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Poor Economics

Poor Economics

Titel: Poor Economics Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abhijit Banerjee , Esther Duflo
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Rahmen desselben Programms in Bihar, wo die Freiwilligen in die Klassen gegangen waren, zeigten diese den Kindern, die bereits lesen konnten, auch, wie man seine Lesefertigkeit nutzen kann, um zu lernen, und die Kinder lernten nachweislich mächtig dazu. Pratham nennt das Reading
to Learn (»Lesen, um zu lernen«), in Fortsetzung des grundsätzlicheren Learning to Read (»Lesen lernen«). In den Charterschulen arbeiten überwiegend junge, engagierte Lehrkräfte, ihre Hilfe kommt vor allem den Schülern der Primar- und der unteren Sekundarstufe spürbar zugute.
    Drittens könnte man sehr viel gewinnen, wenn man Lehrpläne und Klassen so umorganisieren würde, dass es Schülern erlaubt wird, in ihrem eigenen Tempo zu lernen, bzw. dass sich die Kinder, die hinterherhinken, auf die Grundfertigkeiten konzentrieren dürfen. Die Kinder nach ihren Fähigkeiten einzuteilen ist ein Weg. Die bereits erwähnte kenianische Studie untersuchte zwei Möglichkeiten, Schüler einer ersten Klasse auf zwei Klassen zu verteilen. Einmal wurden die Kinder einer Klasse zugelost, im anderen Fall wurden die Kinder nach dem, was sie bereits konnten, einer der beiden Klassen zugeteilt. Bei dem zweiten Verfahren konnten die Lehrer besser auf die Bedürfnisse ihrer Schüler eingehen und alle Schüler entwickelten sich – unabhängig von ihrem jeweiligen Ausgangsniveau – besser. Und diese Verbesserungen hielten sich: Am Ende der 3. Klassen zeigten die Kinder, die man in der 1. oder 2. Klasse gemäß ihren Fähigkeiten einer neuen Klasse zugeteilt hatte, immer noch bessere Leistungen als die, die zufällig zusammengewürfelt worden waren. 39 Alternativ könnte man nach anderen Wegen suchen, um den Unterricht den Bedürfnissen der einzelnen Schüler anzupassen. Beispielsweise indem man die Klassengrenzen durchlässiger macht, so dass ein Kind, das vom Alter her in die 5. Klasse gehört, in einigen Fächern aber auf dem Stand der 2. Klasse ist, den entsprechenden Unterricht besuchen kann, ohne stigmatisiert zu werden.
    Ganz allgemein wäre schon viel gewonnen, wenn man die unrealistischen Erwartungen, die alle hegen, korrigieren könnte. In Madagaskar gab es ein Programm, bei dem man den Eltern einfach nur sagte, wie viel jemand mit einem ähnlichen Hintergrund wie ihre Kinder pro absolviertem Schuljahr mehr verdient. Das führte zu beträchtlichen Verbesserungen der Testergebnisse; in Fällen, in denen die Eltern die Auswirkungen von Bildung
unterschätzt hatten, waren die Verbesserungen sogar doppelt so hoch. 40 Zuvor war eine solche Studie in der Dominikanischen Republik mit Schülern einer Highschool durchgeführt worden – mit ganz ähnlichen Ergebnissen. 41 Da es im Prinzip nichts kostet, wenn Lehrer entsprechende Informationen an die Eltern geben, ist dies von allen bislang untersuchten Maßnahmen zur Verbesserung der schulischen Leistungen die billigste.
    Es könnte sich auch lohnen, Schülern wie Lehrern Ziele zu setzen, die zeitlich näher liegen. Dann bräuchten sie sich nicht länger auf ein ungewisses Ergebnis in einer fernen Zukunft zu fixieren. Ein kenianisches Programm gewährte Mädchen, die bei den Prüfungen zu den besten 15 Prozent zählten, ein Stipendium von 20 PPP-USD für das nächste Schuljahr. Mit dem Erfolg, dass sich nicht nur die Leistungen der Mädchen deutlich verbesserten, sondern sich auch die Lehrer (die unter dem Druck standen, den Mädchen zu helfen) mächtig ins Zeug legten, was dazu führte, dass die Jungs ebenfalls besser wurden, obwohl ihnen kein Stipendium winkte. 42 In den USA führten Anreize für das Erreichen weit gesteckter Ziele (wie etwa gute Noten) bei den Schülern nicht zum Ziel, doch Belohnungen für das Lesen von Büchern erwiesen sich als hocheffektiv. 43
    In Anbetracht der Tatsache, dass gute Lehrer Mangelware sind und Informationstechnik ständig billiger wird, scheint es nur vernünftig, Letztere häufiger einzusetzen. Die Nutzung von technischen Mitteln im Unterricht ist im Bildungsestablishment nicht überall gut angesehen. Doch diese Meinung gründet sich im Wesentlichen auf die Erfahrungen in reichen Ländern, wo die Alternative zum Lernen mit dem Computer in aller Regel das Lernen mit einem gut ausgebildeten und motivierten Lehrer ist. In armen Ländern stellt sich, wie wir gesehen haben, die Situation häufig ganz anders dar. Und in der Tat sind die wenigen Erfahrungen, die wir damit in Entwicklungsländern gemacht haben, durchaus positiv. Wir haben eine Studie mit einem

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