PopCo
zu Hause zu verbringen und Überlebenstrainingsbücher für mein neues Produkt zu lesen. Ich gehe
nicht allzu sehr ins Detail, weil es für mich eine entspannende und irgendwie auch intime Übung war. Und ich erzähle ihm auch
nicht von meiner Begegnung mit Mac am frühen Morgen. Dan würde sicher völlig ausflippen, wenn er das hört, und darauf habe
ich gerade einfach keine Lust.
Ideenfindung ist ein seltsamer Vorgang. Natürlich gibt es unendlich viele Möglichkeiten, an so was heranzugehen. Wenn normale
Menschen eine neue Idee für ein ganz normales Projekt suchen, etwa eine neue Farbe für die Wohnzimmerwände oder die Blumenauswahl
für die Hochzeit, setzen sie sich einfach hin und warten auf Inspiration oder nutzen allgemein zugängliche Anregungen wie
Zeitschriften oder Schaufenster, um der Inspiration auf die Sprünge zu helfen. Wenn man allerdings in der Ideenbranche arbeitet,
gibt es eine ganze Reihe fortgeschrittener Techniken, die man einfach kennen muss. Man nutzt sie dann nicht nur bei der Arbeit,
sondern auch in alltäglichen Lebenslagen. Man weiß, welche Ergebnisse man von Brainstorming, Matrixsystemen oder Mind-Mapping
erwarten kann, und wenn man Anregungen braucht, greift man auf Trendscouts oder Feldforschungsreisen an abwegige Ortezurück, weil man das eben einfach so macht. Vergangenes Jahr haben in Battersea zwei Frauen nach der Arbeit Single-Seminare
angeboten, bei denen mit Hilfe von Flipcharts, Matrixsystemen und Mind-Maps Ideen entwickelt werden sollten, um den perfekten
Partner zu finden. Das war alles ein bisschen eklig. Dan und ich nannten die zwei die «Fickadellen», was wir damals richtig
lustig fanden.
Es gibt verschiedene Wege, ein guter Ideenfinder zu werden. Der erste und einfachste ist ein angeborenes Talent dafür. Wer
mit so einem Talent zur Welt kommt, wird ein Mensch, der in so ziemlich jeder Lebenslage unweigerlich sagt: «Aber was wäre,
wenn …» Solche Leute haben für jedes Problem die abstrusesten Lösungen parat und stellen schnell fest, dass diese Lösungen für
sie selbst sogar gelegentlich funktionieren. Vielleicht halten sie sich für besonders begünstigt oder glauben sich mit magischen
Kräften gesegnet, dabei sind sie in Wahrheit nur geborene Ideenfinder. Die zweite Möglichkeit, gut im Entwickeln von Ideen
zu werden, besteht darin, so viel wie möglich von dem zu lesen, was die diversen Kreativ- oder Business-Gurus geschrieben
haben, und an Seminaren und Workshops teilzunehmen, die sich entweder nur mit Ideenentwicklung oder, im Normalfall, mit Ideenentwicklung
und Teambuilding befassen. In den Büros und den Privatwohnungen von PopCo-Mitarbeitern liegen viele solcher Bücher herum;
zu den aktuellen Favoriten zählen
Unleashing the Ideavirus
,
Creating Ever-Cool: A Marketer’s Guide to a Kid’s Heart
und
Funky Business
. Inzwischen kommen Ideenfindungstechniken in vielen Branchen zur Anwendung, und häufig wird ein Vermittler hinzugezogen,
der die Mitarbeiter darin unterstützen soll, mehr Zusammenhalt aufzubauen, Geschäftsprobleme zu lösen oder ein neues Produkt
zu entwickeln. Dies ist das Reich der Flipcharts, der Folienschreiber und Lateralrätsel. Und natürlich des Heißluftballonspiels.
Sollten Sie das Heißluftballonspiel noch nie gespielt haben, dann bin ich Ihnen um zwölf Male voraus. Die Ausgangssituation
ist die, dass eine Gruppe von Leuten – das Team – zusammen in einem Heißluftballon unterwegs ist, der plötzlich aus dem Gleichgewicht
gerät und abstürzen wird, wenn nicht ein paar Insassen über Bord geworfen werden. Hauptsächlich dreht sich das Spiel also
darum zu diskutieren, wer gehen muss und wer bleiben darf. Durch dieses erzwungene Mord-/Selbstmordritual soll das Team Zusammenhalt
entwickeln. Es wird weniger verstörend, wenn alle Beteiligten die Rollen irgendwelcher Prominenter oder Politiker übernehmen,
weil man sich dann etwas mehr davon distanzieren kann, ums eigene Leben zu betteln, aber es ist und bleibt eine ziemlich unangenehme
Erfahrung. Und noch dazu eher seltsam für eine Teambuilding-Übung, weil immerhin einige aus der Gruppe zumindest symbolisch
sterben müssen, damit das Team als Ganzes überlebt. Ich habe schon wiederholt gehört, dass das Heißluftballonspiel dann zum
Einsatz kam, wenn Mitarbeiter entlassen werden mussten. Angeblich verwenden manche Firmen es sogar, um ihren Mitarbeitern
klarzumachen, dass ihre Entlassung gerechtfertigt
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