PopCo
meines Bettes, bedenkt
mich mit einem weiteren Lächeln und geht. Warum haben Leute mit Clipboards eigentlich immer so ein strahlendes Lächeln? Vielleicht
sollte ich mir auch ein Clipboard anschaffen.
Ich fühle mich noch genauso schlecht wie gestern, was ich ziemlich frustrierend finde. Es ist ja schön und gut, mal ein, zwei
Tage krank im Bett zu liegen, aber irgendwann verliert das auch seinen Reiz. Ich habe mir alle Mühe gegeben, mir einzureden,
dass es mir bessergeht, aber der Husten ist immer noch da, und mein ganzer Körper fühlt sich so schwer an, dass ich es kaum
durchs Zimmer schaffe, ohne vor Erschöpfung fast zusammenzubrechen. Als ich heute Morgen aufgewacht bin, habe ich getan, was
ich immer tue, wenn ich Grippe habe, und verschiedene kleine Schritte ausprobiert: Atmen, Husten, Aufsetzen. Jedes Mal, wenn
ich krank bin, habe ich diese seltsame Hoffnung, dass ich eines Morgens aufwache und feststelle, dass ich wie durch ein Wunder
genesen bin und der Husten (oder was auch immer) einfach verschwunden ist, als hätte ihn jemand – eine Fee vielleicht oder
sonst ein Zauberwesen – im Schlaf von mir genommen. Heute allerdings hat sich gar nichts verändert. Immerhin kam jemand und
hat mein Bett frisch bezogen, während ich im Bad war, was sehr angenehm ist. Aber das hätte ich auch selber machen können.
Es ist mir unangenehm, dass jemand so etwas für mich tut und auch noch extra für solche Dinge angestellt ist.
John hat die Geräte angeschlossen und hantiert jetzt mit einer Fernbedienung.
«Bitte schön», sagt er und drückt sie mir in die Hand. «Damit können Sie Fernseher und Videorecorder bedienen. Wenn Sie genug
von den Firmenvideos haben und lieber Soaps über Satellit anschauen wollen, drücken Sie einfach den blauen Knopf.» Er grinst
mich an. «Dann mal gute Besserung.» Damit geht er.
Der Stapel mit den glänzenden, irgendwie parfümierten Zeitschriften am Fußende des Bettes macht einen recht instabilen Eindruck.
Ich beuge mich vor und ziehe sie zu mir heran. Essind vielleicht sieben oder acht verschiedene Titel, jeweils in der aktuellsten Ausgabe. An zwei erinnere ich mich noch aus
der Zeit, als ich selbst im Teenageralter war, aber seither hat sich doch einiges verändert. Viele große Frauenzeitschriften
haben inzwischen kleine Schwestern bekommen, die denselben Namen tragen wie das ursprüngliche Produkt, ergänzt durch den Zusatz
«Girl». Und dann gibt es noch ein paar ganz neue Zeitschriften für die entstehende Zielgruppe der Mädchen unter vierzehn,
die auch schon über Popstars, Make-up und Sex informiert werden wollen. Vielleicht doch erst mal die Videos.
Ben hat meine Warmhalteflasche mit heißem Wasser gefüllt; ich mache mir einen grünen Tee und drücke dann «Play» auf der Fernbedienung.
Vor kurzem hat mir jemand erzählt, dass das weltweit verwendete «Play»-Zeichen ▶ eigentlich erst existiert, seit Sony es in
den Sechzigern oder Siebzigern (das wusste derjenige nicht mehr genau) erfunden hat. Inzwischen ist es zum universellen Symbol
geworden. Ich denke nach und finde weitere universelle Symbole: das Papierkorbbildchen auf dem Desktop des Computers, den
durchgestrichenen Lautsprecher zum Stummschalten, die Buchstaben www, das goldgelbe McDonald’s-M, die Buchstaben txt, vorgefertigte
dreieckige Sandwichpackungen und das @-Zeichen. All diese Dinge sind erst im Laufe meines Lebens zu festen Einrichtungen geworden,
zusammen mit Digitalarmbanduhren, Videorecordern, Walkmen, Mikrowellen, Notebooks, Tiefkühlgerichten, Satellitenschüsseln,
CDs, Handys, DVDs, Post-its, Outlet-Zentren, Blogs und auch Fernbedienungen. Ich denke darüber nach, was für heutige Teenager
schon ganz selbstverständlich ist, obwohl vor fünfzehn Jahren noch kein Mensch davon gehört hatte: SMS, E-Mail , Online-Chats. Manche Teenies können sich nicht mal mehr an die Zeit erinnern, als das Internet noch nicht in seiner heutigen
Form existierte und man alles noch in der Bibliotheknachschlagen oder tatsächlich in den Plattenladen gehen und nach der Single fragen musste, die man auf der letzten Fete gehört
hat. Ob ich das alles noch zu meinen Notizen nehmen soll? Irgendwie ist mir das aber zu viel, obwohl das Notizbuch auch hier
auf dem Bett liegt, gleich neben den Zeitschriften und meinem Lippenpflegestift. Vielleicht schreibe ich ein paar Stichpunkte
auf, wenn das Video zu Ende ist.
Es geht bereits los, also schüttele ich mein
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