Poppenspael
auf die Eingangstür zu. Aus dem
angehimmelten Puppenspieler ist für sie in der Zwischenzeit
ein verhätscheltes Muttersöhnchen geworden, und sie bucht
ihre Affäre als ein kurzes Strohfeuer ab.
Ronja ist wenige Meter
vor dem Laden, als drinnen das Licht erlischt, sich die
Eingangstür öffnet und eine Schar Frauen ihr
entgegenquillt. Die Gruppe wird angeführt von Hanna Lechner,
dahinter Maria Teske von der Husumer Rundschau, Petra Ørsted
und Susan Biehl, die demonstrativ jeden Blickkontakt mit ihrer
Freundin meidet.
»Frau
Teske!«, begrüßt Ronja übertrieben laut die
Journalistin. »Ich hab Ihren Artikel gelesen, den über
diesen Šemik. Der hat mir, ehrlich gesagt, voll aus der
Seele gesprochen. Wie Sie dieses männliche Gehabe von dem
Typen offengelegt haben, das trifft genau den
Kern.«
Die Pressefrau stutzt,
versucht, die Frau, die sie gerade angesprochen hat, irgendwo
einzuordnen.
»Ronja
Ahrendt«, stellt sich die Krankenschwester vor, als sie die
Unsicherheit von Maria Teske bemerkt. »Wir kennen uns aus dem
letzten Jahr, da haben wir auf dem Festival kurz miteinander
gesprochen.«
»Ah ja, jetzt
erinnere ich mich«, entgegnet Teske. »Schade nur, dass
ich mir mit dem Artikel mächtig Ärger eingehandelt habe.
Herr Šemik fühlte sich herabgewürdigt und hat ein
Riesentheater bei meinem Chef veranstaltet.«
»Rein menschlich
gesehen, kann ich Ihren Artikel ja nachvollziehen, Frau
Teske«, bestätigt Hanna Lechner. »Herr
Šemik ist kein besonders aufmerksamer Mensch, zumindest
unserem Organisationsteam gegenüber, er hat sich sogar
geweigert, an der Gesprächsrunde teilzunehmen. Das hat bis
jetzt noch kein Puppenspieler gemacht.«
»Aber sein
Stück ist grandios, und er hat hervorragend gespielt«,
protestiert Susan Biehl und wirft dabei Ronja einen vernichtenden
Blick zu. »Es geht auf dem Festival ums Puppenspiel und nicht
darum, wie sich ein Puppenspieler uns gegenüber
verhält.«
Die Krankenschwester
ahnt, dass die kleinen Rangeleien mit ihrer Freundin mittlerweile
zu einem handfesten Problem geworden sind.
»Was ist
eigentlich mit der heutigen Gesprächsrunde? Ist die heute auch
wieder im Dante?«, fragt sie und schaut an Susan Biehl
vorbei.
»Ja, gleich im
Dante«, bestätigt Petra Ørsted. »Wir
wollten uns gerade auf den Weg machen.«
»Kommen Sie auch
mit, Frau Teske?«, fragt Hanna Lechner. »Ich
könnte Ihnen gleich Informationen zu den nächsten
Aufführungen geben.«
»Das nützt
mir leider nichts«, erklärt die Pressefrau, »mein
Kollege Siebenhüner übernimmt die weitere
Berichterstattung über das Festival. Ich war heute Abend rein
privat hier, um Ihre Meinung zu meinem Artikel zu
hören.«
»Wir sollten
langsam aufbrechen«, drängelt Hanna Lechner. »Ich
denke, die anderen warten schon auf uns!«
»Nehmen wir den
kurzen Weg durch den Schlosspark?«, fragt Ronja
Ahrendt.
»Natürlich,
wie immer«, meint Petra Ørsted, »oder willst du
ganz durch die Stadt latschen?«
»Dann
verabschiede ich mich schon mal«, sagt die Journalistin.
»Ich geh gleich den Erichsenweg runter, ich muss noch kurz in
die Redaktion, tschüs, die Damen!«
»Oh, Frau Teske,
nehmen Sie mich mit?«, fragt Susan Biehl.
»Susan, was ist
los?«, fragt Petra Ørsted erstaunt. »Du hast
eben noch gesagt, dass du mit ins Dante wolltest.«
»Ich hab’s
mir eben anders überlegt«, antwortet die Sekretärin
schnippisch. »Außerdem bin ich ziemlich müde. Aber
ihr habt doch Ronja dabei, die ist immer
hellwach!«
»Ohne Frage, ich
komm mit«, vermeldet die Krankenschwester, indem sie die
feine Spitze von Susan ignoriert. Sie findet das Verhalten ihrer
Freundin hochgradig pubertär. Von der lass ich mir den Abend
nicht verderben, denkt sie.
Mit einem
»Vielen Dank« drückt die Journalistin Hanna
Lechner kurz die Hand, ruft ein lautes »Tschüs« in
die Runde und eilt Susan Biehl hinterher, die bereits losgegangen
ist. Ronja Ahrendt zögert noch und sieht ihnen nach, in der
Hoffnung, ihre Freundin könne es sich im letzten Moment doch
noch anders überlegen. Hanna Lechner und Petra Ørsted
sind schon auf der anderen Straßenseite und warten an dem
Sandweg, der in den Schlosspark führt.
»Ronja, wo
bleibst du denn?«, ruft Hanna Lechner.
»Bin doch schon
da«, antwortet die Krankenschwester und eilt hinüber.
Das Mondlicht hüllt den Park in ein gespenstisch, nebliges
Licht. Die pechschwarzen Baumstämme wirken wie Dämonen
mit unzähligen Armen, die bewegungslos auf ihre Beute lauern.
Die
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