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PopCo

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Titel: PopCo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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was aus dir werden wird, Alice
. Dabei wollte ich doch nur eine Maus haben. Deshalb frage ich auch gar nicht erst nach einem Hund oder einer Katze.
    Ob er wohl segeln gegangen ist? Haben die Bücher mit seinem Verschwinden zu tun, oder sind sie nur eine falsche Fährte? Dad
     hat oft ganz plötzlich komische Ideen und geht dann in die Bücherei, zum Recherchieren – aber bisher ist eigentlich nie etwas
     dabei herausgekommen. Ist das jetzt die Ausnahme? Wenn ich Glück habe, kommt er einfach wieder. Oder – und darüber denke ich
     nachts oft nach – ich finde heraus, wo er hingegangen ist, suche ihn und bringe ihn zurück. Wenn er von selbst wiederkommt,
     brauchen meine Großeltern nie zu erfahren, was passiert ist. Das ist im Moment mein Plan.
    Mit Porridge muss man aufpassen, weil es heiß ist und richtig gefährlich sein kann. Wenn man etwas davon verschüttet, kann
     einen das fürs Leben zeichnen – wenn man ganz großes Pech hat, sogar im Gesicht. Deshalb schalte ich immer das Gas ab, sobald
     das Wasser mit den Haferflocken ganz genau eineMinute lang gekocht hat (ich zähle die Minute im Kopf:
ein-undzwan-zig, zwei-und-zwan-zig
und immer so weiter, weil meine Digitaluhr keine Stoppfunktion hat), und lasse den Topf abkühlen, bevor ich ihn anfasse. Das
     gehört zu meinen Notfallüberlebensmaßnahmen. Ich mache mir eine Liste davon. Bisher steht darauf:
Nicht auf Stühle klettern. Nicht den Grill benutzen. Keine Stecker ein- oder ausstöpseln, wenn die Steckdose eingeschaltet
     ist.
Ein Freund von Dad hat uns kürzlich erzählt, wie er nach einem elektrischen Schlag «durchs halbe Zimmer geflogen» ist, und
     mir gefällt der Gedanke gar nicht, dass mir so was auch passieren könnte, wenn ich hier alleine bin. Jedes Mal, wenn mir etwas
     einfällt, das mir früher mal jemand verboten hat, kommt es auf die Liste. Das ist mein System. Manchmal muss man Erwachsenen
     auch vertrauen, vor allem dann, wenn sie nicht da sind, um auf einen aufzupassen. Nur mitten in der Nacht lässt meine Entschlossenheit
     manchmal nach. Dann würde ich gern meine Großeltern anrufen, aber die Telefonzelle ist zwei Straßen entfernt, und ich darf
     im Dunkeln nicht alleine raus.
    Ich mache mir Sorgen darüber, wo ich das Geld für den Gas- und den Stromzähler herbekommen soll. Mein Essensgeld ist schon
     fast aufgebraucht. Ich habe es aus dem Sparschwein in meinem Zimmer genommen. Vor zehn Tagen waren es noch sechs Pfund, aber
     komischerweise ist das ganz schnell weniger geworden. Wahrscheinlich war es nicht so gut, dass ich die ersten drei Tage Fish
     and Chips zum Abendbrot gegessen und dann noch ein ganzes Pfund im Süßigkeitenladen ausgegeben habe. Aber wenn keine Erwachsenen
     da sind, die einem sagen, was man kaufen darf und was nicht, ist es auch ziemlich schwierig, sparsam zu sein. Wahrscheinlich
     dürfen Kinder deshalb normalerweise kein Geld verwalten.
     
    Der Staubsauger ist verboten, deshalb benutze ich ihn nicht. Putzmittel darf ich auch keine verwenden. Ich habe noch nie viel
     geputzt. Als Mum noch lebte, habe ich ihr manchmal geholfen, aber danach kam Oma Bailey, um uns «unter die Arme zu greifen»,
     und Oma Bailey hat mich nie mithelfen lassen. «Geh mir aus den Füßen, Alice», hat sie jedes Mal gesagt, wenn ich in ihre Nähe
     kam. Dad kann ziemlich gut putzen, aber wenn er von der Arbeit nach Hause kam, war er immer viel zu müde. Deshalb hat uns
     Oma Bailey ja auch geholfen. Seit Dad seine Stelle verloren hat, kommt sie nicht mehr. Ich war ziemlich froh darüber, aber
     das habe ich nie laut gesagt. Immerhin muss ich mir jetzt nicht auch noch Sorgen machen, dass sie plötzlich hier auftaucht
     – ich habe wirklich schon genug Sorgen. Aber das mit dem Abwasch habe ich die letzten zehn Tage nicht besonders gut hingekriegt.
     Mein größter Fehler war, erst mal vier Tage alles stehen zu lassen, bevor ich es richtig angegangen bin. Und dann kam kein
     heißes Wasser aus dem Hahn. Ich habe immer noch nicht rausgefunden, wie man das Wasser heiß kriegt. Wahrscheinlich hat es
     etwas mit dem roten Knopf am Boiler zu tun, aber Dad hat mir immer verboten, da dranzugehen. Geschirr mit kaltem Wasser abzuwaschen
     ist jedenfalls ziemlich schwierig, obwohl man das auf einem Boot bestimmt auch nicht anders macht.
    Mein Bett ist mein Boot. Ich habe es von der Wand weggeschoben und ein paar Sachen aus dem Bad – zwei Gummienten und einen
     Schwamm, der wie ein Fisch geformt ist – drum herum gelegt, damit es

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