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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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voller Arschlöcher.
    Springett hatte noch keine fünf Schritte gemacht, als Redding und dieser alte Kacker von Montgomery aus dem Fahrstuhl kamen. Montgomery hob sogleich den Arm. »Auf ein Wort, Inspector Springett.«
    Springett wusste, was die Glocke geschlagen hatte. Seine Hand glitt in die Innentasche seines Jacketts, umfasste den Griff seiner Dienstwaffe, einer .38er, und dann bewegte er sich mit jovialem Schwung auf die beiden zu, während er versuchte, ihr Mienenspiel einzuschätzen. Aber etwas an ihm beunruhigte Redding. Sie stieß eine Warnung hervor, duckte sich und war sofort wieder im Fahrstuhl. Zu blöd — sie hätte die bessere Geisel abgegeben. Er zog die .38er und brüllte: »Bleiben Sie stehen, Montgomery!«
    Doch der Idiot drehte sich um und rannte los. Er trug Schuhe mit glatten Sohlen. Springett sah das Schimmern neuer Ledersohlen, als Montgomery keinen Halt auf dem auf Hochglanz polierten Linoleum fand, ausglitt und mit dem Gesicht gegen einen Feuerlöscher prallte und anschließend wie ein Sack Kartoffeln zu Boden ging.
    Scheiße. Jetzt hatte er überhaupt keine Geisel.
    Springett rannte den Weg zurück, den er gekommen war, vorbei an seinem Büro, hinein in einen Bereich dunkler Abstellräume, alter Aktenschränke und ausrangierter Büromöbel. Er fand eine Ecke, wartete und dachte nach.
    Er konnte weder etwas hören noch etwas sehen, doch bereits nach wenigen Minuten nahm er eine Veränderung in der Atmosphäre wahr. Er kannte die Vorgehensweise: Zuerst die Schlösser der Brandschutztüren zum Treppenhaus verriegeln, damit er keine Chance hatte, wenn er es über das Treppenhaus versuchen wollte; zweitens: Posten an allen Ausgängen; drittens: Im Untergeschoss alle Fahrstühle blockieren und zum Schluss das gesamte Gebäude durchkämmen.
    Die Fahrstühle dürften noch zu benutzen sein, so schnell passierte da nichts. Springett entschied sich, den Lastenaufzug zu benutzen, der sich neben einer Treppe an einer abseits gelegenen Stelle des Hauses befand und deshalb in diesem frühen Stadium der Verfolgung sicher übersehen wurde. Die Position des Zeigers oberhalb der Tür sagte Springett, dass der Fahrstuhl momentan im Keller steckte. Springett befand sich in der neunten Etage. Er drückte den Knopf, um den Fahrstuhl in die neunte Etage zu holen, rannte die benachbarte Treppe hinunter zur Fahrstuhltür im achten Stock und öffnete sie mit Gewalt. Niemand kam, der beobachten konnte, wie er auf den Fahrstuhl sprang, der jetzt hinauf zum neunten Stock schwebte.
    Er musste fünf Minuten warten, bis der Fahrstuhl nach unten geholt wurde in das Untergeschoss. Springett vernahm Stimmen und Schritte, als Männer zuerst den Fahrstuhl, dann das Untergeschoss nach ihm durchsuchten, um anschließend die Treppe hochzueilen und die Suche in der nächsten Etage fortzusetzen.
    Weitere fünf Minuten später schob Springett eine Klappe im Dach des Fahrstuhls beiseite und sprang hinunter auf den Boden. Unbemerkt lief er hinüber zu dem Gang, der hinaus auf eine Seitenstraße neben dem Präsidium führte. Dieser unterirdische Gang wurde ausschließlich von Undercover-Leuten benutzt. Man vergaß oft, dass er überhaupt existierte.

    NEUNUNDZWANZIG

    Um acht Uhr dreißig am Dienstagmorgen erschien Vincent De Lisle im Gericht, stieß die Tür mit dem Schild Amtsrichter auf und begrüßte jeden mit »Bonjour«.
    Dieses »Bonjour« war eine Eigenart von ihm, eine charmante Marotte, wenn man so wollte, und er sagte es an die fünfzig Mal am Tag und erntete dafür ein Grinsen von denen, die ihn kannten, und für diejenigen, die ihn nicht kannten, war es ein Signal, ein zweites Mal hinzuschauen und sich De Lisles Gesicht zu merken.
    Doch heute sprach ihn eine Frau vom Women’s Refuge Referral Service im Gang an, die er insgeheim als Eingeborenen-Lesbe bezeichnen würde und die angesichts seines »Bon jour« die Stirn runzelte. Dass es sich bei ihr um eine Lesbe handelte, erkannte er an den kurzen Haaren und den Ohrgehängen, und dass sie Eingeborene war, entnahm er ihrem Namensschild am Revers, auf dem Toula Nikodemas stand. »Ich möchte mit Ihnen sprechen«, sagte sie.
    »Nicht jetzt, Miss Nikodemas.«
    »Es geht um Ihre Einstellung, Richter.«
    »Amtsrichter. Und mit meiner Einstellung ist alles in Ordnung«, gab De Lisle zurück und rauschte an ihr vorbei. Er schnupperte die Luft: Möbelpolitur, Schweiß und Angst. Vor sich sah er einen Pulk, Angeklagte mit ihren Familien und Rechtsverdrehern.
    Toula Nikodemas heftete

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