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Porträt eines Süchtigen als junger Mann

Porträt eines Süchtigen als junger Mann

Titel: Porträt eines Süchtigen als junger Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Clegg
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den kleinen Balkon hinaus.
Ich muss bald weg
, sagt er. Sein Handy tut’s nicht mehr, und er sagt, er muss zurück in sein normales Leben. Ich überrede ihn, noch eine Nacht zu bleiben. Wir haben genug, um über den Nachmittag zu kommen, bis Happy wieder erreichbar ist, und ich verspreche, dann wirklich in die Vollen zu gehen. Der Tag verläuft wie üblich, Sex, Alkohol, Hits, dazwischen aufs Zimmer bestelltes Essen, das wir kaum anrühren, eine Neuauflage vom Tag zuvor.
     
    Malcolms Gerede von seinem Leben draußen in der Welt lässt mich an meines denken, und ich bete im Stillen, das einer dieser Hits mir den Garaus macht. Ich baue einen dicker als den anderen und behalte den Rauch ein oder zwei Herzschläge länger in der Lunge als ich meine, aushalten zu können. Es pocht mir im Hals, zieht den Arm hoch, und ich frage mich, wann es passiert. Wieder die Zeilen aus dem Buch.
Es war soweit
.
     
    Am nächsten Morgen, während ich noch döse, packt Malcolm seine Sachen. Ich höre die Toilettenspülung im Bad und sehe, dass er den Aschenbecher auf dem Nachttisch, in dem ich das Crack aufbewahre, beinah leergemacht hat. Ein paar Steine hat er dringelassen, viele kassiert. Ich drücke ein Auge zu. Nicht, weil es mir egal ist, sondern weil ich wusste, dass er klaut, und am Abend, als er unter der Dusche war, zwei volle Tüten in meinem Blazer versteckt hatte, um heute bis Mitternacht – bis ich wieder Geld abheben kann – über die Runden zu kommen. Unser Abschied ist kurz.
     
    Der Tag schleppt sich dahin. Ich will meine Nachrichten abrufen – etwas, das ich tagelang vermieden habe –, doch mein Handy präsentiert eine nie gesehene Botschaft, die mir prophetisch erscheint:
Speicher voll. Keine weitere Aufzeichnung möglich.
Die Meldung schwirrt immer wieder auf die kleine Anzeige und verwehrt mir den Zugang zur Mailbox. Nach ein paar Minuten gebe ich es auf. Gegen Abend bringt mir ein trotteliger Junge vom Zimmerservice einen Teller Nachos, die ich nicht esse. Die Wahrheit ist, ich lasse mir das Essen bringen, weil ich Kontakt brauche. Er ist zum Flirten aufgelegt und erzählt von der NYU , wo er Politische Wissenschaften studiert, von den fünf Typen, mit denen er in Williamsburg zusammenwohnt. Während er redet, beschämt mich seine Jugend: die rosa Haut, der klare Blick, die Stimme, die weder in Sarkasmus noch Erschöpfung abgleitet. Beim Reden tritt er näher, und ich kann förmlich die Ivory-Seife riechen, die er wohl heute früh in der engen Wohnung in Williamsburg beim Duschen benutzt hat, ehe er zur Arbeit gefahren ist. Er könnte mir jetzt nicht näher sein, und ich könnte mich nicht weiter weg fühlen. Für den Jungen fängt alles erst an, er weiß noch nicht mal, wie reizend und unverdorben er ist. Ich dagegen – meine Hände sind bedeckt von Brandnarben und Ruß, weil ich die ganze Nacht hindurch die Drahtsiebe der Crackpfeifen ausgewechselt habe. Anfangs hatte ich daran gedacht, ihn zu verführen, aber als er aufhört zu reden, kann ich nur noch meine Unterschrift unter die Rechnung setzen und Abstand halten. Als er geht, blaffen die Stimmen von draußen lauter als sonst. Endlich gelingt es mir, eine Nachricht von Noah abzurufen, der mir sagt, dass er mich liebt und mir nicht böse ist, sondern Angst hat, dass ich tot bin.
Komm doch nach Hause
.
     
    Ich knalle mich an und trinke, und als die Stimmen draußen zu laut werden und ein Mann im Haus gegenüber allem Anschein nach eine Videokamera auf mein Zimmer gerichtet hält, mache ich mir eine dicke Pfeife und entschließe mich, nach Hause zu fahren. Es auszubaden und mich Noah in die Arme zu werfen. Ich raffe mein Crack und meine Röhrchen zusammen, lese die Krümel von diversen Tischen und gehe zur Tür hinaus.
     
    Ein Taxi rollt heran, als ich auf die Gansevoort Street trete. Es hält neben mir, und ich steige ein.
Nach Hause?
, fragt der Mann mit den kantigen slawischen Zügen und dem entsprechenden Akzent freundlich.
Ja
, sage ich. Im Radio läuft Louis Armstrongs »What a Wonderful World«, magisch und beruhigend. Die Luft im Taxi funkelt, als wäre es verzaubert. Die Panik, die ich Minuten zuvor in meinem Zimmer noch gespürt habe, ist verschwunden.
Sie sind einer von denen, was?
, frage ich. Die Frage habe ich Taxifahrern, die anscheinend wissen, wo ich hinwill, schon einige Male gestellt und immer nur ein Lächeln als Antwort bekommen. Ich schaue nach dem Fahrerfoto, doch wie bei allen seit dem Flughafen ist es von Papier oder Pappe

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