Poppenspael
sich weniger
anstrengend vorgestellt, aber das Festival-Organisationsteam ist
den ganzen Tag auf den Beinen. Die Veranstaltungsorte der
Pole-Poppenspäler-Tage sind quer über die Stadt verteilt.
Da geht es manchmal ohne Pause vom Schloss ins Nissenhaus,
rüber zum Speicher, ins Rathaus und wieder zurück zum
Husumhus. Aber die Anstrengung ist für sie Nebensache, das
Ganze macht ihr trotz alledem einen Höllenspaß,
besonders die Gespräche mit den Künstlern sind jedes Mal
ein Highlight. Dummerweise hat der Streit mit Ronja ihre
anfängliche Euphorie beträchtlich
getrübt.
Die zieht ihren
Stiefel ohne Rücksicht durch, denkt sie grimmig. Solange wir
uns kennen, ist das jetzt das Stärkste, was sie sich geleistet
hat! Zwei Kerle gleichzeitig anmachen und alles direkt vor meinen
Augen.
Susan atmet tief
durch.
Eigentlich geht dich
das alles nichts an, meine Liebe. Aber musste sie unbedingt diesen
netten Physiker aufs Korn nehmen? Der ist doch so schüchtern
und hilflos.
Was regst du dich
künstlich über Ronja auf. Du bist nur neidisch, dass du
dich nicht getraut hast.
Quatsch!
Kein Quatsch! Der Typ
hat dir von Anfang an gefallen. Außerdem wollte er eigentlich
zuerst mit dir einen Kaffee trinken gehen und nicht mit
Ronja.
Im Wohnzimmer
ertönt die Melodie aus den Miss-Marple-Filmen, ihr neuer
Klingelton. Wer ruft denn jetzt noch an, denkt sie verwundert, geht
hinüber und nimmt das Handy von Stubentisch.
»Biehl?«,
meldet sie sich fragend und schaut gleichzeitig auf die Uhr des
Videorecorders. 00.37 Uhr.
»Swensen hier!
Entschuldigen Sie, Susan, ich hoffe, ich hab Sie nicht
geweckt?«
»Herr Swensen,
was ist passiert?« Die Stimme der Sekretärin klingt
erschrocken. Sie kann sich nicht erinnern, dass Hauptkommissar
Swensen sie jemals privat angerufen hat, geschweige denn um diese
Uhrzeit. Eine unheilvolle Ahnung beschleicht sie.
»Wir sind mitten
in einer Ermittlung, Susan, und da sind Sie mir eingefallen. Sie
kennen doch eine gewisse Ronja Ahrendt, oder?«
»Ronja Ahrendt!
Ja klar kenne ich Ronja! Wir sind beide im Förderverein der
Pole-Poppenspäler-Tage. Was ist denn los, Herr
Swensen?«
»Können
wir, Silvia und ich, noch kurz vorbeischauen, auf eine
Viertelstunde? Das ist nichts, um es am Telefon zu
besprechen.«
»Ist was mit
Ronja?« Susan Biehl klingt beunruhigt.
»Wir sind gleich
bei Ihnen«, hört sie Swensens knappe Antwort, dann
bricht die Verbindung ab.
Die Sekretärin
starrt auf ihr Handy, als hielte sie einen Fremdkörper in der
Hand. Das beklemmende Gefühl hat schlagartig ihren ganzen
Körper erfasst. Da muss was mit Ronja sein, überlegt sie
und würde den Gedanken am liebsten sofort wieder
verdrängen.
Ein Unfall vielleicht?
Quatsch, da würde sich die Kripo nicht drum kümmern. Was
kann Ronja nur mit der Kripo zu tun haben?
So sehr sie sich
innerlich auch wehrt, das Wort Tod steht wie eine düstere
Befürchtung im Raum. Sie eilt ins Bad zurück, wäscht
das Gesicht mit kaltem Wasser, kämmt sich getrieben die Haare,
eilt ins Wohnzimmer zurück und geht im Zimmer auf und ab, um
in kurzen Abständen aus dem Fenster zu schauen. Als es endlich
klingelt, fährt sie trotzdem zusammen. Die Sekretärin
drückt den Türsummer und öffnet die
Wohnungstür. Von unten hallen dumpfe Tritte durchs
Treppenhaus, kommen zügig in den ersten Stock hinauf. Schritt
für Schritt schnürt sich der Hals der jungen Frau
zusammen. Sie registriert sofort die ernsten Gesichter von Silvia
Haman und Jan Swensen. Unwillkürlich sammeln sich Tränen
in ihren Augen. Der Hauptkommissar weicht ihrem Blick aus, schaut
durch sie hindurch zu einem imaginären Punkt zwischen
Hinterkopf und Tür, presst die Lippen zusammen und ringt
verzweifelt nach Worten. Susan Biehl versucht verzweifelt,
Blickkontakt mit Silvia Haman zu bekommen.
»Nun sagen Sie
schon, was los ist!«, flüstert sie kaum
hörbar.
»Wir haben einen
Mordfall, Susan«, bringt Swensen heraus. »Es wurden
drei Frauen im Schlosspark erschossen
aufgefunden.«
Susan Biehl
stößt einen spitzen Schrei aus, aus ihren weit
aufgerissenen Augen springt dem Hauptkommissar das blanke Entsetzen
entgegen.
»Ich habe die
Frau erkannt«, erklärt Swensen mit gequälter
Stimme, »sie war letzten Samstag mit im Dante, als wir uns
zufällig dort getroffen haben, Susan. Es ist Ronja
Ahrendt.«
»Das ist nicht
wahr!«, flüstert die Sekretärin, schlägt die
Hände vors Gesicht und beginnt, hemmungslos zu weinen. Silvia
Haman schließt ihre Arbeitskollegin fest in
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