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Poppenspael

Poppenspael

Titel: Poppenspael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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nehmen,
den sie erst im Frühjahr gebraucht gekauft hatte, fährt
von oben über die Adolf-Brütt-Straße in den
Erichsenweg und parkt den Wagen gegenüber vom Kreiskrankenhaus
vor der Kongresshalle. Beim Aussteigen fällt der Journalistin
sofort die junge blonde Frau auf, die auf der anderen
Straßenseite wild gestikulierend vor einem rot-weißen
Plastikband steht. Ein älterer Streifenpolizist mit grauen
Haaren versucht anscheinend, ihr auszureden, die Absperrung zu
durchbrechen. Es ist Susan Biehl, die junge Frau von heute Nacht,
die wie sie nicht mit in den Schlosspark gegangen war.
    Jetzt ist sich die
Journalistin hundertprozentig sicher, dass die Mordopfer nur die
drei Frauen vom Förderverein sein können. Susan Biehl und
sie waren dem grausigen Schicksal wirklich nur um Haaresbreite
entgangen. Die junge Frau hatte ihr auf dem Heimweg noch
erzählt, dass sie als Sekretärin in der Polizeiinspektion
Husum arbeiten würde und extra für das Festival Urlaub
genommen hat. Gemeinsam hatten sie wenig später den dreifachen
Knall gehört, der aus Richtung Schlosspark herüberhallte,
hatten kurz innegehalten, und als nichts passierte, waren sie
einfach weitergegangen.
    Wer hat so was auch
ahnen können, denkt Maria Teske und sieht im selben Moment,
dass die junge Frau ihren Versuch, am Polizisten vorbeizukommen,
aufgibt, sich abrupt von ihm abwendet und über die
Straße eilt. Sie kann deutlich die tränengeröteten
Augen erkennen, als die Frau, ohne sie wahrzunehmen, an ihr
vorbeieilt.
    »Frau
Biehl!«, ruft die Journalistin.
    Die Sekretärin
bleibt stehen und dreht sich verlangsamt um: »Frau Teske?
Sie? Was … was … machen Sie denn
hier?«
    »Ich hab
gehört, was hier passiert ist!«, sagt sie einem Tonfall,
als wäre ihre Spekulation bereits eine Tatsache.
    Die junge Frau
fängt sofort an zu weinen, Maria Teske geht auf sie zu und
nimmt sie in den Arm.
    »Meine
Kollegen«, sprudelt es im gepressten Singsang aus Susan Biehl
heraus, »die eigenen Kollegen! Meine Freundin … da
wurde meine Freundin ermordet, und die wollen mich nicht in den
Park lassen! Das können die doch nicht
machen!«
    Volltreffer, du bist
direkt an der Quelle, denkt Maria Teske und unterdrückt den
aufkeimenden Skrupel. Sie drückt die Frau fest an ihre Brust
und beschließt, nach außen so zu tun, als wenn sie
bereits genau wüsste, was in der Nacht vorgefallen
ist.
    »Ich wollte
gerade die Frauen vom Förderkreis informieren«, sagt sie
scheinheilig. »Ich war gerade auf dem Weg ins
Museum!«
    »Die wissen
bereits Bescheid!«, schluchzt Susan Biehl. »Ich hab
schon alle in der Nacht angerufen!« Sie wird erneut von einem
Weinkrampf geschüttelt. »Es ist alles so schrecklich!
Ich kann nicht glauben, dass es wirklich wahr
ist!«    
    »So etwas bleibt
unfassbar, Frau Biehl, das kann niemand begreifen«, redet die
Journalistin empathisch auf die junge Frau ein.
    »Gerade war
alles noch ganz normal, und jetzt …!«, stammelt Susan
Biehl, windet sich aus der Umarmung und geht wie ferngesteuert
weiter in Richtung Museum. Maria Teske bleibt ihr dicht auf den
Fersen.
    »Was wird nun
aus dem Festival, wissen Sie da schon was?«
    »Nein, keine
Ahnung!«, antwortet Susan Biehl abwesend. »Wir haben
heute Nacht nur noch beschlossen, dass wir uns heute Morgen erst
mal hier treffen, um gemeinsam zu besprechen, wie alles weitergehen
soll.«
    Die beiden Frauen
steigen die kleine Treppe zum Museum hinauf und gehen auf die
Eingangstür zu, als Susan Biehl unvermittelt stehen bleibt und
erschüttert auf den Boden starrt. Die Tränen laufen ihr
hemmungslos über die Wangen.
    »Da liegt sie
noch …, die Zigarette von Ronja!«, stammelt sie und
schaut teilnahmslos ins Leere. »Die … die hat sie
… bei der letzten Besprechung geraucht.«
    »Ihre Freundin
hieß Ronja?«, fragt Maria Teske mit sanfter Stimme und
verflucht innerlich ihren Beruf.
    »Ja …
Ronja Ahrendt«, antwortet Susan Biehl und zeigt zum
Kreiskrankenhaus hinüber. »Sie hat gleich dort
drüben gearbeitet, als Krankenschwester.«
    »Gehen wir rein,
Frau Biehl, da können Sie sich hinsetzen.«
    Die Journalistin
öffnet die Tür zum Museum und schiebt die junge Frau
sanft hinein. Fünf Frauen sitzen im Schummerlicht an zwei
zusammengeschobenen Tischen, die Mehrzahl mit verheulten Augen.
Zwei Frauen halten sich im Arm und weinen miteinander. Kaum jemand
bemerkt, dass die beiden Frauen eingetreten sind. Maria Teske
beißt sich auf die Lippen, die bedrückende
Atmosphäre schnürt ihr den

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