Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Portugiesische Eröffnung

Portugiesische Eröffnung

Titel: Portugiesische Eröffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Siler
Vom Netzwerk:
holte ich die Rechnung aus der Tasche, legte sie in den Scanner und mailte sie an Sergej.
    Ich brauchte nicht lange zu warten. Keine fünf Minuten später hatte Fernando76 eine Nachricht für mich. Normale Versandrechnung, schrieb er und bestätigte damit, was ich bereits wusste. Fünf Kisten Stahlkabel aus Transnistrien über Odessa nach Basra. Nicht ungewöhnlich.
    Und BSW Air Cargo?, mailte ich zurück.
    Gehört Werner Bruns, alte Freunde sagen Hauptfracht Gladiolen. Werner gepanzert. Das hieß, jemand suchte nach diesem Werner. Ein mächtiger Jemand. Das Wort Gladiolen kannte ich von Sergej. Seine ehemaligen Bosse hatten die Blumen als Tarnung gewählt, als sie in Odessa die ukrainischen Waffenarsenale aus Sowjetzeiten verscherbelten. Mit anderen Worten, Werner Bruns war Waffenhändler.
    Dann folgte eine weitere E-Mail. Abmessungen verdächtig. Darf ich herumfragen?
    Ich zögerte, hielt die Finger über den Tasten, während ich über das Angebot nachdachte. Nicht ungewöhnlich, hatte er geschrieben, was an sich schon seltsam war. Niemand fälschte eine ganz gewöhnliche Rechnung, und ich war mir ziemlich sicher, dass es sich um eine Fälschung handelte – nicht nur, weil ich sie in Rahims Drucker gefunden hatte. Die weißen Stellen, an denen jemand von Hand die Lieferdaten eingetragen hatte, wirkten etwas fleckig. Es war nur der Schatten eines Schattens, nichts Konkretes, etwas, das nur jemand finden würde, der explizit danach suchte.
    In Zeiten des Embargos wurden fast nur illegale Waren nach Basra geliefert. Warum aber überhaupt den Irak als Ziel angeben? Zumal die Firma sich in Sharjah befand, einem bekannten Umschlaghafen, in dem Schiffsladungen für Afrika und den Nahen Osten unauffällig in Flugzeuge wanderten. Ein kommerzielles Niemandsland, in dem praktisch alles käuflich war, sogar offizielle Flugziele, solange nur der Preis stimmte.
    Und dann war da noch Transnistrien, ein sonderbares Ländchen, das aus der zerfallenden Sowjetunion hervorgegangen war. Eher bekannt für seine Lieferungen nicht registrierter Sowjetwaffen als für Stahlkabel. Die abtrünnige Republik war Anfang der neunziger Jahre, kurz bevor ich ins Gefängnis ging, nach langen Kämpfen von Moldawien unabhängig geworden, und ich konnte mich gut an die Hysterie erinnern, mit der sich jeder Waffenhändler und Schmuggler ein Stück vom Kuchen abschneiden wollte. Nein, irgendetwas passte hier nicht zusammen.
    Sei diskret, tippte ich ein.
    Die Antwort vom anderen Ende der Welt: ein grinsendes gelbes Smiley. So diskret wie eine 100-Dollar-Hure, hatte Sergej geschrieben. Schau heute Nachmittag nochmal rein.
     
    Rushhour, dachte John Valsamis und tippte eine Nummer in das Wegwerfhandy, das er in der Rua Augusta gekauft hatte.
    Sie schuldeten ihm einen Gefallen. Genau genommen sogar mehr Gefallen, als sie jemals einlösen konnten. Es war ein Vermächtnis aus dem Kalten Krieg.
    Irgendwo im ländlichen Maryland meldete sich Hank Kostecky. »Hank am Apparat!« Im Hintergrund hörte man eine Frauenstimme, die immer wieder ein einzelnes Wort sorgfältig aussprach. Kosteckys Arabischunterricht, dachte Valsamis. Berlitz für Spione. Fünfzig Jahre lang nur Russisch, und nun hatten sie keinen einzigen Agenten, der in Bagdad auch nur ein Glas Tee bestellen konnte.
    »Johnny der Grieche!«, rief Kostecky, als er Valsamis’ Stimme erkannte.
    Valsamis wurde blass. Der große Polacke war der Einzige, der sich das bei ihm erlauben durfte, aber er mochte es trotzdem nicht.
    Von der Abstammung her Grieche, von den Lebensgewohnheiten her Amerikaner, wusste Valsamis nie so recht, was er von den gesellschaftlichen Gepflogenheiten innerhalb der Agency halten sollte. Die von Südstaatentraditionen und Armee gleichermaßen geprägten Sitten von Langley hatten den Arbeiterjungen aus Montana, der im rauen Schmelztiegel einer Kupfermetropole aufgewachsen war, ziemlich verwirrt.
    Er hatte Kostecky, damals noch Anfänger, zu Beginn der Achtziger in Peshawar kennengelernt und sich in dem Sohn eines eingewanderten Stahlarbeiters aus Pennsylvania sofort wiedererkannt.
    »Du musst mir einen Gefallen tun.«
    »Ich höre.«
    Valsamis bemerkte wieder die Frauenstimme im Hintergrund. »Fein yimkin ana akra beshkleeta?«, fragte sie geduldig. Und dann in makellosem Englisch: »Wo kann ich ein Fahrrad mieten?«
    »Ich brauche ein paar Tage lang deine Ohren«, sagte Valsamis.
    »Jemand Besonderes?«
    »Sie heißt Nicole Blake. Amerikanerin, wohnt in Frankreich. In Paziols,

Weitere Kostenlose Bücher