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Poor Economics

Poor Economics

Titel: Poor Economics Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abhijit Banerjee , Esther Duflo
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tatsächlich so dringend erforderlich war, wenn er gerade kein Geld im Haus hatte. Und wenn wirklich etwas gekauft oder bezahlt werden musste, dann schlachtete er ein Huhn oder arbeitete noch etwas härter als Fahrradtaxifahrer (sein Nebenjob, wenn es die Arbeit auf den Feldern zuließ). Obwohl die Modimbas noch nie Dünger im Voraus gekauft hatten, teilten sie Wycliffes Auffassung. Wenn sie ein Problem, aber kein Geld hätten
(sagen wir, weil sie Dünger angeschafft hatten), dann würden sie sich etwas einfallen lassen – vielleicht etwas bei Freunden leihen oder »das Problem aufschieben«, aber sicher nicht den Dünger verkaufen. Sie meinten, für sie wäre es nicht schlecht, wenn man sie zwingen würde, nach anderen Lösungen zu suchen, statt das zu Hause liegende Geld aufzubrauchen.
    Um Leuten wie den Modimbas zu helfen, entwickelten Esther, Michael Kremer und Jonathan Robinson ein Programm, das sie Savings and Fertilizer Initiative (SAFI) nannten. Direkt nach der Ernte, wenn die Bauern Geld haben, erhalten sie die Möglichkeit, einen Gutschein für Dünger zu erwerben. 6 ICS Africa, eine niederländische Nichtregierungsorganisation, die in der Region aktiv ist, setzte das Programm um. Die Düngemittel wurden zum Marktpreis verkauft, aber ein ICS-Mitarbeiter suchte die Bauern zu Hause auf, um ihnen die Gutscheine zu verkaufen, und der Dünger wurde ihnen dann gebracht, wenn sie ihn haben wollten. Durch das Programm stieg der Anteil der Bauern, die Dünger verwendeten, um mindestens 50 Prozent. Damit war es erfolgreicher als der Versuch, die Düngemittel für den halben Preis anzubieten. Wie Michael und Anna Modimba und Wycliffe Otieno es vorhergesagt hatten, kauften die Bauern sehr gerne Dünger, wenn er ihnen zum richtigen Zeitpunkt vor die Tür gestellt wurde.
    Aber damit war noch immer nicht erklärt, warum sie den Dünger nicht von sich aus kauften. Die große Mehrheit der Bauern, die Gutscheine erworben hatten, löste ihn sofort ein und hoben den Dünger für den späteren Einsatz auf. Mit anderen Worten, wenn sie den Dünger erst einmal hatten, verkauften sie ihn nicht mehr – ganz so wie Wycliffe Otieno gesagt hatte. Aber wenn die Bauern wirklich Dünger haben wollten, warum gingen sie dann nicht los und kauften sich selber welchen? Wir fragten die Modimbas, und die erklärten uns, dass die Läden direkt nach der Ernte oft keinen Dünger vorrätig hätten, sondern ihn erst später bekämen, kurz vor der nächsten Aussaat. Michael Modimba formulierte es so: »Wenn wir Geld haben, haben sie keinen Dünger.
Wenn sie Dünger haben, haben wir kein Geld.« Für Wycliffe Otieno stellte sich das Problem nicht in dieser Form: Weil er als Fahrradtaxifahrer ständig in der Stadt unterwegs war, konnte er regelmäßig nachfragen, ob Dünger hereingekommen war, und ihn dann in dem Laden kaufen, der ihn gerade zufällig hatte. Für die Modimbas war das Nachfragen in Läden sehr viel schwieriger. Sie lebten etwa eine Stunde Fußmarsch von der nächsten Stadt entfernt und kamen nicht oft dorthin. Allein wegen der kleinen Unbequemlichkeit, dass sie die Anlieferung von Dünger in Erfahrung bringen mussten (indem sie einen Freund baten, im Laden nachzufragen, oder selbst dort anriefen), waren ihre Ersparnisse und ihre Erträge nicht so hoch, wie sie sein könnten. Mit unserer Intervention haben wir nichts anderes getan, als dieses geringfügige Hindernis auszuräumen.
    Sparen und Disziplin
    Wie die Erfahrungen der indischen Gemüseverkäufer und der kenianischen Bauern zeigen, scheint das Sparen vielen Menschen schwerzufallen, selbst wenn sie gute Möglichkeiten dazu hätten. Das legt den Gedanken nahe, dass das Sparen nicht allein von äußeren Bedingungen verhindert wird, sondern dass das Problem zumindest teilweise in der menschlichen Psyche begründet sein muss. Die meisten von uns können sich sicher gut daran erinnern, wie sie einmal versucht haben, ihren erbosten Eltern zu erklären, dass sie einfach nur so neben der Plätzchendose gesessen haben und die Plätzchen irgendwie verschwunden sind. Sicher wussten wir, dass wir Ärger bekommen würden, wenn wir die Plätzchen essen, aber die Versuchung war zu groß.
    Im Kapitel 3 über Gesundheit und Prävention haben wir darüber gesprochen, dass das menschliche Gehirn mit Gegenwart und Zukunft sehr unterschiedlich umgeht. Kurz gesagt, haben wir anscheinend zwar eine Vorstellung davon, wie wir in der Zukunft handeln sollten, doch die deckt sich oft nicht mit unserem

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