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Porträt eines Süchtigen als junger Mann

Porträt eines Süchtigen als junger Mann

Titel: Porträt eines Süchtigen als junger Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Clegg
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raus hier
.
     
    Ich brauche über eine Stunde, um mich fertigzumachen, und trotzdem geht mir das alles zu schnell. Ich sage, ich möchte kurz allein sein, und baue und rauche zwei fette Hits auf der Toilette. Danach lasse ich die Pfeife abkühlen und stecke das restliche Crack hinein, damit ich sie nicht erst stopfen muss, wenn ich mich das nächste Mal davonstehlen kann, um zu rauchen. Der Rausch vertreibt ein wenig die akute Angst; ich wasche mir Gesicht und Hände und fahre mir mit den Fingern durch die Haare. Ich ziehe meinen Rollkragenpullover an, merke, dass Rauch im Bad steht, und schalte den Ventilator ein. Noah klopft an die Badezimmertür, und ich halte ihn hin. Die Angst kehrt zurück, während der Rauch durch die Lüftungsklappe abzieht. Ich setze mich aufs Klo, nehme einen tiefen Zug aus der Pfeife und bete um einen Herzanfall.
     
    Wir verlassen das Hotel, ohne mich abzumelden, und springen auf der Gansevoort Street in ein Taxi. John meint, ich kann von Glück sagen, dass ich noch nicht festgenommen worden bin. Ich blicke zum Fahrer und auf das verdeckte Foto hinter ihm an der Trennscheibe.
Herrgott
, denke ich,
was sonst?
Ich erzähle Noah, dass in praktisch jedem Taxi, mit dem ich die letzten vierzehn Tage gefahren bin, das Fahrerfoto von Pappe oder Papier verdeckt war. Dass mir die Fahrer wie Fahnder oder Drogen-Cops vorkommen. Ich versuche ihm klarzumachen, was es mit den Taxifahrern und den Penneys auf sich hat und dass John und der jetzige Fahrer auch dazugehören und dass er mich ihnen niemals hätte ausliefern dürfen.
Du hast ja keine Ahnung, was du mir damit antust
, flüstere ich verzweifelt, während er mir die Hand tätschelt.
     
    Ich betaste die Pfeife in meiner Tasche und weiß, dass noch mindestens zwei gute Hits drin sind. Damit reicht es aber auch, um mir beabsichtigten Handel anzuhängen, denke ich und überlege, wo ich sie verstauen könnte, falls mich die beiden zu einer Polizeistation bringen. Dann fällt mir ein, dass der Taxifahrer ein Verdeckter ist, und während die Lichter der Stadt draußen vorbeistreichen, fange ich an, vor Panik zu zittern.
     
    Noah legt den Arm um mich und sagt, wir fahren irgendwohin, wo man sich ungestört unterhalten kann. Ich frage, wo das sein soll, und er und John werfen sich Blicke zu. Da sie es anscheinend selbst nicht wissen, frage ich, ob wir was essen gehen können, und damit meine ich, auch wenn ich es nicht sage, was trinken. Ich brauche Alkohol zur Beruhigung.
     
    Wir landen in den Seventies hinter der Third Avenue und finden ein chinesisches Restaurant mit einem fast leeren Speiseraum im Souterrain. Sofort entschuldige ich mich und gehe zur Toilette, um noch mal ordentlich an der Pfeife zu ziehen. Gleich darauf meine ich lautstarkes Gerede vor der Tür zu hören, in dem es darum geht, wann
er kassiert wird
.
Ich ziehe weiter an der Pfeife. Sie glüht in meiner Hand, und ich betupfe die Ränder zur Abkühlung mit kaltem Wasser.
    Wieder am Tisch, bitte ich die Kellnerin um einen Wodka, bekomme zur Antwort, dass sie nur Wein und Bier haben, und bestelle eine Flasche gekühlten Weißen. Noah ist damit nicht einverstanden, aber John wendet sich an die Kellnerin und gibt ihr grünes Licht. Der Wein kommt, und ich kippe ihn runter wie Wasser. Was zu essen bestelle ich auch, rühre es dann aber nicht an.
     
    John erklärt, um einer Festnahme zu entgehen, müsse ich mich sofort in psychiatrische Behandlung begeben. Noah nickt dazu, und ich weiß nicht, was ich davon halten soll. John ergänzt, dass er mit einem Arzt zusammenarbeitet, der in der psychiatrischen Station des New Yorker Presbyterian Hospital ein Bett für mich reserviert hat. Bei diesen Worten blitzt ein Bild von weißen Laken, freundlichen Schwestern und verschlossenen Türen hinter meinen Augen auf, und zum ersten Mal, seit Noah und John im Hotel aufgetaucht sind, verspüre ich Erleichterung. Ich stelle mir langen Schlaf und Beruhigungsmittel vor und erkläre mich ohne weiteres bereit, zu diesem Psychiater zu gehen.
     
    Einige Blocks entfernt betreten wir ein Gebäude, das wie eine verlassene Grundschule aussieht. Wir gehen durch breite, leere Korridore und gelangen zu einer Tür, die geradewegs einem Kriminalfilm aus den Vierzigerjahren entstammt – Milchglas und mit Schablone aufgemalte Schrift. Wieder steigt in mir wie Galle das Gefühl auf, dass John ein raffiniertes Täuschungsmanöver aufgezogen hat, um mich festzunehmen. Der Wein hatte meine Ängste beschwichtigt, aber

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