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Poor Economics

Poor Economics

Titel: Poor Economics Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abhijit Banerjee , Esther Duflo
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computergestützten Lernprogramm ausgewertet, das Pratham in den frühen 2000er Jahren in den öffentlichen Schulen in Vadodara eingesetzt
hatte. Das Programm war ganz einfach. Je zwei Dritt- und Viertklässler durften ein Computerspiel spielen. Im Rahmen dieses Spiels mussten sie mathematische Probleme lösen, die immer ein bisschen schwieriger wurden. Wenn sie die richtige Lösung fanden, durften die Gewinner eine Ladung Müll in den Weltraum schießen (das Spiel war alles andere als politisch korrekt). Obwohl die Kinder nur zwei Stunden pro Woche spielen durften, waren ihre Verbesserungen in den Mathe-Tests ebenso groß wie die, die mit einigen der erfolgreichsten Unterrichtsmaßnahmen erzielt wurden, die man in verschiedenen Studien im Lauf der Jahre getestet hatte. Und das funktionierte durch die Bank: Die leistungsstärksten Kinder verbesserten sich ebenso wie die schwächsten. Das zeigt den großen Vorteil des Lernens mit dem Computer: Jedes Kind kann das Programm in seinem eigenen Tempo durcharbeiten. 44
    Mit unserer Botschaft, die Erwartungen herunterzufahren, sich auf die Kernkompetenzen zu konzentrieren und Computer in Ergänzung zum (oder wenn nötig auch als Ersatz für einen) Lehrer einzusetzen, stoßen wir manche Bildungsexperten vor den Kopf. Ihre Reaktion ist verständlich, schließlich scheinen wir ein zweigleisiges Bildungssystem vorzuschlagen: eines für die Kinder der Reichen, die zweifellos auf höchstem Niveau in teuren Privatschulen unterrichtet werden, und eines für den Rest. Dieser Einwand ist nicht ganz unberechtigt, aber leider existiert diese Zweiteilung bereits – mit dem Unterschied, dass das gegenwärtige System dem überwiegenden Teil der Kinder so gut wie nichts bietet. Wenn die Lehrpläne radikal vereinfacht würden, wenn die Lehrer den klaren Auftrag erhielten, jedem einzelnen Kind genau diese Inhalte zu vermitteln, und wenn Kinder all das in ihrem eigenen Tempo lernen dürften, wenn nötig mit Wiederholungen, dann hätten die meisten Kinder etwas von den in der Schule verbrachten Jahren. Und die Begabteren hätten tatsächlich eine Chance, ihre Talente zu entdecken. Es ist richtig, dass es sie einige Mühe kosten würde, denselben Stand zu erreichen wie die Kinder, die auf Eliteschulen gehen können, aber wenn sie lernen,
an sich selbst zu glauben, dann haben sie eine Chance, erst recht wenn das System dazu bereit ist, ihnen dabei zu helfen. 45 Anzuerkennen, dass Schulen den Schülern dienen müssen, die sie haben, und nicht denen, die sie vielleicht gerne hätten, wäre der erste Schritt in Richtung eines Schulsystems, das jedem Kind eine Chance gibt.

TEIL 2
Das institutionelle und gesellschaftliche Umfeld

6 Barfüßige Hedgefonds-Manager
    Risiken sind im Leben der Armen allgegenwärtig. Oft führen sie kleine Läden, betreiben im kleinen Stil Landwirtschaft oder verdingen sich als Gelegenheitsarbeiter, ohne die Sicherheiten, die eine feste Anstellung bietet. In ihrem Leben kann eine unfreiwillige Arbeitsunterbrechung fatale Folgen haben.
    Im Sommer 2008 lebte Ibu Tina mit ihrer kranken Mutter, ihren zwei Brüdern und vier Kindern zwischen drei und neunzehn Jahren in einem winzigen Haus in Cica Das, dem riesigen Slum der indonesischen Stadt Bandung. Die drei jüngeren Kinder gingen zumindest offiziell zur Schule, das älteste hatte abgebrochen. Die beiden unverheirateten Brüder, ein Tagelöhner auf dem Bau und ein Taxifahrer, konnten die Familie gerade so über Wasser halten, aber eigentlich war nie genug Geld da für Schulgeld, Essen, Kleidung für die Kinder oder Medikamente für die alte Mutter.
    Doch das war nicht immer so gewesen. In ihren jungen Jahren hatte Ibu Tina in einer Kleiderfabrik gearbeitet, nach ihrer Heirat half sie ihrem Mann in dessen Bekleidungsgeschäft. Sie hatten vier Angestellte, und das Geschäft lief gut. Die Probleme begannen, als ihnen ein Geschäftspartner, dem sie vertrauten, einen ungedeckten Scheck über 20 Millionen Rupien (3750 PPP-USD) andrehte. Sie gingen zur Polizei, doch die Beamten verlangten erst einmal 2,5 Millionen Rupien Schmiergeld, ehe sie sich bequemten, mit den Ermittlungen zu beginnen. Nachdem das Geld gezahlt war, verhafteten sie den Betrüger. Der kam für eine Woche ins Gefängnis, wurde aber freigelassen, als er versprach, seine Schulden zu bezahlen. Er zahlte vier Millionen Rupien an Ibu
Tina (von denen die Polizei noch einmal zwei Millionen für sich beanspruchte) und versprach, den Rest nach und nach zurückzuzahlen.

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