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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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Leben ein ganzes Stück angenehmer.«
    »Ja, Sir.«
    Es entstand eine Pause und so ließ De Lisle die Hände auf den Schreibtisch sinken, stützte sich ab und erhob sich schnaufend von seinem Stuhl. »Nun ja, der Gerichtssaal wartet.«
    Als Erste — so wie Sally es gesagt hatte — war eine türkische Frau an der Reihe, die eine einstweilige Anordnung gegen ihren gewalttätigen Ehemann erwirken wollte. Sie war eine Muslima, und die Sache fing schon schlecht an, als sie sagte, sie werde nicht auf die Bibel schwören. De Lisle beugte sich über sein Pult in ihre Richtung. »Sie müssen schwören. Wie soll ich denn Ihre Aussage akzeptieren, wenn Sie nicht schwören wollen?«
    Der Anwalt der Frau trat vor. »Sir — «
    De Lisle drehte sich zu ihm herum und fiel ihm knurrend ins Wort: »Wenn sie nicht auf die Bibel schwört, werde ich den Fall nicht anhören.«
    Der Anwalt beriet sich mit seiner Mandantin. De Lisle sah angewidert zu. Die Frau war förmlich eingewickelt in Klamotten. Die Augen nicht nur abgewendet, sondern auch geschlossen, schwor sie endlich auf die Bibel. Er bemerkte, dass sie ihre Hand knapp einen Zentimeter über der Bibel hielt. Doch er ließ es dabei bewenden.
    Dann folgte die Aussage. De Lisle kannte das alles zur Genüge. Ein Ehemann, der an den Sprüchen seiner Frau oder an ihrem Verhalten schier verzweifelt, versucht ihr zu zeigen, wo es lang geht, und muss feststellen, dass sie ihn gerichtlich belangen will.
    Also fragte De Lisle die Frau: »Wie schlimm, würden Sie sagen, waren die Schläge?«
    Sie sah ihn nicht an. »Er hat mir zwei Rippen gebrochen.«
    »Sehen Sie mich an, wenn ich Ihnen eine Frage stelle. Stehen die gebrochenen Rippen in Zusammenhang mit den Ihnen von Ihrem Ehemann zugefügten Schlägen oder sind Sie vielleicht die Treppe hinuntergefallen?«
    Sie wollte ihn immer noch nicht ansehen. So ging es zehn Minuten, eine Farce, die De Lisle im Keim ersticken musste. Er sagte zu der Frau und ihrem Anwalt:
    »Ihr Antrag auf einstweilige Anordnung wird abgelehnt. Ich kann einer Zeugenaussage keinen Glauben schenken, wenn die betreffende Person keinen Augenkontakt herstellt. Das ist unaufrichtig und es bedeutet, dass auch die Einlassungen dieser Person unaufrichtig sind.«
    Er hob einen Stapel Aktenmappen hoch und ließ ihn wieder fallen. »Ich bezweifle nicht, dass eine gewisse Gewalt mit im Spiel war, aber ich möchte Sie dringend bitten, eine Lösung zu suchen, die Ihrer Kultur angemessen ist.« Er fixierte das niedergeschlagene Gesicht der Frau. »Madam, Sie sind sich bestimmt der Macht des patriarchalen Charakters Ihrer Kultur bewusst. Offensichtliche Gewalt ist eine zu erwartende Konsequenz angesichts der Werte Ihrer ganz speziellen Gesellschaft. Es muss eine angemessenere Form des Vorgehens für Sie geben. Reden Sie mit den alten Frauen, den alten Männern, den Oberhäupten Ihres Kulturkreises, die wissen, was in Fällen wie diesen zu tun ist. Antrag abgelehnt«, schloss er, und während die Frau und ihr Anwalt den Saal verließen und das Raunen im Hintergrund langsam abebbte, war De Lisle sofort damit beschäftigt, sich kurze Notizen zu machen.
    Die Verhandlungen zogen sich den ganzen Tag hin und De Lisle ertappte sich dabei, dass er mit den Gedanken ganz woanders war. Sallys ständige Nähe hatte ihn animiert. Cassie Wintergreen. Er würde bei Cassie Wintergreen vorbeischauen und — sofern sie nicht abgeneigt war — die Nacht dort verbringen. Er war im Besitz eines Hausschlüssels, sollte sie nicht da sein, käme er dennoch hinein.
    Er fuhr zu seinem Apartment, zog sich um und war gegen sechs Uhr abends bei ihr in Double Bay. Er genehmigte sich einen Scotch. Die 18.30-Uhr-Nachrichten brachten weitere Informationen über den Raub der Asahi-Sammlung.
    Cassie rauschte gegen acht Uhr herein und sah schrecklich aus.
    »Du Mistkerl. Du hast mir nicht gesagt, dass der goldene Schmetterling gestohlen war.«
    De Lisle wartete erst einen Moment und wählte seine Worte dann sehr vorsichtig. »Was meinst du damit?«
    »Was ich damit meine? Ich werd dir sagen, was ich damit meine. Während du dich das letzte Mal auf Vanuatu herumgetrieben hast, wurde er aus meinem Safe gestohlen, und nun habe ich erfahren, dass er auch davor schon gestohlen wurde.«
    »Ah.«
    »Ja, ah.«
    »Hast du es angezeigt, Cass?«
    Jetzt war es an Wintergreen, die Worte mit Bedacht zu wählen. »Ich möchte nicht darauf eingehen, warum, aber ich hatte guten Grund, keine Anzeige zu erstatten.«
    Gott sei Dank! »Wie

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