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Portugiesische Eröffnung

Portugiesische Eröffnung

Titel: Portugiesische Eröffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Siler
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geworden war, nachdem ich ihn verlassen hatte, dass er schlimmere Fehler beging als ich? Wünschte ich mir das nicht immer noch? Darum verletzte mich auch das Wissen über Graça Morais.
    Ich ging am Nationaltheater vorbei und betrat wieder das Internetcafé. Seit meinem ersten Besuch war es deutlich leerer geworden. Zwei gelangweilte Mitarbeiter standen hinter der Theke, ein dünnes blasses Mädchen in Lederjacke und ein nervöser junger Mann mit schwarzem Stachelhaar. Der einzige Gast außer mir war eine Frau mittleren Alters in billigem Businesskostüm, die mit hängenden Schultern vor der Tastatur saß. Typ einsames Herz, dachte ich, als ich ihr Gesicht im Licht des Monitors betrachtete.
    Ich bestellte einen Kaffee, suchte mir einen Computer weiter hinten aus und loggte mich in meinen Mail-Account ein. Eine Nachricht von Sergej, noch kürzer als die vorherigen. Diesmal ohne Smileys und andere Nettigkeiten.
    Fracht vermutlich falsch gekennzeichnet. Such Alazan.
    Ich gab das Wort in die Suchmaschine ein und wartete auf eine Antwort. Drei Seiten mit Webadressen und Artikeln. Ich überflog die Beschreibungen, wobei meine Augen immer wieder auf dieselben Begriffe trafen. Alazan-Rakete. Wetterkontrolle. Transnistrien.
    Ich klickte auf die erste Meldung, einen Artikel aus einer wissenschaftlichen Zeitschrift. Viel Technikjargon, der sich wohl eher an Fachleute richtete, aber ich konnte dem Text immerhin entnehmen, dass die Alazans ursprünglich Teil eines sowjetischen Experiments zur Wetterkontrolle gewesen waren, bei dem man die Raketen in Gewitterwolken schoss, um Ernteschäden durch Hagelschlag zu vermeiden.
    Der zweite Artikel unter der Überschrift »Mantel und Degen« stammte aus einer britischen Zeitschrift und beschrieb, wie zwei Journalisten undercover auf dem postsowjetischen Waffenschwarzmarkt recherchiert hatten. Die weitschweifige Einführung berichtete von einem zwielichtigen Treffen mit einem ukrainischen Gangster namens Dimitri in Tiraspol, der Hauptstadt von Transnistrien.
    Eine typische Enthüllungsgeschichte, dachte ich, den Journalisten ging es vor allem um ihre eigene Sicherheit und Karriere. Vermutlich ein Betrug von ukrainischer Seite, denn ich hatte früher genügend Dimitris gekannt, und die machten nichts umsonst. Dann, einige Abschnitte weiter unten, machte mein Herz einen Sprung.
     
    Die Alazan-Rakete, ursprünglich Teil eines gescheiterten Sowjetexperiments zur Wetterkontrolle, wurde später mit Sprengsätzen versehen, die radioaktive Abfälle enthielten. Heute gehören sie zu einem riesigen Haufen verrottender, unerwüschter Waffen in Transnistrien, einem 200 Kilometer langen StreifenLand an der Grenze zwischen Moldawien und der Ukraine. Die Alzan gilt als ideale Waffe für Terroristen
     
    Schmutzige Bomben, dachte ich und schaute mich im Café um. Meine Augen blieben an der Frau und den beiden Teenies hinter der Theke hängen. Da war sie wieder, die alte Paranoia aus dem Gefängnis. Ich schauderte ein wenig, als mir einfiel, was Valsamis an jenem ersten Abend gesagt hatte. Etwas Größeres als Nairobi. Nun, das hier war definitiv größer. Irgendwo in der ehemaligen Sowjetunion bekam man Atomraketen zu Spottpreisen. Und falls Sergej recht hatte, hielt ich eine Rechnung über fünf dieser Raketen in Händen.

Siebzehn
    Sie hat etwas vor, dachte Eduardo Morais und wälzte sich im Bett. Er hörte, wie die Haustür leise auf- und zuging, der Schnappriegel einrastete. Durch die Schlitze der Fensterläden konnte er sehen, wie seine Enkeltochter in der Gasse auftauchte. Sie blieb unter der Gaslaterne stehen und zog ihren Mantel in der kalten Nachtluft enger. Dann ging sie los, wobei die harten Sohlen ihrer Stiefel auf dem Kopfsteinpflaster hallten.
    Sie hatte etwas vor, ganz sicher. Sie war zu jung, um es besser zu wissen, und er zu alt, um sie aufzuhalten. Dennoch war er besorgt. Er hatte sie mit Ali gesehen, die beiden im Haus gehört, wenn sie ihn schlafend glaubten. Mit einem Mann, der doppelt so alt war wie sie, einem Araber.
    Morais war erleichtert gewesen, als Nicole Blake zu ihm gekommen war, und nur zu gern bereit, ihr bei der Suche nach Rahim zu helfen. Die beiden waren einmal ein Liebespaar gewesen, und Morais hoffte, dass Nicoles Auftauchen Rahim von seiner Enkelin ablenken könnte.
    Morais schloss die Augen und wünschte den Schlaf herbei, doch es war sinnlos. Seine Blase meldete sich, letztlich musste er nachgeben.
    Er schlüpfte in seine Pantoffeln, hievte sich aus dem Bett und

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