Portugiesische Eröffnung
vorstellen, aus dem Rahim in Lissabon hätte bleiben sollen. Sie vielleicht?«
Graças Gesicht verdunkelte sich. Sie hatte wohl geglaubt, Rahim wäre ihretwegen geblieben. Sie wurde ganz still und schüttelte dann den Kopf.
Der Barkeeper räumte die leeren Tassen ab und deutete nach hinten ins Café.
»Ich glaube, wir sind dran«, sagte ich, drückte meine Zigarette in dem billigen Blechaschenbecher aus und glitt von meinem Hocker. »Keine Sorge, wir kommen da wieder raus.«
Ich setzte mich vor den Bildschirm und loggte mich in meinen Mail-Account ein. Nichts von Sergej, nur Spam. Ich löschte sie und schickte eine neue Nachricht an Fernando76. Brauche Info über John Valsamis. Hat mir Papiere vom US-Verteidigungsministerium gezeigt.
Ich sandte die Mail und sah auf die Uhr. Sergej war eine Nachteule, aber bei ihm war es etwa vier Uhr morgens. Ich würde ihm eine halbe Stunde geben und notfalls später noch einmal nachschauen.
Papiere vom US-Verteidigungsministerium. Das stimmte nicht ganz. Valsamis hatte mir lediglich eine Visitenkarte gezeigt. Etwas, das sogar Graça Morais hinbekommen hätte. Natürlich waren da noch die Fotos und seine ausgezeichneten Informationen. Er hatte meine ganze Lebensgeschichte parat gehabt.
Du kannst nicht einfach eine Rolle spielen, hatte mein Vater mir einmal geraten. Du musst die Rolle leben.
Ich trommelte mit den Fingern auf den Tisch und lehnte mich zurück, wobei ich mich im Café umsah. Graça hatte ebenfalls einen freien Computer gefunden und schaute konzentriert auf den Bildschirm. Wie dumm, dachte ich und verfluchte sie innerlich. Ich zog meinen Mantel aus und hängte ihn über den Stuhl, damit sich niemand dorthin setzte.
»Verdammt nochmal, was machen Sie da eigentlich?«, fuhr ich sie an.
Graça schaute hoch und deutete auf den Bildschirm. »Ich habe nach al-Rashidi gesucht.«
»Und?«
»Ich habe einen Ibrahim al-Rashidi gefunden, aber der dürfte wohl nicht der Richtige sein.«
»Warum nicht?«
»Offenbar ist sein Sohn ziemlich bekannt. Er arbeitet als Arzt in den USA.«
Ich sah sie fragend an, und sie rutschte beiseite, damit ich besser sehen konnte. »Hier, bitte.«
Auf dem Bildschirm war ein Zeitungsartikel zu sehen, eine Klatschgeschichte aus der Sonntagsbeilage der Seattle Times, in der die begehrenswertesten Junggesellen der Stadt vorgestellt wurden. Ein Architekt, ein Gourmetkoch, ein Footballspieler und der orthopädische Chirurg Ibrahim al-Rashidi. Es gab Fotos von den Männern zu sehen, die alle überaus gepflegt und angenehm wirkten und ein makelloses Lächeln zeigten. Jeder einzelne eine perfekte Kombination von gutem Aussehen und Karrierebewusstsein, der ideale Mann zum Heiraten. Ich überflog den Text und stoppte bei dem Teil über al-Rashidi.
»Hier.« Graça deutete auf den Bildschirm.
Dr. al-Rashidi wurde im Irak geboren, wo sein Vater ein hochrangiges Mitglied der Regierung von Saddam Hussein war. Al-Rashidi wuchs behütet in Beirut Bagdad auf.
Beirut, dachte ich und spürte ein Kribbeln. Irak und Libanon waren enge Nachbarn und schon seit langer Zeit Verbündete. Falls al-Rashidi senior für den Geheimdienst gearbeitet hatte, hätte man ihn als Diplomaten getarnt dorthin schicken können.
Anfang der achtziger Jahre wurden er und seine Schwester in die Vereinigten Staaten an die angesehene Phillips Exeter Academy in Exeter, New Hampshire, geschickt. Dr. al-Rashidi studierte in Princton und an der University of Washington Medizin …
Die Schwester und die übrigen Familienmitglieder wurden nicht mehr erwähnt, ebenso wenig, was die Familie, getrennt durch Krieg und räumliche Entfernung, durchgemacht haben musste. Und doch war es Ibrahim al-Rashidi junior gelungen, in den Vereinigten Staaten zu bleiben. Vielleicht hatte sein Vater das für ihn arrangiert.
Ich scrollte zurück zu dem Foto von al-Rashidi und verglich den eckigen Kiefer und die dunklen Augen mit dem Bild des Vaters in Uniform und der Aufnahme mit Rahim im Brasileira, die Valsamis mir gezeigt hatte.
»Loggen Sie sich aus«, wies ich Graça an und kehrte an meinen Computer zurück. Purer Zufall, sagte ich mir, obwohl ich mittlerweile nicht mehr an Zufälle glaubte.
In meiner Mailbox wartete eine Antwort von Sergej. Er war ein Nachtarbeiter, obwohl er um diese Uhrzeit wohl eher auf seinen Lieblingswebsites surfte. Was fanden Russen bloß an Fönfrisuren, Silikontitten und dickem Make-up?
Gib mir 12 Stunden, mal sehen, was ich herausfinde, hatte er
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