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Portugiesische Eröffnung

Portugiesische Eröffnung

Titel: Portugiesische Eröffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Siler
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ausschimpft.
    »Was soll das nun wieder heißen?«
    »Er will mit Ihnen reden, Sir.«
    »Das ist unmöglich. Das wissen Sie. Sagen Sie ihm, dass es unmöglich ist.«
    »Das haben wir ihm sehr deutlich erklärt, Sir. Es hat ihn schlimm erwischt. Sie wissen ja, wie das ist. Ich bin mir sicher, dass er blufft. Aber er ist beharrlich. Behauptet, es ginge um die Bombardierung der Botschaft ’83. In Beirut, Sir. Irgendetwas von einem Maulwurf.«
    Morrow spürte, wie sich etwas in ihm verkrampfte. »Was will er?«, knurrte er und stand auf.
    »Ich glaube, er will einen Deal mit uns machen, Sir. Und er besteht darauf, nur mit Ihnen zu reden. Vermutlich weiß er, dass Sie damals die Abteilung Nahost geleitet haben.«
    Nur eine Handvoll Leute, dachte Morrow. Nur eine Handvoll Leute wusste, was in Beirut geschehen war, und die meisten von ihnen waren tot. Kanj gehörte eigentlich nicht zu dieser Gruppe. Vielleicht war es wirklich nur ein Bluff. Wenn man Menschen genügend bedrängte, sagten sie einem alles. Vor allem das, was man ihrer Meinung nach hören wollte, was Rettung versprach. Aber das hier ergab einfach keinen Sinn.
    »Sir?«, erkundigte sich Fairweather.
    »Machen Sie es ihm bequem«, erwiderte Morrow. »Ich komme rüber.«
     
    »Sie waren ein Liebespaar?«, erkundigte sich Graça. Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
    Ich nahm eine Zigarette aus ihrem Päckchen und klopfte damit gegen den Tresen. Ich zögerte einen Moment, bevor ich sie zwischen die Lippen steckte. Es gab noch einige Fragen, die ich Sergej stellen wollte, doch mein Instinkt warnte mich, zum Largo do Picadeiro zurückzukehren. Also hatten Graça und ich den Zug zum Rossio genommen. Ich meinte mich zu erinnern, dass es in der Nähe des Bahnhofs ein Internetcafé gab, und hatte mich nicht geirrt. Wir setzten uns an die Theke des Cafés am Praça des Restauradores, um dort auf einen freien Computer zu warten.
    Ich zündete die Zigarette an und inhalierte tief. »Ja.«
    »Was ist passiert?«, wollte Graça wissen.
    »Es ist lange her«, meinte ich achselzuckend.
    »Aber Sie haben ihn geliebt?«
    Ich dachte über die Frage nach. »Keine Ahnung. Und Sie?«
    »Ja«, entgegnete sie schlicht. Ihr Blick hielt meinem stand, dann griff sie nach ihren Zigaretten.
    War ich mir jemals so sicher gewesen? Vielleicht in jenen ersten Tagen in Marseille. Oder in den Monaten in der Travessa de Laranjeira. Mir erschien diese Sicherheit geradezu undenkbar, dabei hatte es eine Zeit gegeben, in der ich genauso geantwortet hätte wie Graça. Und doch hatten wir uns nicht einmal voneinander verabschiedet. Meine wenigen Sachen hatte ich an einem Nachmittag gepackt, als Rahim unterwegs war, und ein Taxi zum Bahnhof Santa Apolonia genommen. Von dort aus war ich nach Norden gefahren, zu meinem Vater nach Collioure.
    »Wer war das?«, fragte Graça, und ich dachte schon, sie spräche von Rahim. »Ich meine den Mann bei meinem Großvater.«
    »Er ist Amerikaner. Arbeitet für die Regierung.«
    »Er hat Rahim getötet, oder?«
    Ich nickte.
    »Aber wieso?«
    Weil ich ihn verraten habe, dachte ich. Weil ich Angst hatte.
    Und weil du den Job von al-Rashidi übernommen hast. Ich sprach nichts davon aus. »Das müssen wir herausfinden«, entgegnete ich stattdessen.
    Sie zündete ihre Zigarette an und schaute mich an. Ihre Miene war steinern wie am ersten Tag, als sie mir die Tür geöffnet hatte, und in ihren dunklen Augen spiegelten sich die Fenster des Cafés und der stete Strom der Passanten.
    »Wussten Sie, dass Rahim al-Rashidi erpresst hat?«
    Graça schaute hoch, und ich spürte sofort, dass sie mir die ganze Zeit über die Wahrheit gesagt, dass Rahim sie nicht eingeweiht hatte. »Wie meinen Sie das?«
    »Die Rechnung. Sie war falsch.«
    »Natürlich war sie falsch.«
    »Ich meine nicht nur die Fälschung als solche. Das ganze Dokument stimmte nicht. Die Fracht. Das Ziel. Darum wollte derjenige, der Gomes angesprochen hat, auch unbedingt einen Amateur haben. Sonst ergibt es keinen Sinn. Die haben geglaubt, dass Sie es nicht merken. Allerdings konnten sie nicht damit rechnen, dass Sie Rahim um Hilfe bitten würden.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Ich auch nicht. Aber Rahim hat es verstanden und wohl vermutet, dass sein Wissen mehr wert war als das, was al-Rashidi Ihnen gezahlt hatte.«
    »Wie können Sie sich da so sicher sein?«
    »Ich bin mir überhaupt nicht sicher. Aber er hat sich mit al-Rashidi getroffen, das weiß ich genau. Und ich kann mir keinen anderen Grund

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