Porterville - Mystery-Serie: Edition I (Folgen 1-6)
dass sich wie ein Fluch anhört.
Draußen marschieren wir den Plattenweg entlang. Er endet vor einer quadratischen Rasenfläche, die zu sportlichen Aktivitäten genutzt wird. Das Gras sieht bei Nacht schwarz aus. Licht fällt nur auf das Gelände hinter dem Sportplatz. Ein Scheinwerfer taucht das öde Areal in grellweiße Helligkeit. Hier wächst keine Pflanze. Der Boden besteht aus Lehm und Schotter. Meterhohe Hügel aus Gesteinsbrocken ragen in unregelmäßigen Abständen empor und werfen lange Schatten.
Nicht die Hügel! , flehe ich in Gedanken. Manchmal müssen wir einen der Hügel abtragen und an anderer Stelle neu errichten. Die Steine schleppen wir mit bloßen Händen. Einige von ihnen sind größer als mein Kopf und viele Kilo schwer.
„Holt euch die Schaufeln!“, ordnet Mrs. Perot an.
Keines der Mädchen lässt sich die Erleichterung ansehen. Wir werden Löcher oder einen Graben ausheben müssen, den wir oder andere irgendwann wieder zuschaufeln. Ich sehe den Nutzen dieser Arbeit nicht ein. Auch wenn von den Lehrerinnen behauptet wird, sie diene der Stärkung von Körper und Psyche.
Ich glaube nicht, dass Bürgermeister Sato eine solche Vergeudung unserer Kräfte gutheißt. Aber er kann eben nicht überall sein.
„Du nicht!“ Mrs. Perot hält Debra am Arm fest und deutet auf einen Berg aus Steinen am Rand der Fläche. Eine dunkle Pyramide. Jenseits des Lichts. Dorthin sind es mindestens hundert Meter.
„Du bringst mir die Steine hierher und errichtest aus ihnen eine Mauer. Hüfthoch, wenn ich bitten darf!“
Debras Blick wandert zu dem Berg. Sie schwankt ein wenig und ich sehe, wie sie sich bemüht, nicht in Tränen auszubrechen. Als Mrs. Perot ihr einen Schubs gibt, setzt sie sich in Bewegung. „Schneller!“, ruft ihr die Lehrerin nach und Debra fällt in einen unbeholfenen Laufschritt.
Ich frage mich, warum Debra bestraft wird. Sollte es doch mit der Lektion zu tun haben, die sie der Neuen, dem Frischling, verpasst hat? Damit war sie eindeutig zu weit gegangen.
Wir holen uns die Schaufeln aus einem alten Bauwagen. Darin befinden sich außer den Schaufeln, Spitzhacken und einigen anderen Werkzeugen auch zwei ziemlich bequem aussehende Sessel. Während wir unsere Aufgaben erledigen, bereitet sich Mrs. Perot dort auf den weiteren Unterricht vor. Häufig leistet ihr dabei eine Kollegin Gesellschaft.
Obwohl die Sonne erst in zwei Stunden aufgeht, ist es mindestens zwanzig Grad warm. Ich bin im Bestimmen der Temperatur ziemlich gut. Früher, so lernten wir in der Schule, gab es so genannte Jahreszeiten. Da konnte es so kalt werden, dass Wasser im Freien zu Eis gefror. Heute bleibt es immer warm. Selbst der Regen bringt keine Kühlung. Die Tropfen können ohnehin nicht den Schutzschirm über Porterville durchdringen.
Im Unterricht wurde uns gesagt, durch das Auftauchen des Draußen , der völligen Veränderung der Welt jenseits der Stadtmauern, wären auch die Jahreszeiten verschwunden.
Ich verabscheue das Draußen ! Es bedroht uns unentwegt und wir wissen noch nicht einmal, wie es aussieht. Weil der Kontakt mit dem Draußen tödlich ist. Ich denke an Emily und ihren bescheuerten Plan, einen Weg aus der Stadt zu suchen. Dieser Jonathan muss ihr das eingeredet haben. Trotz ihres fehlerhaften Verhaltens wäre sie nie auf eine solche Idee gekommen.
Mrs. Perot teilt uns in zwei Gruppen ein. Die Gruppen sind zwanzig Mrs.-Perot-Schritte voneinander entfernt und müssen schaufeln, bis sie sich in der Mitte treffen. Der Graben soll einen Meter tief werden.
Die Schaufel wiegt schwer in meinen Händen. Ich versuche, sie in den Boden zu rammen, aber das Schaufelblatt dringt nur einen Zentimeter tief ein und prallt dort von einem Hindernis, vermutlich einem Felsstück, ab. Ich probiere es an einer anderen Stelle und stoße erneut die Schaufel in die Erde. Dieses Mal gelingt es mir, ein paar Krümel trockenen Lehms abzukratzen. Den anderen Mädchen ergeht es auch nicht besser. Nach einer halben Stunde haben wir erst ein paar kleine Löcher in den Boden gehackt. Die Hände tun mir weh von der Anstrengung.
Mrs. Perot ist im Bauwagen verschwunden. Wir können sie durch ein kleines Fenster sehen. Sie hockt dort im Licht einer Lampe und studiert irgendwelche Unterlagen.
„Das schaffen wir nie“, ächzt Carmen. „Aber wenigstens gibt es keine Greybugs. Für die gibt`s hier nichts zu holen.“
Carmen ekelt sich von uns allen am meisten vor den Käfern. Aber an diesem Morgen bleiben ihr die Viecher
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