PopCo

zauberkundige
     Frauen, die mit dunklen Mächten in Kontakt stehen. Es schmerzt, daran zu denken. Es hatte so etwas Tröstliches, die Heldin
     einer Phantasiewelt zu sein und morgens um drei noch mit einer großen Packung Schokorosinen und literweise Tee auf dem Sofa
     zu hocken.
    Bevor ich die Rollenspiele entdeckte, hatte ich mich nie groß für Videospiele interessiert. Es war ein trauriger, verregneter
     Samstag, das weiß ich noch. Ich stand in unserem Woolworth, auf der Suche nach einem Spiel für die neue Konsole, die ich gekauft
     hatte, um mich damit zu trösten. Genau dafür musstesie doch da sein, wenn man nach dem lateinischen Wortstamm ging. Konsole.
Consolatio
. Das sagte ich mir immer wieder vor. Meine Consolatio-Konsole. Und während draußen der Regen auf die dreckigen Südlondoner
     Straßen prasselte, verwarf ich ein Spielkonzept nach dem anderen, bis schließlich nur noch eines übrig war, das ich kaufen
     konnte. All die Ideen, die vielleicht über drei oder vier Jahre hinweg entwickelt worden waren und mit ausgeklügelten Vermarktungsstrategien
     und den besten Fokusgruppenergebnissen einhergingen, wurden von mir ohne viel Federlesens aussortiert.
Zu amerikanisch. Zu verspielt. Nicht verspielt genug.
Ich musste an die Otaku aus Japan denken, Jugendliche, die sich in ihren Zimmern verschanzen und vor der Welt verstecken,
     und weil dieses Konzept dem, was ich selbst anstrebte, recht nahe kam, entschied ich mich für ein Spiel, von dem ich glaubte,
     dass es auch einem weltfremden japanischen Jugendlichen mit Sozio- und Agoraphobie gefallen könnte. Ich suchte mir das bonbonbunteste
     Spiel aus: quietscheentchengelb, mintgrün, babyrosa und himmelblau. Hinten auf der Verpackung waren Helden mit Punkfrisuren
     und seltsame Fabeltiere abgebildet, und kurze Zeit später war ich so damit beschäftigt, Waffen und Rüstungen anzupassen und
     zu lernen, auf fremdartigen gelben Vögeln zu reiten, dass für Sorgen gar kein Platz mehr war. Ich lebte in einer zweidimensionalen
     Welt mit einem Durchmesser von fünfzehn Zoll, die ich nie wieder abschalten wollte.
    Die anderen reden immer noch über das Spiel, das Ben und Chloë entwickeln.
    «Und welches böse Ziel verfolgt ZoTech?», fragt Dan gerade. «Ich nehme doch mal an, dass diese Typen ein böses Ziel verfolgen.»
    «Na klar», sagt Chloë. «Also, das ist so   …»
    «Es geht um die übliche Geschichte mit der Weltherrschaft», unterbricht Ben sie. «ZoTech ist ein korruptes Unternehmen,das Terra in seine Gewalt bringen will. Sie haben supergefährliche chemische Waffen entwickelt, um damit weitere Gebiete zu
     besetzen, aber allein das Waffenprogramm hat Terra schon aus dem Gleichgewicht gebracht. Das interessiert die ZoTech-Leute
     natürlich kein bisschen. Die natürlichen Ressourcen von Terra sind ohnehin mehr oder weniger aufgebraucht, seit ZoTech angefangen
     hat, nach den Verlorenen Elementen zu graben, um sie für die neue Waffentechnologie zu verwenden   …»
    «Was sind denn die Verlorenen Elemente?», fragt Hiro.
    «Feuer, Wasser, Luft, Strom, Eis, Erde, Träume, Geist und Magie», sagt Chloë mit ihrer sanften Stimme. «Die Geschichte fängt
     damit an, dass die Menschen, die auf Terra leben, die Kräfte missbraucht haben, die ihnen zu Anbeginn der Zeit geschenkt wurden,
     und das hat dazu geführt, dass ihnen diese Kräfte teilweise genommen und teilweise versteckt wurden. Die Magie ist als Erstes
     verschwunden, danach dann der Geist. Das Ganze spielt in einer Zukunft, in der inzwischen auch die natürlichen Elemente verschwunden
     sind: Eis, Feuer, Luft und so weiter. Und
Sphärenwelt
heißt es deshalb, weil Terra inzwischen genau das ist: eine riesige Biosphäre mit verschiedenen angeschlossenen kleineren
     Kugeln, in denen die Menschen leben und arbeiten. Die Sphären schöpfen ihre Energie aus Träumen. Die Fähigkeit zu träumen
     haben die Menschen zwar auch schon lange verloren, aber es gibt noch ein alteingesessenes Volk von Mutanten, die sich das
     erhalten haben. Auf Terra scheint es kaum jemanden zu interessieren, dass die Angehörigen dieses Volks, die Maki, schon vor
     langer Zeit von ZoTech gefangen genommen wurden, jetzt wie Nutzvieh gezüchtet werden und zum ewigen Schlaf verdammt sind.
     Sie kriegen Medikamente verabreicht, die ihren Träumen noch größere Kraft verleihen. Diese Traumenergie wird dann aufgearbeitet
     und als Treibstoff für die Biosphären verwendet. Wenn in denSphären das Licht flackert, weiß