Porterville - Mystery-Serie: Edition I (Folgen 1-6)
Hören Sie nicht auf zu laufen. Sie können sich festhalten, aber hören Sie nicht auf zu laufen. Okay?“
„Okay.“
Das Laufband wird schneller, meine Schritte länger.
„Ich beginne nun mit der Examination“, verkündet die Ärztin und klingt dabei, als meine sie eigentlich Obduktion .
„Erste Aussage“, liest sie aus dem Schnellhefter vor. „Ich wache morgens meistens früh und ausgeruht auf.“
Ich kenne diese Art von Befragungen. Während des Studiums habe ich mich oft als Versuchsperson zur Verfügung gestellt. Allerdings befand ich mich dabei nicht auf einem Laufband. Doch ich weiß von Items, Skalen und Konstrukten und wie schwerwiegend eine vermeintlich einfache Antwort sein kann, also konzentriere ich mich.
„Stimme eher nicht zu“, sage ich schließlich.
„Verwenden Sie bitte ausschließlich die Äußerungen Ich stimme zu beziehungsweise Ich stimme nicht zu “, korrigiert mich die Ärztin.
„Ich stimme nicht zu.“
Wieder notiert sie sich etwas in meiner Akte.
Der Coach betätigt einen Knopf sowie einen kleinen Drehregler. Die Geschwindigkeit nimmt zu. Außerdem scheint sich die Steigung zu erhöhen. Ich gehe in ein schnelles Traben über.
„Zweite Aussage: Jeder Mensch sollte versuchen, seine Träume zu verstehen und sie als Wegweiser oder Warnung anzuerkennen.“
Diesmal muss ich nur kurz überlegen. „Stimme zu.“
„Dritte Aussage“, liest die Ärztin vor. „Ich habe mindestens einmal im Monat Durchfall.“
„Wie bitte?“
„Möchten Sie, dass ich die Aussage wiederhole?“, fragt sie ohne aufzusehen.
„Nein ich … ich verstehe nur die Aussage nicht. Beziehungsweise ich verstehe den Hintergrund nicht.“
„Ich kann Ihnen nach Beginn des Tests leider keine Fragen mehr beantworten.“
„Es ist ein international anerkannter Eignungstest“, meldet sich der Coach zu Wort. Sein Gesichtsausdruck fügt hinzu: Mach dir keine Sorgen, Sportsfreund .
Die Ärztin dreht sich ruckartig zu ihm herum. „Nach Beginn des Tests werden keine Fragen mehr beantwortet!“
„Einmal pro Monat?“, frage ich, um die Situation zu entspannen. „Ja … Ich stimme zu. Denke ich.“
Die Ärztin wendet sich wieder mir zu. „Aussage vier: Der Hund ist der beste Freund des Menschen.“
„Stimme nicht zu.“
Eine kurze Notiz, vielleicht kreuzt sie auch nur etwas an, dann blättert sie weiter.
„Fünfte Aussage.“
Ich beginne zu schwitzen. Ich habe nicht bemerkt, dass der Coach erneut etwas an den Einstellung geändert hat, aber das Laufband ist eindeutig schneller geworden.
„Einen Großteil des Tages habe ich einen Knoten im Hals“, sagt die Ärztin.
„Was soll das bedeuten?“, frage ich außer Atem. „Meinen Sie … Kloß im Hals?“
Sie antwortet nicht.
„Mir ist diese Formulierung nicht bekannt“, sage ich und hebe beim Laufen die Schultern, um zu zeigen, dass dies nun wirklich nicht meine Schuld ist. Mein Coach nickt verständnisvoll. „Und wenn ich nicht verstehe, wozu ich mich äußern soll, hat das Ganze doch eigentlich keinen Sinn. Oder?“
„Möchten Sie den Test abbrechen?“, fragt die Ärztin.
Die Luft wird knapper.
„Nein“, sage ich. „Nein, ich möchte den Test nicht abbrechen. Ich … ich möchte ihn einfach nur verstehen.“
„Darum geht es hier jedoch nicht, Mr. Higgins“, entgegnet die Ärztin ruhig.
„Wie … wie soll ich etwas bewerten, wenn ich nicht weiß, worum es geht?“
„Ich kann nicht mehr dazu sagen. Ich bedauere. Sie hatten vor dem Test ausreichend Gelegenheit, Fragen zu stellen.“
Das Laufband wird schneller. Das Laufband wird steiler. Meine Beine brennen, meine Lunge auch.
„Vor dem Test … konnte ich doch noch gar nicht wissen, was für Aussagen kommen würden!“, hechele ich. „Ich kann doch … erst Fragen dazu stellen … wenn ich sie gehört habe.“
„Bewerten Sie bitte einfach die Aussage“, sagt die Ärztin und starrt in den Schnellhefter.
Ich weiß nicht, wie lange ich das Tempo noch halten kann und schnaufe: „Ich … ich stimme nicht zu.“
Meine Füße fliegen über das Laufband. Ich muss mich festhalten, um nicht hinzufallen. Die Ärztin sagt etwas. Es geht in meinem Keuchen und Stampfen unter.
„Was?“
„… sieben“, verstehe ich nur.
„Bitte wiederholen Sie!“
„Meine Hände und Füße sind für gewöhnlich warm genug.“
„Sind wir nicht … bei sechs?“, stoße ich hervor. „Und warm genug für was?“
Jedes Wort brennt in meiner Brust.
„Meine Hände und Füße sind für
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