Sie starrte ihn an. Ihr zinnoberfarbener Mund stand weit offen, und plötzlich senkte sie den Kopf. Ihre Schultern bebten. Anfangs dachte er, sie weinte, aber als sie den Kopf hob, sah er, dass ihr Lachtränen in den Augen standen. »Nein!« Sie schaukelte vor und zurück. Ihre Vergnügtheit ließ sie fast mädchenhaft aussehen. Sie klatschte in die Hände. Das war das Komischste, das sie je gehört hatte, und er musste ihr beipflichten: Der Gedanke, dass Exomnius einer von Africanus' Huren anvertraute, wo er sein Geld versteckt hatte – das war komisch. Er lachte selbst, dann schwang er die Beine vom Bett.
Es hatte keinen Sinn, hier noch mehr Zeit zu vergeuden. Auf dem Treppenabsatz warf er einen Blick zurück. Sie hockte in ihrem geschlitzten Kleid immer noch auf den Hacken und drückte eine von Exomnius' Tuniken an ihr Gesicht.
Attilius eilte auf dem Weg, den er gekommen war, zurück durch die düstere Nebenstraße, und er dachte, das muss Exomnius' gewöhnlicher Weg von dem Bordell zum Castellum aquae gewesen sein. Das muss er gesehen haben, wann immer er hierher kam – die Huren und die Betrunkenen, die Urinpfützen und das zu Krusten gebrannte Erbrochene in der Gosse, die Schmierereien an den Mauern, die kleinen Priapus-Statuen neben den Hauseingängen, mit riesigen Penissen, an deren Enden Glöckchen zur Abwehr des Bösen bimmelten. Und woran dachte Exomnius, als er diesen Weg zum letzten Mal ging? An Smyrina? An Ampliatus? An die Sicherheit seines versteckten Geldes?
Er hatte das Gefühl, verfolgt zu werden, und schaute über die Schulter zurück, aber niemand schenkte ihm irgendwelche Aufmerksamkeit. Dennoch war Attilius froh, als er die breite Hauptstraße und die Sicherheit ihrer gleißenden Helle erreicht hatte.
Die Stadt war nach wie vor wesentlich stiller, als sie es am Morgen gewesen war, weil die Sonnenhitze die meisten Menschen von den Straßen fern hielt, und er kam auf seinem Weg hinauf zum Vesuvius-Tor schnell voran. Als er sich dem kleinen Platz vor dem Castellum aquae näherte, konnte er die Ochsen und die mit Material und Werkzeug beladenen Karren sehen. Ein paar Männer lagerten vor einer Schenke auf der Erde und lachten über etwas. Das Pferd, das er gemietet hatte, war an einen Pfahl angebunden. Und hier war Polites – der getreue Polites, der vertrauenswürdigste Mann seiner Truppe –, der auf ihn zukam.
»Du warst lange fort, Aquarius.«
Attilius ignorierte den vorwurfsvollen Ton. »Jetzt bin ich jedenfalls hier. Wo ist Musa?«
»Noch nicht
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