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Portland Head Light

Portland Head Light

Titel: Portland Head Light Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathilda Grace
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irgendwann als uralter Rocker in versifften Bars enden, Haschisch rauchend.
    Ich bin zum Teil froh, dass es nicht so kam. Dass du nicht mit ihm solch ein verrücktes Leben führst, auch wenn dieser Gedanke ziemlich egoistisch von mir ist, immerhin war Gavin dein Vater. Andererseits denke ich mir, wäre ein Leben mit ihm allemal besser als ein Leben gänzlich ohne ihn. Man kommt auf komische Gedanken, wenn man zuviel nachdenkt. Aber es ist sinnlos, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, denn ein Leben mit Gavin ist ein Wunschtraum, der nie in Erfüllung gehen wird. Dafür habe ich gesorgt.
    Verzeih mir,
    Deine Mum

    „Du hast doch wohl den Arsch offen, Salt! David dreht seit einer Woche am Rad, weil du einfach abgehauen bist und jetzt tauchst du mitten in der hier Nacht auf, erschrickst meinen Kater, und hast scheinbar vor, dir den Tod zu holen, oder wie hast du vor, mir zu erklären, dass du nicht mal eine Jacke trägst!“, schrie er Cameron an, der ihn erschrocken ansah und dann, als Dominic gerade weiter schimpfen wollte, in Tränen ausbrach. Ach du liebe Zeit. „Ähm...“, machte Dominic hilflos, weil er keinerlei Ahnung hatte, wie er mit einem weinenden Mann umgehen sollte.
    Fluchen, schimpfen, toben – damit kannte er sich aus. Das hatten sein Bruder Devin und er oft genug getan, nachdem der im Rollstuhl gelandet war. Aber weinen? Dominic war schlichtweg überfordert mit der Situation. Das war ganz eindeutig nicht sein Terrain, aber er musste etwas tun, sonst holte Cameron sich wirklich noch den Tod. Die Frage, warum der Kerl nicht mal eine Jacke trug, konnte er ihm später noch stellen. Jetzt war das Allerwichtigste, dass Cameron ins Haus und damit ins Warme kam, aber so wie der am Weinen war, konnte er sich jede verbale Aufforderung in der Richtung sparen. Dominic packte Cameron daher wortlos am Arm und zog ihn ins Haus, um sich dann nochmal schnell draußen umzusehen. Ohne Erfolg. Kein Koffer, keine Reisetasche, kein Rucksack, nichts. Kopfschüttelnd ging er zurück ins Haus. Noch eine Frage, aber die würde ebenfalls warten müssen.
    „Schuhe ausziehen!“, befahl er und schloss die Tür, um diese auch gleich zu verriegeln. Cameron tat wie geheißen und ließ sich dann ohne Widerstand von ihm hinüber ins Wohnzimmer und auf die Couch bugsieren, wo Dominic ihn umgehend in zwei Decken wickelte und das Feuer im Kamin schürte. Nachdem er auch gleich einige neue Scheite ins Feuer gelegt hatte, trat er wieder zu Cameron und setzte sich ihm schräg gegenüber in einen Sessel, um sich dabei nach Montana umzusehen. Aber der Kater hatte scheinbar das Weite gesucht. Kein Wunder. „Okay, ich höre!“, forderte er Cameron zum Reden auf, denn der hatte sich mittlerweile soweit beruhigt, dass er nicht mehr weinte. Gott sei Dank. „Warum tauchst du mitten in der Nacht vor meiner Tür auf? Ohne Jacke und überhaupt... hast du sie noch alle? Weißt du, wie gefährlich das ist?“
    „Ich hatte eine Jacke“, murmelte Cameron trotzig und brachte ihn damit umgehend auf hundertachtzig.
    „Das habe ich nicht gefragt, Cameron!“, fluchte Dominic und hätte dem Trotzkopf am liebsten eine reingehauen. „Du hättest erfrieren können, du Vollidiot. Ich will eine Erklärung und zwar gleich!“
    „Ich bin überfallen worden.“
    Dominic holte lieber Luft, statt wieder loszuschreien. Himmel, er hatte es ja geahnt. „Wo?“, schaffte er es zu fragen, ohne Cameron an die Gurgel zu springen. „Und was ist genau passiert?“
    „Vorhin in Portland. Ich glaube, die beiden waren Junkies. Sie hatten ein Messer und ich habe einfach reagiert. Meine Tasche nach dem einen Kerl geworfen und den anderen Typen dabei abgewehrt. Er hat meine Jacke erwischt und festgehalten. Da habe ich sie samt Rucksack ausgezogen und bin weggerannt. Von meinen letzten Dollars nahm ich mir ein Taxi hierher. Es hat zwar nicht ausgereicht, aber der Fahrer gab sich mit meiner Uhr zufrieden. Er wollte wegen dem Schnee nicht durchfahren, weil er Angst hatte, steckenzubleiben, also bin ich den Rest gelaufen.“
    Dominic stand kurz vorm Explodieren. Überfallen von Junkies, die ein Messer und wer weiß was noch gehabt hatten, und dann praktisch ausgesetzt. Mitten in der Nacht, bei Minusgraden und das ohne eine dicke Jacke am Körper. Dieser Irre konnte von Glück reden, dass er nicht eiskalt ermordet worden oder erfroren war. „Wie weit bist du gelaufen?“
    Cameron zog die Knie an und wickelte die Decken darum. „Ich weiß nicht... eine Meile... oder zwei...

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