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Portugiesische Eröffnung

Portugiesische Eröffnung

Titel: Portugiesische Eröffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Siler
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zur Begrüßung aus dem Haus gekommen. Sie betraten das Gebäude durch eine Stahltür und stiegen eine schmale Betontreppe hinunter. Unter der Erde schien das Gebäude unendlich groß, ein schwindelerregendes, bunkerähnliches Labyrinth aus unterirdischen Korridoren und leeren Räumen.
    In einem großen Zimmer saßen einige Männer in Zivil, die an einem wackligen Klapptisch Karten spielten. Mukhabarat, jordanische Geheimpolizisten, dachte Morrow, als er hinter Fairweather eintrat. Die Männer blickten gelangweilt auf. Sie waren unrasiert und schmutzig, die Ärmel ihrer Hemden von altem Schweiß verfärbt. Ganz in der Ecke ein Propangasherd, darauf die Überreste einer Mahlzeit. Ein angebissenes Stück Fladenbrot und etwas, das wie Fleischeintopf aussah. Schmierige Gläser mit Resten von Pfefferminztee.
    »Wir wollen zu Kanj«, verkündete Fairweather, als könnte es tatsächlich noch einen anderen Grund für ihren Besuch geben.
    Einer der Männer grunzte etwas auf Arabisch. Fairweather nickte, trat in den Flur und winkte Morrow hinter sich her.
    Vor einer fensterlosen Tür blieben sie stehen. Morrow klopfte, dann steckte ein Mann den Kopf durch den Türspalt. Er war wie die anderen gekleidet, strahlte aber Autorität aus. Nach einer kurzen Musterung ließ er sie in den Raum, wo ein zweiter Mann mit nacktem Oberkörper rauchend auf einem Metallstuhl saß.
    Es gab ein berühmtes Foto von Sabri Kanj aus seiner Zeit bei den Mudschaheddin in Afghanistan. Angeblich war es das letzte, das von ihm aufgenommen wurde, und dieses Foto hatte Morrow all die Jahre vor sich gesehen. Kanj mit Schutzweste und Patronengurt, ein moderner Zapata mit einem Bart, der sein dunkles Gesicht fast verdeckte. Seine Augen blickten zornig in die Kamera.
    Da Morrow gar nicht auf die Idee gekommen war, Sabri Kanj könne sich verändert haben, erkannte er den grauhaarigen Mann, der vor ihm auf dem Stuhl saß, zuerst nicht. Der Mann ließ die Zigarette fallen und schaute hoch. Da wurde Morrow alles klar.
    »Lassen Sie uns allein«, sagte er zu Fairweather und dem Jordanier.
    Fairweather nickte zögernd. »Ich bleibe im Flur, Sir.«
    »Raus«, knurrte Morrow. Er wartete, bis die beiden Männer die Tür hinter sich geschlossen hatten, und trat einen Schritt vor. »Was willst du?«
    Kanj lächelte und zeigte seine kaputten Zähne. Die Jordanier hatten ihn ein wenig gesäubert, und er wirkte geradezu entspannt und selbstsicher. Warum, verstand Morrow nicht, so wie er auch nicht verstand, was Kanj sich von seinem Besuch erhoffte. Ihm musste doch bewusst sein, dass er nicht lebend hier herauskommen würde. Vielleicht hoffte er auch nur auf Erlösung.
    »Gerechtigkeit.«
    Morrow lachte, doch Kanj wirkte nicht belustigt. Unter Schmerzen stützte er die geschwollenen Hände auf die Knie und betrachtete sie.
    »Was glaubst du, was ich für dich tun kann? Wir machen das hier nicht allein. Da wären auch noch die Israelis.«
    Kanj schüttelte den Kopf. »Seien Sie doch nicht so bescheiden. Hier wissen alle, dass Sie fast alles erreichen können. Aber ich bitte Sie auch gar nicht um Hilfe.«
    »Ach nein?« Er wusste nicht, ob Kanj bluffte.
    »Wie sagt man bei Ihnen doch gleich? Wahrheit macht frei?«
    »Komm mir bloß nicht auf die herablassende Tour«, warnte ihn Morrow.
    Kanj schaute auf seine Hände und dann wieder zu Morrow. »Sie waren nicht lange in Beirut, oder?«
    Morrow bewegte sich nicht, sondern hielt nur seinem Blick stand. »Was willst du?«
    Kanj lehnte sich zurück und schloss die Augen, als wollte er sich die Vergangenheit ins Gedächtnis rufen. »Sie werden sich erinnern, dass einer Ihrer Agenten zu Beginn des Bürgerkriegs einen Kontaktmann in der Amal-Miliz hatte.«
    Morrow nickte. Der Verbindungsmann in der Amal-Miliz war John Valsamis’ größter Coup gewesen, ein Fall, den man auch nach Jahren noch jedem Anfänger als leuchtendes Beispiel schilderte.
    »Ich glaube, er nannte mich Hassan«, sagte Kanj. Seine Augen ruhten auf Morrows Gesicht, und er registrierte aufmerksam, wie sein Gegenüber darauf reagierte.
    In all den Jahren hatte Valsamis nie die Identität des Mannes preisgegeben. Nun verstand Morrow auch, warum. Kanj war Valsamis’ Kontaktmann in der Amal-Miliz gewesen.
    »Ich habe gehört, Valsamis hat dich billig eingekauft«, sagte Morrow. Das war gelogen. Ein Informant wie »Hassan« war der Traum jedes Agenten. Soweit Morrow wusste, war dabei nie Geld im Spiel gewesen.
    Kanj reagierte mit einem Achselzucken. »Sie müssen

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