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PopCo

PopCo

Titel: PopCo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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deine Tasche?», frage ich Dan, als wir den Hügel hinter der Scheune schon halb hinauf sind.
    «In meinem Zimmer», antwortet er. «Ich war auf der Suche nach dir. Du stehst ja auf der Liste.»
    «Und warum fliehen wir?»
    «Uns bleibt nur noch die Flucht», sagt er.
    Neben vielem anderen haben Dan und ich eine Vorliebe für Militär- und Kommandofilme gemeinsam. Bei mir hat das seinenUrsprung in den Kriegsgeschichten, die mein Großvater mir als Kind erzählt hat. Bei Dan bin ich mir nicht ganz so sicher.
     Wenn wir im Büro die Nase voll haben, sagen wir Dinge wie «Uns bleibt nur noch die Flucht» oder «Mission abbrechen». Wir gehen
     nicht miteinander ins Bett, auch wenn manche Leute das glauben. Einmal, als Dan gerade Kabelfernsehen bekommen hatte, haben
     wir uns einen Abend lang gebührenfreie Pornos angeschaut, aber als ich hinterher versuchte, ihn ins Bett zu kriegen, erklärte
     er mir, er sei «eher angeschwult». Ich weiß nicht, was ich mir unter «angeschwult» vorzustellen habe. Jedenfalls sind wir
     nur Freunde.
    «Was ist denn das da oben?», frage ich ihn.
    «Eine alte Bergfestung, laut Karte.»
    «Du hast eine Karte?»
    «Klar. Und einen Kompass. Für alle Fälle.»
    Ich wünschte, ich hätte meine Notfallausrüstung eingesteckt. «Verpassen wir nicht das Mittagessen?»
    «Nein. Wir schauen uns das Ding nur kurz an, dann gehen wir wieder runter.»
    Oben auf dem Hügel liegt ein Haufen Steine, manche zerbrochen und manche noch heil, zu einer Art Kreis geordnet, der womöglich
     auch ein Quadrat ist. Um zu sehen, welche Form es ursprünglich hatte, müsste man höher hinauf, aber natürlich gibt es ringsum
     keinen höher gelegenen Punkt. Das ist ja der Sinn einer Bergfestung.
    «Von hier aus kann man alles überblicken», erklärt mir Dan überflüssigerweise. Das Anwesen sieht von oben aus, als wäre es
     aus PopBrix-Steinen gebaut (unsere Version der Legosteine, obwohl man das natürlich nicht so sagen darf). Ich erkenne das
     große, graue Haupthaus und den kleineren Anbau daneben. Etwas näher zu uns erhebt sich das Dach der Scheune, in der ich untergebracht
     bin: graue Schieferplatten über grauem Backstein. Und überall sonst stehen weitere überdimensioniertePopBrix-Konstruktionen: mehrere alte Scheunen, ein weißes Bauwerk mit flachem Dach, bei dem es sich wohl um die Sporthalle
     handeln dürfte, von der Mac gesprochen hat. Eigentlich ist es ganz sinnvoll, hier oben zu sein, um sich einen Überblick über
     das Grundstück und die nähere Umgebung zu verschaffen. Wobei das mit der näheren Umgebung so eine Sache ist, davon scheint
     es nämlich wenig zu geben. Keine benachbarten Gebäude oder Wohnhäuser weit und breit. Rechts fließt ein kleiner Fluss, links
     führt ein schmaler, rötlichbrauner Pfad vom Anwesen weg. Während wir noch hinunterschauen, kommen zwei Taxis den Pfad entlang,
     in denen vermutlich weitere PO W-Teilnehmer sitzen. Dan scheint der Blick auf Hare Hall schon zu langweilen, denn er macht sich stattdessen daran, einen der Steine zu
     inspizieren. Er legt beide Hände darauf, schließt die Augen, und sein Gesicht nimmt einen leicht gequälten Ausdruck an.
    «Was machst du denn da?»
    «Ich versuche, Verbindung aufzunehmen», erwidert er ganz ernst.
    «Ach du grüne Neune», sage ich lachend.
    «Pst! Ich will mich konzentrieren. Ich werde eins mit dem Stein. Ich sehe   … Kämpfe. Viele Krieger, die den Hang hinaufkommen   … Wir müssen sie aufhalten! Reich mir Pfeil und Bogen! Versteck dich!»
    «Hör schon auf damit. Erzähl mir, was du weißt – ganz im Ernst.»
    Dan taucht wieder aus seiner Trance auf. «Solche Bergfestungen sind charakteristisch für die mittlere bis späte Eisenzeit»,
     sagt er, «etwa von fünfhundert vor bis fünfzig nach Christus. Man vermutet, dass es Anlagen der Kelten sind. Im Dartmoor sind
     mindestens zwölf davon erhalten. Die hier gehört allerdings nicht zu den allgemein bekannten. Diese Bergfestung gehört PopCo.»
    «Du hast ein Buch darüber, stimmt’s?»
    «Na sicher.»
    «Leihst du es mir?»
    «Klarer Fall. Aber nur, wenn du mir sagst, wo du die letzten zwei Wochen gesteckt hast.»
    «Ideenentwicklung, Baby», sage ich. «Überlebenstraining.»
    «Hä?»
    «Erklär ich dir später. Sag mal, wie viel Uhr ist es eigentlich?»
    «Keine Ahnung.»
    «Mist, ich dachte, du hast eine Uhr.»
    «Nö.»
     
    Am Ende schaffen wir es mit höchstens dreißig Sekunden Spielraum gerade noch rechtzeitig zum Mittagessen, das natürlich

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