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Poor Economics

Poor Economics

Titel: Poor Economics Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abhijit Banerjee , Esther Duflo
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Kühlschranks oder die Finanzierung eines Dachs), ist es das Beste, in einen ROSCA einzutreten, dessen Spartopf genau die Größe hat, mit der Sie dieses Ziel erreichen können: Sobald Sie sich diesem Sparclub angeschlossen haben, müssen Sie nämlich wöchentlich oder monatlich einen bestimmten Betrag einzahlen, und wenn Sie mit dem Topf an der Reihe sind, erhalten Sie genau so viel Geld, wie Sie für den Kauf Ihres Wunsches brauchen, und Sie können ihn sich sofort erfüllen, ohne dass Ihnen das Geld durch die Finger rinnt. Ein Haus Stein um Stein zu bauen ist eine andere Möglichkeit, die Ersparnisse fest und sicher anzulegen.
    Wenn es mit unserer Selbstdisziplin nicht sehr weit her ist, kann es sich lohnen, jemanden dafür zu bezahlen, uns zum Sparen zu zwingen. Beispielsweise könnten wir das Risiko auf uns nehmen, dass der Regen den Mörtel aus unserer frisch errichteten Mauer wäscht, nur damit wir das Geld dafür nicht weiter in der Hand halten und womöglich auf die verrückte Idee kommen, damit eine große Party zu veranstalten. Es klingt zwar absurd, aber es gibt Kunden von Mikrofinanzinstituten, die Geld leihen, um zu sparen. Im Slum von Hyderabad sind wir einer Frau begegnet, die sich bei Spandana 10 000 Rupien (621 PPP-USD) geliehen und den gesamten Darlehensbetrag sofort auf ein Sparkonto eingezahlt hatte. Damit hatte sie Kreditzinsen in Höhe von 24 Prozent jährlich an Spandana zu leisten, während sie für ihr Sparguthaben etwa 4 Prozent bekam. Als wir sie fragten, warum das für sie sinnvoll sei, erklärte sie, ihre jetzt sechzehnjährige Tochter solle in zwei Jahren heiraten. Die 10 000 Rupien seien für die Mitgift vorgesehen. Als wir weiter fragten, warum sie das Geld, das sie für den Kredit an Spandana aufbringen muss, nicht gleich jede Woche auf ihr Sparkonto einzahle, sagte sie, das sei schlicht unmöglich: Es komme immer irgendetwas dazwischen.
    Immer noch etwas verwirrt über dieses ziemlich ungewöhnliche Arrangement stellten wir Fragen über Fragen. Das lockte eine Gruppe anderer Frauen an, die wegen unserer Unwissenheit
sichtlich amüsiert waren. Ob wir denn nicht wüssten, dass das ganz normal sei? Der springende Punkt war, wie wir schließlich erfuhren, dass die Verpflichtung, die Schulden bei Spandana abzubezahlen (die ja ansonsten eingetrieben würden), den Schuldnern eine Disziplin aufzwingt, die sie sonst nicht aufbringen würden.
    Aber natürlich sollten Menschen nicht 20 Prozent oder mehr pro Jahr bezahlen müssen, nur damit sie sparen können. Finanzprodukte, die zwar ähnlich verpflichtend sind wie Mikrokreditverträge, aber ohne die damit einhergehenden Zinsen, sollten daher für viele Menschen eine große Hilfe darstellen. Eine Forschergruppe entwickelte ein solches Finanzprodukt in Zusammenarbeit mit einer Bank, die auf den Philippinen für Arme arbeitet: 8 Es handelte sich um ein neuartiges Sparkonto, das auf die Sparziele des jeweiligen Kunden zugeschnitten war. Das Ziel konnte entweder ein Betrag oder ein Zeitpunkt sein, und der Kunde musste sich verpflichten, nichts abzuheben, bis der Betrag oder der Zeitpunkt erreicht war. Der Kunde entschied, welches Sparziel er auf welche Art und Weise erreichen wollte. Die Bedingungen wurden einmal festgelegt und konnten dann nicht mehr geändert werden. Die Zinsen für dieses Konto waren nicht höher als die für ein normales Konto. Das neuartige Konto wurde einer zufällig ausgewählten Gruppe von Kunden angeboten. Einer von vier nahm das Angebot an. Von diesem Viertel entschieden sich mehr als zwei Drittel für das Zeitziel und die anderen für die Sparsumme als Ziel. Nach einem Jahr waren die Sparguthaben derjenigen, denen man das Spezialkonto angeboten hatte, im Schnitt 81 Prozent höher als die von Leuten, denen diese Möglichkeit nicht vorgestellt worden war – und das, obwohl nur ein Viertel derer, die das Angebot erhalten hatten, auch ein Konto eröffneten. Wahrscheinlich hätte der Effekt sogar noch größer ausfallen können, denn es gab zwar die Verpflichtung, kein Geld abzuheben, aber keinen Anreiz für die Kunden, weiteres Geld einzuzahlen, daher ruhten viele der Konten nach ihrer Eröffnung.
    Dennoch entschieden sich die meisten Leute, dieses spezielle
Angebot nicht anzunehmen. Sie wollten sich einfach nicht verpflichten, kein Geld abzuheben, bis das Sparziel erreicht war. Dasselbe Problem sahen Pascaline Dupas und Jonathan Robinson in Kenia: Viele nutzten die angebotenen Konten am Ende nicht, einige mit der

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