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Porträt eines Süchtigen als junger Mann

Porträt eines Süchtigen als junger Mann

Titel: Porträt eines Süchtigen als junger Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Clegg
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auch nach Jake.
Jake. Wir müssen abhauen. Komm, Jake.
Ich laufe den Gang entlang. Plötzlich sind wir alle drei wieder zusammen, und im selben Moment sehe ich Mädchen schreiend aus ihren Zimmern kommen. Wir rennen zum Ausgang. Irgendjemand – von uns, von den Mädchen? – löst den Feueralarm aus, und fast sofort ertönt eine Sirene. Der Wagen steht oben hinter der Bank, und wir laufen über den Parkplatz des Wohnheims und durch den Garten eines Nachbarhauses. Ian ist voll auf Kampf eingestellt, stößt uns hinter eine Hecke und raunt uns zu:
Ganz still jetzt
.
     
    Und das sind wir. Polizeisirenen, Feuerwehrsirenen und der Feueralarm schallen durch die Stadt, während rings um uns rote und blaue Lichter aufblitzen. Mittlerweile ist es drei, vier Uhr früh, und der Campus und die Nachbarschaft sind wach. Im Wohnheim und den nächsten Häusern gehen die Lichter an, Vorhänge werden aufgezogen, und Leute stecken die Köpfe aus den Fenstern, um zu sehen, was los ist. Wir bleiben mindestens eine Stunde da, und als sich die Lage zu beruhigen scheint, schleichen wir uns schließlich zu Ians Wagen und fahren nach Hause. Brooks ist da und schon von allen angerufen worden, die uns kennen und mitgekriegt haben, wie Ian unsere Namen gerufen hat.
     
    Als wir zur Haustür kommen, sieht Brooks mich entgeistert an und sagt:
Was hast
du
denn da?
Peinlicherweise sehe ich, dass ich immer noch die beinah fertige Patchworkdecke in den Händen halte. Aus Angst, dass jeden Augenblick die Polizei auftauchen könnte, stopfe ich sie in einen schwarzen Müllsack und lasse sie unter der Veranda des leeren Nachbarhauses verschwinden.
     
    Wir bleiben auf, kiffen, machen uns Sorgen, warten auf den Anruf vom College, der schließlich auch kommt, und am Tag darauf fliegen wir. Jake gibt das Studium auf. Ian und ich wollen im kommenden Herbst zusammen nach Boulder gehen. Brooks zieht zu Freunden in der Stadt und bringt das Semester zu Ende.
     
    In diesem Frühjahr besuche ich Ian ein paarmal in Bedford, New York. Seine Mutter ist von New Orleans dorthin gezogen, nachdem sie sich von Ians Vater hat scheiden lassen. Ich jobbe mit einem Freund zu Hause als Landschaftsgärtner, und er arbeitet in White Plains in einem Sportgeschäft. Seine Mutter ist oft unterwegs, sein Bruder Sam ist in der achten Klasse und gewöhnlich daheim. Ian kauft meistens Koks bei einem Freund in Rye, und nachmittags rauchen wir Gras und spielen Frisbee, abends ziehen wir Koks, trinken gutes Bier und spielen Caps – bei diesem Zeitvertreib sitzt man sich auf zwei Seiten eines Zimmers gegenüber und wirft Kronkorken in den Becher, den der Gegenspieler zwischen den Beinen hält, bis einem der Daumen blutet, weil man die gezackten Blechkanten zu fest gedrückt hat.
     
    An einem Wochenende trinken wir in Greenwich so viel Guinness und rauchen so viel Gras, dass ich mich schon übergeben muss, bevor es an die Lines geht. Wir machen Samstag und Sonntag durch bis weit in die Nacht zum Montag, und am Montag soll ich in Manhattan Miho abholen, eine ehemalige japanische Austauschschülerin meiner Familie. Sie verbringt den Tag in New York, und ich habe mich auf Wunsch meiner Mutter bereiterklärt, ihr die Stadt zu zeigen.
     
    Montagmittag liegt in sagenhafter Ferne, während wir voll aufgedreht Dylan hören und am Frühstückstisch in Ians Küche eine Line nach der anderen ziehen. Montagfrüh gegen fünf bauen wir ab, nehmen Schlaftabletten mit noch ein paar Dosen Bier und gehen ins Bett. Ich bin im Gästezimmer und wache um acht mit dem Gefühl auf, dass etwas nicht stimmt. Es dauert einen Moment, bis mir klar wird, dass ich nicht nur ins Bett gepinkelt und geschissen, sondern mich auch noch vollgekotzt habe. Ians Mutter kommt an diesem Tag nach Hause. Ich habe Nadeln im Kopf und panische Angst, dass Ian die Bescherung entdeckt. Ich torkele aus dem Bett, ziehe meine verdreckte Unterwäsche aus und gehe ins Bad, um das Gröbste rauszuwaschen. Dann dusche ich, ziehe Laken für Laken, Kissen für Kissen das Bett ab und werfe mich in die Sachen vom Vortag, die nach Pot riechen und voller Bierflecke sind. Ich drehe die jetzt fleckige Matratze um, raffe die verschmutzte Unterwäsche und Bettwäsche zusammen und schleiche so leise wie möglich durch den Flur zur Kellertreppe, denn im Keller, das weiß ich zum Glück, gibt’s eine Waschmaschine und einen Trockner. Ich hole die Sachen, die in der Waschmaschine sind, raus, stecke sie in einen Wäschekorb, und stopfe meine

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