Portland Head Light
auf die Menschen aufgepasst, die ihm wichtig waren. Im Notfall sogar über deren Köpfe hinweg.“ Dominic sah zurück zum Herd, weil das Wasser zu kochen begann. „Er hat Mum und Dad versprochen, mir den Kopf zu waschen, sollte ich Mist bauen und ich war stocksauer deswegen. Bis ich einige Wochen später in eine Schlägerei geriet. Er hat mir den Hals gerettet.“
„Was ist passiert?“, hakte Cameron leise und mitfühlend nach und obwohl Dominic ihm das eigentlich gar nicht erzählen wollte, fuhr er sich mit einer Hand über den Kopf und tat es dann einfach.
„Ein paar Betrunkene haben mich auf dem Weg von der Werkstatt zum Apartment, in dem ich zu der Zeit hauste, angemacht, weil ich eine Glatze trage.“ Dominic schnaubte. „Sie hatten keinen echten Grund, sie suchten einfach nur Streit. Das Problem an der Sache war, ich bin zwar groß und weiß mittlerweile auch, wie ich mich verteidigen kann, aber zu dem Zeitpunkt sah das noch ganz anders aus. Außerdem war ich allein und die Typen zu viert. Tom kam dazu, da hatten sie mir gerade eine Rippe und den Kiefer gebrochen.“ Cameron sog hart die Luft ein, was Dominic abwinken ließ, obwohl er sich im selben Moment fragte, was dieser blonde Wirbelwind an sich hatte, dass er ihm überhaupt davon erzählte. „Wir waren an dem Abend verabredet gewesen, aber weil ich spät dran war, kam Tom mir entgegen. In der Gegend, in der ich damals gewohnt habe, waren Schlägereien an der Tagesordnung und er hatte sich Sorgen gemacht.“
„Gott sei Dank“, murmelte Cameron, was Dominic ignorierte, obwohl ihm durch die drei Worte plötzlich bewusst wurde, wie Recht Adrian hatte. Er würde sich damit auseinandersetzen müssen, was Cameron für ihn fühlte und das schon sehr bald.
„Im Gegensatz zu mir, wusste Tom wie man zurückschlägt“, erzählte er weiter. „Er hat einem der Typen den Arm gebrochen und einer der Anderen bekam sein eigenes Messer in die Schulter gerammt. Das hat den Großmäulern gereicht und sie sind verduftet. Der Abend endete für mich im Krankenhaus und als ich wieder gesund war, tauchte Tom mit einer Anmeldung für einen Selbstverteidigungskurs, sowie einer Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio bei mir auf.“
Cameron musste lachen, als er ihn über die Schulter hinweg schief angrinste. „Du wolltest erst nicht, oder?“
„Nein“, gestand Dominic ein und seufzte resignierend. „Tom hatte nur leider die besseren Argumente.“
„Rippen- und Kieferbruch?“
Dominic nickte. „Du hast es erfasst.“
- 6. Kapitel -
Lieber Dominic,
Menschen sagen oft und gern, dass sie einander oder andere Leute hassen. Die meisten wissen gar nicht, was 'Hass' wirklich ist. Sie kennen nicht den Unterschied zwischen schlichter Abneigung und der puren Verachtung. Es ist auch um so vieles leichter, einfach alles als 'Hass' zu deklarieren, was einem nicht gefällt. Dabei ist es gar nicht so einfach, einen Menschen ernsthaft zu hassen, denn wen man hasst, den fürchtet man gleichzeitig. Und Furcht ist ein noch viel stärkeres Gefühl als Hass. Vielleicht sogar das stärkste, was es auf der Welt gibt. Stärker als Liebe, denn es löst Dinge aus, die meistens nicht rational erklärt werden können.
Ich fürchte mich schon seit vielen Jahren. Früher hatte ich eine kindliche Angst vor der Dunkelheit, heute fürchte ich die Stimme in meinem Kopf, die mein Leben bestimmt. Aber das ist längst nicht alles. Ich habe noch vor vielen anderen Dingen Angst, auch wenn ich es nicht offen zugeben würde. Vor dir habe ich zum Beispiel Angst. Warum? Weil du mir möglicherweise eines Tages die Art von Fragen stellen wirst, die ich dir nicht beantworten will. Weil du mir dann den Rücken zudrehen und mich für immer verlassen wirst.
Und du bist doch alles, was mir noch geblieben ist. Du bist der Sohn deines Vaters, mein Fleisch und Blut. Ich will nicht, dass du mich hasst. Ich erwarte nicht, dass du mich liebst, dazu habe ich kein Recht, aber ich fürchte mich davor, dass du mich wirklich und wahrhaftig hassen und verachten könntest.
Dabei liebe ich dich über alles. Meine Liebe zu dir und zugleich meine Furcht vor dir, begleiten mich seit vielen Jahren. Jemanden zu lieben ist leicht. Vielleicht bemerkt man es anfangs gar nicht. Deinen Vater, zum Beispiel, liebte ich bereits, da wusste ich es noch gar nicht. Klingt das verwirrend? Vermutlich. Aber wie kann ich sonst ausdrücken, dass schon jener Augenblick, als ich ihn zum ersten Mal sah, ausreichte, unser Schicksal zu
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