Porterville - Mystery-Serie: Edition I (Folgen 1-6)
an dieser Stelle eigentlich von der Bibliothek die Rede, die zu einem Bedarfscenter geworden ist. Aber ich habe diese Worte im Grunde für Sato geschrieben. Über Sato.
Jetzt sind es Satos Worte über mich.
Der Applaus, der aufbrandet, als man mich aus dem Gebäude führt, klingt in meinen Ohren wie höhnisches Gelächter. Ich habe nichts mehr. Nur noch meine Hoffnung. Und unseren Plan B, der in wenigen Stunden in Kraft treten wird. Ich denke an Ghostface und bete zu Gott, dass wenigstens er Erfolg haben wird.
- 8 -
Ich erwache davon, dass man mir einen Eimer eiskaltes Wasser ins Gesicht schüttet. Die barmherzige Schwärze, in der ich mich davor befand, ist mit einem Schlag ausradiert, das grelle Licht der nackten Glühbirne blendet mich.
Ich bin noch immer in dem Raum.
Kahler Sichtbeton an den Wänden und am Boden, nichts woran sich das Auge festhalten kann, nur eine Stahltür, ein Abflussgitter auf dem Fußboden, der Metallstuhl und die Glühbirne. Meine Schultern und die Handgelenke brennen, weil man mir die Arme hinter dem Rücken mit Kabelbindern am Stuhl fixiert hat. Meine Kehle ist völlig ausgetrocknet. Das Schlimmste sind aber meine Eingeweide. Und die Gewissheit, dass unser Plan gescheitert ist.
Charlotte.
Fast augenblicklich ist mir wieder schlecht.
„Jefferson! Wachbleiben! Du hast lange genug geschlafen, Bastard! Komm schon, komm schon!“
Jemand schlägt mir mehrmals auf die Wange, und so sehr ich mich bemühe, wieder in eine Ohnmacht abzugleiten, es gelingt mir nicht. Das Wasser, das über mich geschüttet wurde, versickert langsam im Abflussschacht. Harrisburg Steelmill steht auf dem Gitter über dem Schacht. Der Geruch von Seife dringt mir in die Nase, und ich weiß, dass Kellogg in den Raum gekommen ist.
Der stiernackige Mann mit den roten Haaren grinst breit über beide Backen. Er ist neben der Tür stehengeblieben und hat seinen Gorilla vorgeschickt, um mich aufzuwecken. Sein Gorilla ist ein junger Mann mit asiatischen Gesichtszügen, kurzen schwarzen Haaren und der Statur eines Kühlschranks. Sein Name ist David Chung und er ist der Runningback der Porterville Patriots . Und ganz nebenbei ist er Mitarbeiter der IFIS und macht für Kellogg Dinge, die er selbst nicht machen möchte.
Vor vier Tagen konnte ich David Chungs geballte Kraft im Stadion bewundern. Den ganzen gestrigen Tag, hat er mir gezeigt, warum er Kelloggs Mann fürs Grobe ist. Er macht nicht viel. Er hat mich auf einen Stuhl gesetzt und mir dann links und rechts Haken in die Seite geschlagen.
Nicht so stark, dass mein Stuhl umgekippt wäre. Der Schmerz eines einzelnen Schlages ist auszuhalten. Aber dabei belässt er es nicht. David ist enorm ausdauernd. Er schlägt einfach immer und immer wieder.
Links. Rechts. Mitte.
Links. Rechts. Mitte.
Wie eine Maschine. Über Stunden, als wäre es ein Football-Training.
Bis die Haut an den Rippen abgeschürft ist und die Eingeweide brennen. In meinem Schritt hat sich ein roter Fleck ausgebreitet. Das liegt daran, dass ich Blut gepisst habe und weiß, dass meine Nieren nur noch Brei sind.
Ich öffne langsam die Augen und sehe Davids Gesicht vor mir. Er lächelt, weil ich wach bin, dann stellt er den Eimer ab und zieht sich das T-Shirt aus. Er möchte es nicht schmutzig machen. Sein Oberkörper sieht aus wie gemeißelt, wie eine dieser antiken griechischen Marmorstatuen. Fast obszön wölben sich seine Brustmuskeln unter einem muskulösen Hals, und sein Bizeps sieht aus wie eine große, reife Frucht. Der Kerl ist ein gefühlloses Monster. Er hat die ganze Zeit gelächelt, während er mich kaputtgeschlagen hat. Kellogg musste ihn nicht zu diesem Job zwingen. Er tut es gerne.
„Du hast uns nicht erzählt, worum wir dich gebeten haben, Jefferson. Das war nicht klug.“
Kellogg spricht. Auch er genießt das hier. Wir hatten uns schon bald nach der Revolution gegen Hudson nichts mehr zu sagen. Kellogg hat sein eigenes Süppchen gekocht, hat neue Feinde für Porterville gesucht und gefunden und damit sich und seine Erfindung, die IFIS, für Sato unverzichtbar gemacht. Einer dieser Feinde bin nun ich.
David faltet sein T-Shirt säuberlich zu einem Quadrat und legt es neben der Tür auf den Boden, weil es sonst nichts in diesem Raum gibt, auf dem er es ablegen könnte. Er lässt den Kopf kreisen, wippt auf den Zehenspitzen, macht Dehnübungen, wie er es vermutlich auch vor einem Spiel macht. Zum Schluss holt er eine Rolle Klebeband aus seiner Hosentasche und wickelt Streifen davon
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