Porträt eines Süchtigen als junger Mann
mehrmals hin und her, ohne den Ausgang zu finden. Dabei wächst meine Panik. Schließlich komme ich dann auf der Madison Avenue raus und frage eine hübsch angezogene Frau nach dem nächsten Geldautomaten. Ich habe Angst, dass sie denkt, ich will sie ausrauben, oder mir anmerkt, dass ich auf Droge bin, aber sie zeigt mir einfach eine Chase Bank auf der anderen Straßenseite. Ich hebe achthundert Dollar ab und laufe zurück ins Hotel und rauf in mein Zimmer.
Brian ist noch unterwegs, als Happy anruft, und da ich Angst habe, noch mal das Zimmer zu verlassen, und mir nichts anderes einfällt, sage ich ihm, er solle hochkommen, aber es müsse schnell gehen. Wenig später steht er in dem kleinen Vorraum – weiße Sweatpants, Riesenkopfhörer, stumm –, und obwohl ich nur für dreihundert bestellt habe, frage ich ihn, ob er für sechs hat, und er sagt, für vier, und gibt mir acht Tüten und zwei Pfeifen.
Die Welle der Erleichterung, die mich überkommt, ist beinah so gewaltig wie der Stein, den ich in die funkelnagelneue Pfeife packe. Ich stecke die andere Pfeife in meine Jackentasche, ziehe mich aus, schlinge mir das Handtuch um die Hüfte, springe wieder ins Bett und mache mir einen Wodka. Als Brian zurückkommt, rauche ich unverhohlen, und ein Porno flimmert über den Bildschirm.
Du hast was gekauft, oder?
, fragt er, und ich nicke mit einem bösen Grinsen auf dem Gesicht.
Weißt du eigentlich, wie nah am Knast du bist?
, fragt er, und ich sage ihm, dass er sich entspannen soll. Dass ich noch einen Abend meine Freiheit genieße, ihm aber verspreche, dazubleiben, wenn er sich zurücklehnt und aufhört, von Bullen und Psychokliniken zu reden. Er willigt ein und setzt sich in den Sessel neben der Kommode.
Ich verbrate zwei Liter Wodka und fast drei Tüten Crack, während ich da auf dem Bett liege, mit Brian rede und mir Pornos ansehe. Ich lenke das Gespräch auf seine Freundin, Sex und Pornos, und er schafft es, stundenlang mitzureden, ohne jemals ordinär zu werden. Manche Erinnerungen sind beschämender als andere, und diese ist besonders schlimm.
Irgendwann gegen Morgen schläft er ein. Ganz, ganz leise stehe ich auf, ziehe mich an, raffe meine Sachen – Handy, Pfeife, Steine, Feuerzeug – zusammen, stehle mich aus dem Zimmer und verschwinde.
Idiotenwind
Es ist ein kleines College an der Ostküste Marylands, und wir haben zu viert ein Haus an der Cheasepeake Bay gemietet, zwanzig Minuten vom Campus entfernt: ein erhöht gelegenes blaues Ranchhaus mit Aluverkleidung und einem Holzdeck auf der Rückseite, unser Paradies. Ian ist ein wild dreinschauender, dunkelhaariger Internatsschreck aus Memphis; Brooks, mein Zimmergenosse vom Studentenheim, ist ein Cary-Grant-Typ aus Maryland, bieder, seltsam altmodisch, jedermanns Freund und niemandes Feind; Nummer vier ist Jake, ein blondgelockter, blauäugiger Friedensjünger, der in den Ferien hinterm Tresen steht und in Baltimore bei den Moonshiners Mundharmonika spielt und singt.
Auf der hinteren Veranda steht immer ein Fass Bier, und der Kühlschrank ist voll mit Lammkoteletts und ausgesuchten Stücken Rindfleisch, die wir im Lebensmittelmarkt in der nächsten Stadt mitgehen lassen. Die Klauerei beginnt eines Nachmittags, als Ian und ich durch die Fleischwarenabteilung laufen. Er bleibt stehen, zeigt auf ein Sortiment abgepackter Lammkoteletts und flüstert:
Komm, Billy, mach den Reißverschluss hinten an meiner Jacke auf und steck ein paar von den Prachtexemplaren da rein
. Zur Unterstreichung kneift er das Gesicht zusammen, dass ihm die Augen rausquellen:
Herrgott, Billy, worauf wartest du?
, und obwohl ich sicher bin, dass ich erwischt werde, mache ich den Reißverschluss auf, schnappe mir das Fleisch und stecke es rein. Es handelt sich um eine teure Skijacke mit einer breiten Reißverschlusstasche hinten. Das Fleisch liegt senkrecht darin, und als wir durch den Laden zur Kasse gehen, deutet nichts darauf hin, dass Ian unser Abendessen im Kreuz hat. Von da an bezahlen wir fürs Fleisch nicht mehr. Ians Jacke begleitet uns bei jedem Einkauf.
Wenn ich Vorlesungen schwänze, lese ich tagsüber – in jenem Jahr hauptsächlich Hardy und Fitzgerald,
Jude the Obscure
ein paarmal. An den Wochenenden lese ich in meinem Zimmer am Ende des Flurs, abseits vom Trubel. Weder im Haus noch in der Schule unterhalte ich mich über meine Lektüre. Ich lese Salinger und Knowles noch mal und die Bücher meiner Jugend. Einige davon enthalten noch die
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