PopCo
gleich darauf steht eine Stereoanlage im Zimmer, daneben ein zufällig bestückter Stapel CDs. Bett, Stuhl
und Fußboden sind übersät mit Kleidungsstücken und Einkaufstüten verschiedener Modeläden. «Als Nächstes wurden Artikel genannt,
die mit Musik und Stars zusammenhängen.» Plötzlich gibt es auch Poster und Klatsch- und Modezeitschriften im Zimmer. «An nächster
Stelle stehen Kosmetikprodukte.» Ein Fön, Schmink- und Haarpflegeartikel und verschiedene Hautreinigungsprodukte materialisieren
sich. Inzwischen kann man das Zimmer schon als unordentlich bezeichnen. «Danach Handys.»Ein kleines, ultramodernes Handy erscheint auf dem Bild: Es hängt gleich neben dem Fön am Ladegerät. «Aber dann, noch sehr
weit oben auf der Liste, kommen die Kuscheltiere.» Ein paar Leute im Raum applaudieren ein bisschen, als das Bild sich erneut
verändert und jetzt Teddybären, Beanie Babies, Finbar’s Friends und andere Markenplüschtiere auftauchen. «Bei jungen Mädchen
steht die Plüschtiersammlung sehr viel weiter oben auf der Prioritätenliste als Spielkonsolen, Puppen, Bücher, Computer, Fernsehen
und andere Accessoires. Was sagt uns das?»
Er legt die Konsole, mit der er die Bilder steuert, beiseite und kommt in den Raum hinein.
«Zunächst einmal spielen für Mädchen dieser Altersgruppe Muttergefühle eine große Rolle. Die allermeisten geben an, einmal
Kinder haben zu wollen. Wir konnten viele Träumereien ausmachen, die sich um Fürsorge und Verantwortung drehen. Viele der
Mädchen haben immer ein Kuscheltier bei sich, das sie im Schulspind aufbewahren, als Schlüsselanhänger verwenden oder außen
am Rucksack hängen haben. Wir konnten auch einen gewissen Trend zu Rucksäcken und kleineren Taschen beobachten, die ihrerseits
Plüschtierform haben. Dieser Trend wird sich vermutlich noch ausweiten. Im japanischen Kulturraum wird traditionell alles
geschätzt, was ‹niedlich› ist. Hier bei uns in Europa kamen Kuscheltiere bislang meist in Verbindung mit Accessoires und Kleidungsstilen
zum Einsatz, die sich einer Ästhetik aus dem Punkumfeld verschrieben haben beziehungsweise der Subkulturbewegung, die wir
heute als Post-Punk oder Ska bezeichnen. In anderen Kulturen, vor allem in Japan und auch in einigen skandinavischen Städten,
fungiert das Kuscheltier oft als Gegenpol zum Technologiewahn, vor allem in Hinblick auf Handys und MP 3-Player , und trägt dazu bei, eine Art Cyborg mit Muttergefühlen zu kreieren: ein junges Mädchen, das seine natürlichenTriebe mit dem Konsumentendrang nach den allerneuesten Produkten zu kombinieren versucht. Den Mädchen gelingt es also, jugendlichen
Rebellionsgeist und Konsumdenken mit einer ganz ehrlichen – in manchen Fällen auch ironischen – Verbeugung vor dem Mütterlich-Fürsorglichen
zu verbinden.
Weich, niedlich, zum Liebhaben, zum Kuscheln, goldig, süß, klein, herzig, Baby, hilflos
: Das sind für diese Altersgruppe lauter positiv besetzte Begriffe. Verschiedentlich konnten wir feststellen, dass die Mädchen
diese Begriffe durchaus auch gern für sich selbst verwenden. Haben sie also nur fürsorgliche Gefühle für die süßen, kleinen
Spielzeugwesen, oder identifizieren sie sich womöglich auch mit ihnen? Sie wissen sicher alle, dass einer der wenigen Spielzeug-Hypes,
der auch junge Mädchen ergriffen hat, das Tamagotchi der Neunziger war. Tamagotchis konnten das Bedürfnis der Mädchen befriedigen,
für ein anderes Lebewesen zu sorgen, obwohl der Hype natürlich etliche Probleme mit sich brachte und sich folglich nicht gehalten
hat. Auch bei Freundschaftsmustern können wir beobachten, dass der Drang, für jemand anderen zu sorgen, das Bedürfnis, selbst
versorgt zu werden, bei weitem überwiegt. ‹Ich will für meine Freundinnen da sein, wenn sie mich brauchen› – diesen Satz haben
wir von den Mädchen aus unserer Erhebungsgruppe auffallend häufig gehört.»
Esther sieht mich von der Seite an. «Ich könnte mich gerade vor Langeweile erschießen», flüstert sie. Dan schreibt eifrig
mit. Ich drehe mich um und sehe hinter mir Ben und Chloë, die beide mit hochkonzentrierter Miene lauschen, obwohl Chloë dabei
die Stirn runzelt.
«Interessant ist auch, dass diese Mädchen in der Regel kein Konkurrenzdenken zeigen», fährt Furlong fort. «Das würde man so
erst einmal nicht erwarten. Junge Mädchen gelten als zickig, sind bekannt dafür, andere fertigzumachen und so ziemlich alles
dafür zu
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